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# taz.de -- Italien bei der EM: Basta!
> Die Hilflosigkeit und Passivität der italienischen Mannschaft gegen
> Spanien sorgte für Empörung. Am Montag spielt die Squadra Azzurra gegen
> Kroatien.
Bild: Zu ängstlich, zu wenig spritzig – oder einfach nicht gut genug? Lucian…
Die italienischen Fußballer sehen sich in ihrer Heimat einem Vorwurf
ausgesetzt, der schwerer dort wohl kaum wiegen könnte. Es fehlt an
Emotionen, heißt es. „Wir fühlten uns zerbrechlich bis hin zur Resignation,
ohne auch nur die Wut einer hysterischen Reaktion“, klagte die La Gazetta
dello Sport an. Man müsse vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen
Kroatien erst einmal nicht über andere Taktiken oder mögliche personelle
Veränderungen sprechen. Zuallererst müsse [1][Nationaltrainer Luciano
Spalletti] den Spielern die Angst aus dem Herzen reißen.
Diese vom Ergebnis so harmlos daherkommende Niederlage gegen Spanien (0:1
durch ein Eigentor von Calafiori) hat so tiefe Spuren hinterlassen, dass
deren Aufarbeitung vor dem nächsten Anpfiff am Montagabend um 21 Uhr in
Leipzig bei weitem nicht beendet sein kann. „Basta!“, brüllte ein
italienischer Journalist stehend auf der Pressetribüne in der zweiten
Halbzeit. Die Empörung hatte ihn aus dem Sitz gerissen, als die Abwehr der
Squadra Azzurra sich zum gefühlt fünfzigsten Mal übertölpeln ließ.
Nicht nur er empfand diese Partie als Zumutung. Die Hilflosigkeit und
Passivität gegenüber den spanischen Angriffswellen führte selbst bei
Spalletti zu einer Identifikationsstörung. „Wir müssen weiter an der
Mentalität arbeiten. Wir wollen nicht den anderen die Kontrolle überlassen.
Diese Art von Fußball gefällt mir nicht. Ich will auf keinen Fall, dass
Italien sich in diese Richtung entwickelt, auch weil ich diese Art von
Fußball nicht beibringen kann.“
Der 65-Jährige hat dem SSC Neapel [2][mit rauschendem Offensivfußball 2023
die lang ersehnte Meisterschaft beschert]. Wobei die Süditaliener damals
nicht nur die meisten Tore erzielten, sondern auch die wenigsten
kassierten. Seit September letzten Jahres versucht er seine Vorstellungen
so gut wie möglich auf das Nationalteam zu übertragen. Gegen Gegner wie
Malta (4:0) und Mazedonien (5:2) klappte das dann besser als in vielen
anderen Spielen. Ein herber Rückschlag aber, das war den Worten Spallettis
zu entnehmen, war die Begegnung gegen Spanien.
Die Mängelliste, die er erstellte, war lang: zu viele Fehlpässe, zu
hektisch im Spiel nach vorne, zu wenige Ballgewinne, zu wenig Ballbesitz,
zu wenig kompakt in der Defensive. Die Erklärung dafür wiederum
überraschte. All dies habe aus fehlender Frische und Spritzigkeit
resultiert. Das sei der Hauptgrund der Niederlage. „Daran müssen wir
arbeiten. Ich glaube, das ist der Hauptansatzpunkt, um diese Probleme in
den nächsten Spielen zu beheben.“
## Kein gutes Licht auf den Trainerstab
Es ist ein erstaunlicher Befund. Denn der wirft kein gutes Licht auf den
Trainerstab. Es braucht zudem viel Fantasie, um sich vorzustellen, die
fehlende Frische werde sich nun innerhalb von vier Tagen einstellen. Und
das wiederum ist nicht dienlich, um das angeschlagene Selbstbewusstsein der
Squadra Azzurra aufzupäppeln.
Die italienische Presse nahm jedenfalls am Tag nach dem schwachen Auftritt
gegen Spanien Matteo Darmian wegen der vom Trainer attestierten fehlenden
Frische ins Kreuzverhör. Der 34-Jährige wiegelte erwartungsgemäß ab. „Wir
sind fit und in Form.“ Es gehe nun darum, sich mit der richtigen Haltung
auf das Spiel gegen Kroatien vorzubereiten. Aus der Niederlage könne man
viel lernen und man müsse nun schnell lernen.
Dass der Verteidiger von Inter Mailand in dieser Runde Platz nahm, kann man
als Hinweis für wahrscheinliche personelle Veränderungen deuten. Darmian
selbst war gegen Spanien nicht zum Einsatz gekommen und auf seiner Position
rechts außen ließ sich der bemitleidenswerte Giovanni di Lorenzo ein ums
andere Mal vom Spanier Nico Williams narren. Weil Federico Dimarco und
Alessandro Bastoni ebenfalls für Inter spielen, könnte Spalletti diesem
eingespielten Block den Vorzug geben.
„Ich hätte vielleicht andere Entscheidungen treffen müssen“, hatte Luciano
Spalletti vergangen Donnerstagabend selbstkritisch bemerkt. Mit einigen
Auswechslungen sei das italienische Spiel besser geworden. Es haben sich
nicht gerade wenige für einen Platz auf der Ersatzbank beworben. Doch von
einzelnen Spielern hängt Italien, abgesehen vom herausragenden Torhüter
[3][Gianluigi Donnarumma], sowieso nicht ab. Darmian sagte, andere
Nationalteams würde über stärkere Individualisten verfügen, Italien müsse
als Team überzeugen. Andernfalls droht die vorzeitige Abreise des
Titelverteidigers am Dienstag dann.
24 Jun 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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