| # taz.de -- Rumba aus dem Kongo: Von Ufer zu Ufer | |
| > Jazzig bis funkig: Die Compilation „Congo Funk!“ erkundet die Entwicklung | |
| > der kongolesischen Rumba in Kinshasa und Brazzaville. | |
| Bild: Goldene Ära: Tabu Ley mit seinem L’Orchestre Afrisa | |
| Der folgende Text ist in der taz-Verlagsbeilage „Global Pop“ erschienen. | |
| Inmitten des Congo River liegt der Pool Malebo – der Fluss Kongo staut sich | |
| hier zu einer Art See mit großen bewaldeten Inseln. Erst oberhalb ist der | |
| Kongo schiffbar, und an den Ufern des Pool Malebo liegen gleich zwei | |
| Hauptstädte: Im Norden Brazzaville, Hauptstadt der Republik Kongo, und im | |
| Süden Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. | |
| Kinshasa wurde nach der Unabhängigkeit Kongos im Jahr 1960 zu einem | |
| Musikmekka, und die von Latin-Rhythmen beeinflusste kongolesische Rumba | |
| verbreitete sich über Afrika. Es entstanden kleine Plattenlabels, zum Teil | |
| unterhielten sie eigene Orchester – ein legendäres war O.K. Jazz um den | |
| Sänger Franco, das eine schnelle Spielart der Rumba verfolgte, aus dem der | |
| Soukous hervorging. | |
| Aber auch das deutliche kleinere Brazzaville auf der anderen Flussseite | |
| trug durch die quer über den Kontinent zu empfangende Station Radio | |
| Brazzaville seinen Teil dazu bei, dass Pop aus dem Kongo in Nairobi und | |
| Yaoundé ebenso bekannt wurde wie in Luanda und Lusaka und die E-Gitarre in | |
| Afrika so populär wurde. | |
| Die neue Compilation [1][„Congo Funk! (Kinshasa/Brazzaville 1969–1982)“] | |
| beleuchtet diese Entwicklung. Und wie üblich bei den Veröffentlichungen des | |
| Kölner Labels lässt sich durch umfangreiche Linernotes einiges über die | |
| historischen Umstände erfahren. Etwa über den Schub für die Musik der | |
| Region durch den berühmten „Rumble in the Jungle“, den Boxkampf zwischen | |
| Mohammed Ali und George Forman 1974 in Zaïre (wie der Kongo damals hieß). | |
| ## Musikfestival „Zaïre 74“ | |
| Zu dem Paket, das Boxpromoter Don King dem megalomanischen zairischen | |
| Diktator Mobutu für 10 Millionen US-Dollar verkauft hatte, gehörte die | |
| Ausrichtung eines dreitägigen Musikfestivals. Für „Zaïre 74“ reisten Sta… | |
| der afroamerikanischen Musik aus den USA und Afrika nach Kinshasa – unter | |
| anderem James Brown. | |
| Auf der Kompilation sind 14 Titel, die allerdings weniger „verrückt“ sind, | |
| als es der Untertitel nahelegt, als vielmehr präzise gespielte Songs mit | |
| perlenden Gitarren und tighten Bläsern, welche die ganze Bandbreite der | |
| kongolesischen Rumba widerspiegeln. | |
| Eröffnet wird das Album mit „Sungu Lubuka“, ein bisher unveröffentlichter | |
| fast 8-minütiger, jazzig angehauchter Song des exilangolanischen Sängers | |
| Petelo Vicka und seines Orchesters Son Nzazi. | |
| Danach wird es noch schneller und funkiger, bis Rumbalegende Tabu Ley mit | |
| dem betörenden mehrstimmigen Gesang seines L’Orchestre Afrisa in „Adeito“ | |
| das Ganze in etwas ruhigere Bahnen geleitet – wobei das Tempo schon in der | |
| zweiten Hälfte des Songs wieder anzieht. Stimmungsmäßiger Höhepunkt ist | |
| dann „Lolo Soulfire“, in dem Sänger Lolo begleitet vom L’Orchestre O.K. | |
| Jazz zeigt, was er von James Brown gelernt hat. | |
| „Zaïre 74“ war dabei gewissermaßen der Anfang vom Ende: Mit der von Mobutu | |
| geförderten Abschottung des Landes ging auch die Musikindustrie des Kongo | |
| den Bach runter, spätestens in den 1980er Jahren hatte Kinshasa seinen | |
| Status als internationale Musikmetropole verloren. | |
| 12 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_lgtp7-eCiRd4OySMRUiq0k95jBCa6… | |
| ## AUTOREN | |
| Ole Schulz | |
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