# taz.de -- Photovoltaik von der Gartenlaube: Gärten unter Strom | |
> Mit Solarzellen Energie aus dem Kleingarten ins Netz einspeisen? Klingt | |
> gut, und wird sogar gefördert. Dabei ist die Zulässigkeit bislang | |
> umstritten. | |
Bild: Hier könnte auch Strom geerntet werden – oder? | |
Berlin taz | Mittlerweile sind sie sogar auf den Angebotstischen der | |
Lebensmitteldiscounter angekommen: kleine Photovoltaikanlagen, auch bekannt | |
als [1][„Steckersolargeräte“ oder „Balkonkraftwerke“] zum Preis von we… | |
hundert Euro. Üblicherweise erbringt ein Modul 800 Watt Leistung. Wer es | |
sich an den Balkon hängt und in eine Steckdose einstöpselt, erzeugt – | |
abhängig von Tageszeit, Ausrichtung und Wetter – zusätzlichen Strom für | |
sich selbst und die Allgemeinheit: Was nicht direkt im Haushalt genutzt | |
wird, fließt ins Netz. | |
Tolle Sache – finden nicht nur immer mehr Mieter- und EigentümerInnen von | |
Wohnungen, sondern mittlerweile auch PächterInnen von Kleingärten. | |
Schließlich brauchen die meisten dort Strom für den Rasenmäher oder die | |
Regenwasserpumpe, das Licht in der Laube oder den Elektrogrill. Auch das | |
E-Bike kann wieder für die Heimfahrt aufgetankt werden. | |
Insofern passt es wunderbar, dass auch der Senat im Rahmen seiner | |
Solarstrategie zur Installation solcher Anlagen im Kleingarten animiert: | |
„25 Prozent Solarstrom Made in Berlin ist unsere Zielmarke“, verkündete | |
Wirtschafts- und Energiesenatorin Franziska Giffey (SPD) im vergangenen | |
Herbst, „und auf diesem Weg zählt jedes Dach, ob klein oder groß, jeder | |
Balkon und jede Gartenlaube.“ | |
Die Senatorin sagte das anlässlich einer Ausweitung des | |
Landesförderprogramms „SolarPLUS“, das seit Oktober auch KleingärtnerInnen | |
auf Antrag bis zu 500 Euro für ein Steckersolargerät zuschießt. Laut | |
Giffeys Sprecher Matthias Kuder wurden für die kleinen Solargeräte zum | |
Start 7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, es seien auch noch | |
„ausreichend Mittel vorhanden“, sagte er der taz. Insgesamt seien 2023 und | |
2024 schon fast 8.000 Balkonkraftwerke bewilligt worden, allerdings erst | |
rund 350 für die Installation in Kleingärten. | |
Dabei ist im Moment gar nicht eindeutig geklärt, ob KleingärtnerInnen | |
überhaupt das Recht haben, ein Steckersolargerät auf dem Laubendach zu | |
betreiben. Offenkundig wurde das vor Kurzem, als [2][ein Kleingartenverein | |
im brandenburgischen Königs Wusterhausen einem Paar fristlos kündigte], | |
weil es genau das getan hatte. Begründung: Die Anlage sei nicht mit den | |
Bundeskleingartengesetz in Einklang zu bringen. Dagegen klagen die | |
PächterInnen nun zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH). | |
Tatsächlich [3][erwähnt das Bundesgesetz solche Anlagen gar nicht]. Der | |
einschlägige Kommentar zum Gesetz verweist allerdings auf die bisherige | |
Rechtsprechung, nach der jeglicher Stromanschluss in der Gartenlaube | |
unzulässig ist, weil er eine Voraussetzung für dauerhaftes Wohnen darin | |
schaffe. Letzteres aber ist explizit untersagt. | |
## Gefährdeter Bestandsschutz | |
Zwar verfügt laut Gert Schoppa, Präsident des Landesverbands Berlin der | |
Gartenfreunde, ein Großteil der Gartenlauben – genaue Zahlen gibt es nicht | |
– über Stromanschlüsse. Die stammten aber zumeist aus der Zeit vor Erlass | |
des Bundeskleingartengesetzes im Jahr 1983 – und der Bestandsschutz, den | |
sie genießen, gelte nur, solange dieser Zustand „unverändert“ bleibe. Im | |
Zweifel könne das dazu führen, dass die Laube oder zumindest ihre | |
Ausstattung beseitigt werden müsse. | |
Gegen sogenannten Arbeitsstrom für die Gartengeräte hat Schoppa nichts | |
einzuwenden – der sei mit dem Bundeskleingartengesetz konform, auch wenn er | |
durch Photovoltaik erzeugt werde. Mit dem Prinzip eines Steckersolargeräts | |
ist das aber kaum zu vereinbaren, und auch die Berliner | |
„Verwaltungsvorschriften über Dauerkleingärten und Kleingärten auf | |
landeseigenen Grundstücken“ erlauben nur „netzunabhängige | |
Photovoltaik-Anlagen“. Von solchen Insellösungen hat allerdings die | |
Energiewende nicht allzu viel. | |
Laut Matthias Kuder ist „in einigen Bezirken die Installation von | |
Steckersolargeräten bereits möglich“. Eine wasserfeste rechtliche Grundlage | |
scheint es aber dafür bislang nicht zu geben. Was es gibt, ist Hoffnung: | |
Ebenfalls im vergangenen Oktober beschlossen die Bundesländer, einen | |
Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, der das ändern soll. Berlin | |
habe sich für diese Bundesratsinitiative „sehr eingesetzt“, sagt Kuder. | |
Gleichzeitig arbeitet die Senatsumweltverwaltung an einer Änderung der | |
bereits erwähnten Verwaltungsvorschriften. Was genau dort vorgesehen ist, | |
konnte die Verwaltung auf Anfrage der taz jedoch nicht mitteilen. Man | |
rechne mit einem Inkrafttreten „in der ersten Jahreshälfte 2025“, hieß es | |
lediglich. | |
29 May 2024 | |
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[3] https://www.lsk-kleingarten.de/wp-content/uploads/2020/06/Bundeskleingarten… | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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