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# taz.de -- Filmfestspiele in Cannes: Die ungeliebte deutsche Präsidentin
> Der Anfang war nicht leicht: Seit 2022 ist Iris Knobloch Chefin des
> Filmfestivals von Cannes. Nun legt die studierte Juristin den Finger in
> die Wunde.
Bild: Einst machte man sich über ihren Akzent lustig: Cannes-Präsidentin Iris…
Berlin taz | „Iris wer?“, fragte die französische Tageszeitung Le Monde
anlässlich des Amtsantritts von Iris Knobloch als Präsidentin des
Filmfestivals von Cannes im Juli 2022.
Die studierte Juristin und langjährige Medienmanagerin war zwar
Wunschkandidatin des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron,
konnte sich aber [1][nur mit Mühen im Verwaltungsrat der Filmfestspiele als
Nachfolgerin von Pierre Lescure durchsetzen]. Zu groß war die Skepsis
gegenüber einer Deutschen. Knobloch ist die Tochter der ehemaligen
Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch.
Der Generaldirektor des französischen Autor*innenverbands SACD,
Pascal Rogard, machte sich gar über den Akzent der gebürtigen Münchnerin
lustig.
Darüber hinaus wurde vor allem ihr enges Verhältnis zur US-Filmindustrie
und der Wirtschaft kritisiert. So gründete Knobloch zusammen mit dem
französischen Milliardär François-Henri Pinault die Mantelgesellschaft
I2PO, die den Streamingdienst Deezer mit hohen Verlusten an die Börse
brachte.
Als Präsidentin des Filmfestivals steht Knobloch vor ganz anderen
Herausforderungen. Frankreich tat sich bis vor Kurzem mit dem Eingeständnis
schwer, dass sexualisierte Gewalt ein gesellschaftliches Problem ist.
Knoblochs Haltung scheint indessen klar. In einem Interview mit dem
US-Society-Magazin Variety stellte sich die Deutsche demonstrativ an die
Seite des Filmteams um Judith Godrèche, als dieses [2][bei der Premiere des
„Mad Max“-Prequels „Furiosa“] ein Zeichen setzte: Sie hielten sich die
Münder zu, um gegen das fortgesetzte Schweigen zu protestieren.
Filmemacherin Godrèche wurde nach eigenen Aussagen von Harvey Weinstein
sexuell belästigt. Die französische Gesellschaft müsse „da durch“, damit
sich ihr Frauenbild ändern könne, sagte Knobloch in der Variety. Noch im
Dezember 2023 hatte Staatspräsident Macron den Schauspieler Gérard
Depardieu gegen Vergewaltigungsvorwürfe in Schutz genommen und versichert,
dass das Land „stolz“ auf ihn sein könne. Erst als vor ein paar Tagen
bekannt wurde, dass Depardieus Fall im Oktober vor Gericht verhandelt wird,
ging er zu dem Filmstar auf Distanz.
Pünktlich zur Eröffnung der Filmfestspiele 2024 veröffentlichen mehr als
100 Frauen und Männer in der Tageszeitung Le Monde einen Aufruf, in dem sie
die fehlende politische Unterstützung im Kampf gegen sexualisierte Gewalt
anprangern. Unterschrieben haben viele Schauspielstars, wie etwa Juliette
Binoche.
Auch abseits von #MeToo habe die Filmbranche weiter großen
Veränderungsbedarf, konstatierte Knobloch. Zwar hätte es in den vergangenen
Jahren große Fortschritte beim Thema Gleichberechtigung gegeben.
Regisseurinnen seien „mutiger und selbstbewusster“ geworden. Das mache sich
zum Beispiel bei den Kurzfilmeinreichungen oder den Beiträgen der
Filmhochschulen bemerkbar. Allerdings hätten Frauen immer noch zu selten
Zugriff auf die großen Filmbudgets. Es sei deshalb ihre Priorität, begabte
Filmemacherinnen noch stärker ins Rampenlicht zu rücken, sagte Knobloch.
Politische Krisen der Gegenwart wie das Schicksal der israelischen
Hamas-Geiseln und die Situation im Gazastreifen will Knobloch dagegen von
Cannes fernhalten. Die Festivalleitung beklage zwar die „Tragödien, die
sich überall auf der Welt ereignen“. Die Filmfestspiele müssten sich aber
auf ihr Kerngeschäft konzentrieren: das Kino. Ob das in Gänze möglich ist,
wird sich in den kommenden Tagen zeigen.
17 May 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Louis Berger
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes
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Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes
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