| # taz.de -- Besitzerwechsel bei Inter Mailand: Das große Sprüngchen | |
| > Inter Mailand gehört nun einer US-Investorengruppe. Der Besitzerwechsel | |
| > markiert zugleich das Scheitern der chinesischen Fußballpläne. | |
| Bild: Sein Verbleib hängt vom neuen Besitzer ab: Lautaro Martinez von Inter Ma… | |
| Inter Mailand war gerade Meister geworden, Fans, Spieler und Manager | |
| befanden sich im kollektiven Rausch über den 20. Titel in der | |
| Vereinsgeschichte, da schlug die Finanzwelt zu. Mit einer dürren Nachricht | |
| wurde bekannt gegeben, dass in Luxemburg ansässige Finanzvehikel mit den | |
| blumigen Namen Great Horizon, Grand Sunshine und Grand Tower ab sofort zum | |
| Universum des US-amerikanischen Investmentfond Oaktree gehörten. Die | |
| chinesischen Eigner konnten einen 2021 in Anspruch genommenen Kredit nicht | |
| ablösen. Und deshalb wurden Horizont, Sonnenschein und Turm schnöde zu „oak | |
| tree“, also Eichenholz verarbeitet. | |
| Präziser gesagt: Oaktree akzeptierte den Vorschlag der alten Besitzer | |
| nicht, den Kredit durch einen neuerlichen Kredit ablösen zu lassen. | |
| Inter-Präsident Steven Zhang hatte die Pimco Group, ebenfalls mit Sitz in | |
| den USA, seit dem Jahr 2000 aber in Besitz der Allianz, als neuen Investor | |
| gefunden. Oaktree indes, vermutlich angetan vom sportlichen Erfolg der | |
| Nerazzurri in den vergangenen Jahren, wollte selbst Herr im Hause werden. | |
| Das Kleingedruckte gab das auch her. Zhang stichelte noch [1][via X] gegen | |
| den Finanzriesen aus den USA: „Wir haben jeden Versuch unternommen, eine | |
| freundschaftliche Lösung zu finden. Unseren Bemühungen wurde aber mit | |
| juristischen Drohungen und einem Mangel an Engagement seitens Oaktree | |
| begegnet.“ | |
| Den Besitzerwechsel konnte er damit nicht abwenden. Und weil das | |
| Vertragswerk beim anzunehmenden Weiterverkauf Inters durch Oaktree auch | |
| anteilige Zahlungen an die Vorbesitzer vorsieht, gehen letztere auch nicht | |
| juristisch gegen die Übernahme vor. | |
| Damit endet das chinesische Fußballkapitel in Mailand. Zugleich kommt die | |
| verblüffende [2][Kaufoffensive Chinas] im europäischen Fußball an einen | |
| Tiefpunkt. Das Investment bei Inter war das erfolgreichste Projekt | |
| chinesischer Fußballunternehmer. Zwei Meistertitel und ein Finale in der | |
| Champions League gab es in knapp acht Jahren. Lokalrivale [3][AC Mailand] | |
| gehörte nur von April 2017 bis Juli 2018 einem gewissen Yonghong Li. Der | |
| verlor den Klub an den Investmentfond Elliott, weil auch er Kredite nicht | |
| zurückzahlen konnte. Immerhin vier „chinesische“ Derbys gab es in dieser | |
| Zeit in Mailand. Ein ganzes Stadtviertel war zudem wegen der vielen | |
| chinesischen Geschäfte als „Little China“ bekannt. Und auf den Laufstegen | |
| der Modemetropole wurde manche Textilware präsentiert, die im damaligen | |
| Billiglohnland in Asien gefertigt worden war. | |
| Zahlreiche Fußballklubs in Europas großen und nicht ganz so großen Ligen | |
| hatten ebenfalls [4][chinesische Besitzer]. 2015 erwarb die Wanda Group 20 | |
| Prozent der Anteile von Atlético Madrid. Den Granada FC übernahm ein Jahr | |
| später komplett ein chinesischer Unternehmer. In England waren chinesische | |
| Investoren ab 2016 bei den Wolverhampton Wanderers, ab 2017 bei Reading und | |
| ab 2018 bei Aston Villa aktiv. In Italien gehörten ihnen Klubs aus Parma | |
| und Pavia. 2017 gab es zudem den letztlich gescheiterten Versuch, die | |
| chinesische U20-Auswahl regulär an der deutschen Regionalliga Südwest | |
| teilnehmen zu lassen. | |
| ## Xi Jinpings große Pläne | |
| Initiiert wurde der große Sprung aufs Grün von Xi Jinping persönlich. | |
| Chinas Staatspräsident wollte mit einem 2015 verabschiedeten 50-Punkte-Plan | |
| sein Land zur Weltmacht im Fußball machen, finanziell wie sportlich. Das | |
| ging schief. Die chinesische Super League, im Winter 2016 noch | |
| Transfermarktweltmeister mit 347 Millionen Euro (vor der Premier League!) | |
| ist inzwischen wieder auf Provinzniveau gesunken. Wanda hat sich von | |
| Atlético zurückgezogen, die England-Investments gingen teils schmählich zu | |
| Ende. Und nur in Italien weint der eine oder andere Inter-Fan den Zhangs | |
| wegen der tollen Erfolge ein paar Tränen nach. Bei den Nerazzurri bleibt | |
| immerhin das Erfolgsgespann aus Trainer Simone Inzaghi und Manager Giuseppe | |
| Marotta erhalten. | |
| Erste Hinweise über die neue Finanzpolitik erhält man bei der anstehenden | |
| Vertragsverlängerung von Torjäger Lautaro Martinez. Wird dessen Salär | |
| massiv aufgestockt oder er selbst zu Geld auf dem Transfermarkt gemacht? | |
| Nach jüngsten Gerüchten bleibt der Argentinier für ein Jahresgrundgehalt | |
| von 9 Millionen Euro bei Inter. Aber letztlich liegt das alles nun in den | |
| Händen von US-Amerikanern. | |
| Investoren aus Übersee gehören mittlerweile beide Mailänder Klubs, AS Roma, | |
| FC Bologna, Atalanta Bergamo und AC Florenz – und damit sechs der acht | |
| besten Vereine der letzten Saison. Steigt weltweit der Einfluss Chinas, so | |
| ist die alte Weltmacht USA zumindest im Calcio-Business die Nummer 1. Ob | |
| das gut oder schlecht ist für den Calcio, ist eine andere Frage. | |
| 3 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://x.com/Inter_en/status/1791803964469457095 | |
| [2] /Kommerz-in-Chinas-Profifussball/!5730611 | |
| [3] /AC-Mailand-verkommt-zur-Lachnummer/!5468238 | |
| [4] /Bundesliga-und-chinesischer-Markt/!5353718 | |
| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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