| # taz.de -- Debatte nach Randale in Kinderklinik: Kinder-Notdienst dezentralisi… | |
| > Nach der Randale zweier Mädchen in der Kinderklinik Altona diskutieren | |
| > Medien über Kinder, die zur Gefahr würden. Was fehlt, ist pädagogische | |
| > Hilfe. | |
| Bild: Zu groß geworden? Der Kinder- und Jugendnotdienst an der Hamburger Feuer… | |
| Hamburg taz | Hamburger Medien ereifern sich über zwei Kinder, die in der | |
| Nacht zu Pfingstdienstag im Kinderkrankenhaus Altona randaliert haben | |
| sollen. Der [1][NDR beruft sich auf die Polizei]. Die beiden zwölf und 13 | |
| Jahre alten Mädchen hätten, nachdem ein Rettungswagen sie brachte, einen | |
| Bildschirm vom Tisch geworfen, eine Plexiglasscheibe beschädigt und seien | |
| auf eine Mutter losgegangen, die mit ihrem Sohn in der Notaufnahme wartete. | |
| Das Hamburger Abendblatt schreibt, die Mädchen hätten unter Alkohol- und | |
| Drogeneinfluss gestanden, der Mutter die Brille zertreten und den Sohn mit | |
| dem Tode bedroht. Und dann [2][fragt die Zeitung], was man mit Kindern | |
| machen solle, die eine Gefahr würden und „für Pädagogik kaum noch | |
| erreichbar“ seien? | |
| Aber ist das so? Oder fehlt hier nicht viel mehr die Pädagogik? Die beiden | |
| Mädchen sind in [3][Hamburgs Kinder- und Jugendnotdienst] (KJND) in | |
| Hamburg-Alsterdorf untergebracht. Diese Schutzeinrichtung steht seit Jahren | |
| in der Kritik wegen einer unzulänglichen pädagogischen Betreuung der | |
| Kinder. Der 1983 eröffnete Notdienst gilt mit seinen inzwischen 155 Plätzen | |
| als viel zu groß. Es gibt nur ein [4][rudimentäres pädagogisches Angebot]. | |
| Weil die Kinder aus der ganzen Stadt kommen, sind ihre Schulwege oft zu | |
| lang. Gehen sie vormittags nicht zur Schule oder in ein Vormittagsprogramm | |
| des KJND, sind sie gezwungen, [5][das Haus zu verlassen]. Viele führen | |
| [6][tagsüber nur U-Bahn], berichtete ein Ehemaliger der taz. | |
| ## Abendblatt schwingt Law-and-order-Keule | |
| Eine Forschergruppe, die 2019 Gespräche mit früheren Nutzern führte, kam zu | |
| dem Schluss, der Notdienst müsste geschlossen oder „ganz neu konzipiert“ | |
| werden. Der heutige KJND sei „nicht automatisch ein sicherer Ort für alle“, | |
| sagte die linke Jugendpolitikerin Sabine Boeddinghaus im Herbst [7][in | |
| einer Bürgerschaftsdebatte]. Die Zahl der Überlastungsanzeigen, mit denen | |
| Mitarbeitende sagen, dass sie ihre Arbeit nicht schaffen, sei hoch. Und | |
| viele Kinder lebten zu lange in dieser Übergangsstation. Darum forderte | |
| sie, den KJND auf vier Standorte in der Stadt zu verteilen und in den | |
| Sozialräumen zu verankern. | |
| SPD und Grüne lehnten [8][den Antrag] damals brüsk ab. Die | |
| Grünen-Politikerin Britta Herrmann sagte zur Dezentralisierung, es gebe | |
| Aufgaben, die eine Bündelung aller Kompetenzen an einem Ort erforderten, | |
| sei es aus pädagogischer oder auch aus „ressourcenorientierter Sicht“. Zu | |
| sagen, der KJND sei kein sicherer Ort für alle, sei ein „Affront gegen alle | |
| Mitarbeiter des Hauses“. | |
| Aber nun gibt es wieder Schlagzeilen, den Polizeireportern sei dank. Und | |
| das Abendblatt schwingt gleich die große Law-and-order-Keule: Der Fall | |
| wecke Erinnerungen an die Ermordung des Lebensmittelhändlers Willi | |
| Dabelstein 1998 durch zwei Jugendliche, die zu einem Erstarken des | |
| [9][Rechtspopulisten Ronald Schill] geführt habe. Der kam bekanntlich 2001 | |
| an die Macht und machte aus der Feuerbergstraße ein geschlossenes Heim. | |
| Auch heute fällt der Sozialbehörde zu ihrer Verteidigung nur ein, dass es | |
| sich beim KJND ja nicht um eine geschlossene Einrichtung handele. | |
| Aber wieso auch? Alle sollten mal einen Gang zurückschalten. Die Kinder im | |
| KJND sind schutzbedürftige Opfer, die aus prekären Familien-Situationen in | |
| Obhut genommen werden. Die Wissenschaft attestiert diesem Hilfsangebot eine | |
| strukturelle Unzulänglichkeit. Auch weil so viele Kinder mit Problemen an | |
| einem Ort einander negativ beeinflussen. Warum nicht doch noch mal | |
| nachdenken über eine dezentrale Struktur, so wie andernorts üblich? Sabine | |
| Boeddinghaus hat noch nicht aufgegeben. Sie lädt am 13. Juni zum „Runden | |
| Tisch KJND“ ins Rathaus, um mit Fachleuten zu erörtern, wie das gehen | |
| könnte. | |
| 23 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Polizeieinsatz-nach-Randale-zweier-M… | |
| [2] https://www.abendblatt.de/meinung/article242391012/altonaer-kinderkrankenha… | |
| [3] /Hamburger-Kinder--und-Jugendnotdienst/!5773055 | |
| [4] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/84035/kinder_und_jugendnot… | |
| [5] /Kritik-am-Kinder--und-Jugendnotdienst/!5939986 | |
| [6] /Hamburger-Kinder--und-Jugendnotdienst/!5773055 | |
| [7] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/84755/unhaltbare_zustaende… | |
| [8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgaenge/84755/1 | |
| [9] /Hamburg-im-Wuergegriff-des-Populisten/!5803890 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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