# taz.de -- CDU-Minister Reul unter Druck: Schleuser bringen Reul in Erklärnot | |
> Der mutmaßliche Chef einer Schleuserbande hat der NRW-CDU fast 50.000 | |
> Euro gespendet. Hauptbegünstigter war Innenminister Herbert Reul. | |
Bild: Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, während einer… | |
BOCHUM taz | Wegen seiner Kontakte zum mutmaßlichen Chef einer kriminellen | |
Schleuserbande wächst der Druck auf Nordrhein-Westfalens Innenminister | |
Herbert Reul (CDU). In einer von der SPD am Donnerstag beantragten | |
Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses soll Reul begründen, warum er | |
sich mindestens acht Mal mit dem Rechtsanwalt Claus B. aus Frechen bei Köln | |
getroffen hat, der in einem Großverfahren gegen Organisierte | |
Schleuserkriminalität als einer der beiden Hauptverdächtigen gilt. | |
Erklärungsbedürftig sei auch, warum Claus B. „den Landtagswahlkampf von | |
Minister Reul im Jahr 2022 mit knapp 30.000 Euro unterstützt“ habe, heißt | |
es in dem Antrag, der der taz vorliegt. Die FDP hat sich der Forderung nach | |
einer Sondersitzung angeschlossen. | |
Gegen die Schleuserbande, zu der Ermittlungen bereits seit 2020 laufen, war | |
die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Mitte April mit einer Großrazzia | |
vorgegangen. Dabei durchsuchten mehr als 1.000 Beamt:innen von | |
Bundespolizei und Ermittlungsbehörden über 200 Wohn- und Geschäftsräume, | |
beschlagnahmten mehr als 1,2 Millionen Euro Bargeld und vollstreckten 10 | |
Haftbefehle. Verhaftet wurde auch ein Referatsleiter des Kreises Düren, der | |
mit 300.000 Euro bestochen worden sein soll. Die beiden Hauptbeschuldigten, | |
Claus B. und der Kölner Wirtschafts-Fachanwalt Johannes D., wanderten | |
ebenfalls erst einmal in Untersuchungshaft. | |
## 350.000 Euro für einen Aufenthaltstitel | |
Beiden wird vorgeworfen, mindestens 147 reichen Menschen vor allem aus | |
China und dem arabischen Raum widerrechtlich Aufenthaltsgenehmigungen für | |
die Bundesrepublik verschafft zu haben. Dazu seien „Scheinfirmen gegründet, | |
angebliche Wohnsitze finanziert und vermeintliche Lohnzahlungen fingiert | |
worden“, so die Staatsanwaltschaft. Die so als dringend benötigte | |
Fachkräfte ausgegebenen Reichen sollen dafür bis zu 350.000 Euro pro Person | |
gezahlt haben. | |
Zumindest der Frechener Anwalt Claus B. hat sich außerdem um gute Kontakte | |
vor allem zu einflussreichen Christdemokraten bemüht. Wie aus der Partei zu | |
hören ist, war der Jurist bis Ende des vergangenen Jahres selbst | |
CDU-Mitglied – und hat seine ehemalige Partei zwischen 2020 und 2023 | |
großzügig mit Geld gefördert. Wie ein Sprecher der taz bestätigte, bedachte | |
der mutmaßliche Schleuser-Chef seine ehemalige Partei in „acht | |
Einzelspenden an Gliederungen oder Vereinigungen der CDU in | |
Nordrhein-Westfalen“ mit insgesamt 49.970 Euro. | |
An den Landesverband der CDU direkt sei dagegen kein Geld geflossen. | |
Stattdessen habe sich die Partei „proaktiv an die Staatsanwaltschaft | |
Düsseldorf gewandt und alle bislang vorliegenden Informationen geteilt“. | |
## Zweck: Unterstützung für Reuls Wahlkampf | |
Der Bundesverband der Jungen Union dagegen durfte sich über 5.000 Euro | |
freuen. Auch in NRW gingen 5.000 Euro an den Landesverband der Jungen | |
Union. In Solingen erhielt die CDU 2.500, im Rhein-Erft-Kreis 12.500 Euro. | |
Hauptempfänger aber war mit 29.970 Euro die CDU im Rheinisch-Bergischen | |
Kreis – und damit die politische Heimat von Innenminister Herbert Reul. | |
Gestückelt waren die Zahlungen, die einmal von Claus B. direkt und zweimal | |
von Firmen, bei denen er Geschäftsführer war, überwiesen wurden, in drei | |
Tranchen von jeweils 9.990 Euro. Im Rechenschaftsbericht der Partei | |
tauchten sie deshalb nicht auf – vorgeschrieben ist das erst bei Beträgen | |
von 10.000 Euro und mehr. | |
[1][Für Innenminister Reul, der sich in NRW über Jahre] ein Image als | |
„Saubermann“ geschaffen und sich auch in der amtierenden schwarz-grünen | |
Koalition von CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst [2][als harter Kämpfer | |
gegen jede Art von Kriminalität] inszeniert hat, ist das äußerst | |
unangenehm. Sein rheinisch-bergischer Heimatverband hat sogar eingeräumt, | |
„der Spender“ habe „im Verwendungszweck der Überweisung angegeben, dass … | |
den Landtagswahlkampf des örtlichen Landtagskandidaten Herbert Reul | |
unterstützen wolle“. | |
## Mindestens acht Treffen mit dem Minister | |
Und tatsächlich dürften sich aus Sicht des mutmaßlichen Schleuser-Chefs | |
Claus B. seine acht Einzelspenden zunächst gelohnt haben. Mindestens acht | |
Mal konnte er Reul, auch oberster Dienstherr der nordrhein-westfälischen | |
Polizei, treffen, davon vier Mal im Innenministerium selbst. Ein erstes | |
„Kennenlerngespräch“ gab es dort am 18. Februar 2022. Zuletzt sei der | |
Rechtsanwalt bei einem Gespräch „zu parteipolitischen Themen“ im | |
Ministerium gewesen, räumt dessen Pressestelle ein. | |
Als letztes nachvollziehbares Treffen gilt ein „Gespräch im Format | |
‚Herrensalon‘ in Köln zum Thema Innere Sicherheit“ am 18. April 2023. | |
Allerdings könnten sich Reul und Claus B. durchaus auch öfter gesehen | |
haben: „Zufällige Begegnungen am Rande von Veranstaltungen sind naturgemäß | |
nicht dokumentiert“, so das Ministerium. | |
Reul selbst betont, Claus B. sei ihm als „untadelig“ beschrieben worden – | |
in die Termine mit dem mutmaßlichen Schleuser-Chef sei er deshalb ohne | |
Argwohn gegangen. „Herr B. ist 2022 auf mich zugekommen“, sagt er. „Er | |
wollte sich mit mir treffen, weil er die Partei und mich im | |
Landtagswahlkampf unterstützen wollte.“ | |
Den demokratischen Parteien der Landtagsopposition, SPD und FDP, reicht das | |
nicht: Sie fordern Aufklärung, spätestens bei der von ihnen geforderten | |
Innenausschuss-Sondersitzung. Geklärt werden müsse eine zentrale Frage: | |
„Was hat sich der Minister von diesen Kontakten erhofft?“ | |
24 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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