# taz.de -- Bremer Leihradsystem „WK-Bike“: „Weser-Kurier“ fährt auf V… | |
> Die Zeitung hat ihr Fahrradverleihsystem extrem ausgedünnt. Aber es gibt | |
> Hoffnung: Die Stadt sucht einen neuen Betreiber für Bikesharing. | |
Bild: Abgestellt, aber noch nicht ausgemustert: Die Leihräder des „Weser-Kur… | |
Wenn Pressehäuser nicht mehr genug Geld mit ihren Zeitungen verdienen, | |
gehen sie gern fremd: Sie suchen sich zusätzliche Geschäftsfelder. Das | |
Hamburger Abendblatt zum Beispiel verkauft auch „Spaghetti-Eis-Likör“, | |
„Hamburg-Hocker“ und Strandkörbe. | |
Nur zwei Tageszeitungsverlage haben sich bisher als Fahrradverleiher | |
versucht: Die Sächsische Zeitung war 2014 Vorreiterin, doch 2020 gab sie | |
„SZ-Bike“ an die Dresdner Verkehrsbetriebe ab. Der Bremer Weser-Kurier (WK) | |
hat bis heute durchgehalten. Er brachte sein „WK-Bike“ 2018 auf die Straße, | |
in Zusammenarbeit mit dem [1][überregionalen Verleiher Nextbike] und mit | |
Unterstützung der Bremer Straßenbahn AG [2][sowie der Bremer | |
Wirtschaftsförderung]. | |
Rund 500 Unisex-Räder wurden in der Stadt verteilt, sodass sie fast an | |
jeder größeren Straßenkreuzung standen, buchbar per Nextbike-App. Also ein | |
niedrigschwelliges Angebot für Einheimische, aber auch für Bremen-Besucher, | |
soweit sie bei Nextbike registriert sind. | |
Doch inzwischen ist WK-Bike auf Talfahrt: Seit vielen Monaten wird es immer | |
schwerer, freie Räder zu finden. Zwar stehen hier und da noch welche am | |
Straßenrand, aber viele davon lassen sich nicht mehr buchen. Vermutlich hat | |
die letzte Nutzerin einen Schaden gemeldet und das Rad wurde deshalb | |
stillgelegt – aber nicht zur Reparatur gebracht. Vor allem im vergangenen | |
Jahr standen ausrangierte Räder manchmal monatelang auf dem Bürgersteig | |
herum. | |
## Räder haben Spinnweben angesetzt | |
Allmählich hat die Zahl der Radleichen in der Stadt wieder abgenommen. | |
Viele stehen jetzt auf einer Art Sammelplatz in Bremen-Vahr: Vor und hinter | |
einem ehemaligen Fahrradladen drängen sich hier fast hundert defekte Räder. | |
Einige haben schon Spinnweben angesetzt. | |
Zwischen den Bremer Exemplaren finden sich auch einzelne aus dem | |
benachbarten Oldenburg, wo der WK-Verlag „Bremer Tageszeitungen AG“ (BTAG) | |
ebenfalls ein Verleihsystem betreibt, namens „OLi-Bike“. | |
Beim Blick auf die digitalen Standortkarten können Bremer nur neidisch | |
werden: Der Oldenburger Stadtplan ist übersät mit Markierungen für freie | |
Räder, während in Bremen regelmäßig nur noch etwa 50 Treffer angezeigt | |
werden, von einst 500. | |
Warum lässt die Verlagstochter „WK-Bike“ ihren Fuhrpark so verkommen? | |
BTAG-Vorstand David Koopmann sagt dazu auf taz-Anfrage, aus dem Verkehr | |
gezogene Räder würden durchaus repariert und wieder „ins System gebracht“; | |
aber das Unternehmen investiere derzeit nicht neu, weil seit Mitte April | |
eine Ausschreibung des Bremer Mobilitätsressorts läuft – für die Vergabe | |
einer „Konzession für den Betrieb eines öffentlichen Bikesharing-Systems“. | |
Falls sich die BTAG daran beteilige und den Zuschlag bekomme, werde der | |
Fuhrpark wieder ausgebaut. | |
## Seit fünf Jahren will der rot-rot-grüne Senat handeln | |
Schon 2019 hatten SPD, Grüne und Linke im Koalitionsvertrag einen | |
öffentlichen Fahrradverleih angekündigt und dies zu Beginn ihrer zweiten | |
Amtszeit 2023 bekräftigt. Auf die BTAG dürfte das verunsichernd gewirkt | |
haben: Droht da eine subventionierte Konkurrenz? Oder könnte „WK-Bike“ das | |
System betreiben? Und wann kommt endlich die Ausschreibung? Diese | |
Hängepartie könnte erklären, dass die BTAG ihren eigenen Verleih auf | |
Verschleiß fuhr. | |
Dass die Stadt erst jetzt mit der Konzessionsvergabe beginnt, begründet ein | |
Sprecher des Mobilitätsressorts mit „personellen und verfahrenstechnischen | |
Gründen“. Noch bis zum 16. Juni läuft jetzt die europaweite Ausschreibung. | |
Zum 1. Mai 2025 soll dann das neue System auf die Straße kommen: mit | |
mindestens tausend Standardrädern und 40 Lastenrädern ohne E-Motor. 30 | |
Prozent der Bikes sollen an festen Stationen stehen und 70 Prozent frei im | |
Stadtgebiet verfügbar sein, zu „attraktiven Buchungspreisen“. | |
Als Anschubfinanzierung stellt die Stadt Bremen 5,55 Millionen Euro bereit, | |
vor allem für die Anschaffung der Räder und den Aufbau der Stationen, aber | |
auch als Zuschuss zu den Betriebskosten. Dazu gehört auch, dass keine | |
Station länger als zwölf Stunden verwaist sein darf – ein Service, von dem | |
die „WK-Bike“-Nutzer*innen derzeit nur träumen können. | |
23 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Eckhard Stengel | |
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