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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Regenbogen für Palästina!
> Studierende lösen den Nahostkonflikt. Besuch beim „Dahlemer Call for
> Peace in Palestine“ auf dem Campus der Freien Universität Berlin.
Bild: Mit modischem Palituch im Dienst der Sache
Studierendenproteste allenthalben. „Free Palestine!“, schallt es von den
Campus der Universitäten in den USA und Europa. Doch wie frei soll
Palästina sein? Und in welchen Grenzen? Und wer soll es dann regieren?
Immer wieder wird den Demonstrierenden vorgeworfen, einseitig Stellung zu
beziehen und keine Vision für die Zukunft der Region zu haben.
„Und irgendwie stimmte das ja auch so, genau“, erklärt Karl (er/he),
Politologiestudierender an der FU Berlin im zweiten Semester. „Genau.
Deshalb haben wir uns jetzt zusammengesetzt und den Nahostkonflikt gelöst,
genau.“
Der „Dahlemer Call for Peace in Palestine“ ist das Ergebnis eines
selbstverwalteten Symposiums intersektionaler, genderqueerer,
feministischer und antirassistischer Studierender verschiedenster
Fachrichtungen, Colors und sexueller Identitäten. Wir haben mit den
zukünftigen Friedensnobelpreisträger*innen aus Berlin in ihrem
Protestzelt gesprochen.
Koi (hen/they), queerpolitische*r Sprecher*in der Initiative, sagt:
„Wir waren diese ständigen Vorwürfe leid, dass wir uns als queere und
trans* Menschen so stark für ein freies Palästina engagieren, als ob wir
nicht wüssten, dass die Hamas in Gaza queere Menschen zurzeit noch eher
ablehnt und Frauenrechte nicht ganz ausreichend beachtet“, beteuert hen.
„Wir sind ja nicht naiv. Aber wir glauben fest an eine Transformation der
Hamas in ein genderqueeres Kollektiv nach der erfolgreichen
Dekolonialisierung.“
## Palästina historisch
Doch wie genau soll die dekolonialisierte Region genau aussehen? Eine
Zweistaatenlösung könne es „echt nicht sein“, sind die Studis überzeugt.
Der Kolonialstaat müsse weg. „Wir sehen Palästina schon in den historischen
Grenzen vom Jordan bis zum Mittelmeer.“
Also Dekolonialisierung zurück auf die Grenzen unter den Briten 1922?,
fragen wir nach.
„Äh ja, also, im Grunde ja, genau. Aber das ist ja schon urlange her, das
sind ja fast …“, Karl zählt an den Händen nach, „hundert Jahre oder so.…
Und Judäa?, bohren wir nach, das da auch mal war? „Also das ist ja noch
viel länger her“, Karl schaut ratlos auf seine zehn Finger, „keine Ahnung,
das hatten wir im Studium noch nicht.“
„Wichtig ist jedenfalls, dass die aktuelle Terrorherrschaft Israels beendet
wird!“, skandiert Koi. Und dann? „Na, dann gibt die Hamas die Waffen ab und
übergibt die Macht einer neuen Zivilregierung“, erläutert Joris (keins/no),
Studx der Gender History im dritten Semester, das Friedenskonzept der
Studis für den Nahen Osten. Das sei eine in der Menschheitsgeschichte
einmalige Chance: „Palästina könnte Modellstaat werden!“, schwärmt Koi.
„Das erste genderqueere Kalif*inat der Welt, regiert über ein
selbstverwaltetes Rätesystem nach dem Vorbild des De-facto-Staates Rojava
im Nordosten Syriens!“
Wir fragen noch mal dezidiert nach: Und wo bleibt da Israel in diesem
Konzept?
„Wir sind natürlich für das Existenzrecht Israels!“, beeilt sich Karl zu
sagen. „Da haben wir als Deutsche so was wie Dings … also Verantwortung,
genau.“
## Palästina modellhaft
„Andererseits kann es in der Weltpolitik nicht immer nur nach den Deutschen
gehen!“, wirft Joris ein. „Das wär ja noch schöner!“ Doch Karl fährt
unbeirrt fort und weist Israel in seine neuen Grenzen: „Israel wird in
unserem Modell eine quasiautonome Provinz im Kalif*inat Palästina, aber
mit weitreichender Selbstverwaltung.“
„Allerdings entmilitarisiert“, fügt Joris an, „als Agrarstaat ohne
militärisches Potenzial!“
Da klingelt was bei uns im Hinterkopf. Das klingt ja fast nach einer
Reaktivierung des Morgenthau-Plans, fragen wir nach. „Genau!“, strahlt hen.
„Und dagegen kann Israel nicht mal was haben, denn Morgenthau war ja selbst
Jude!“ Joris und die anderen klatschen sich ab.
Neutral und multilingual wie die Schweiz, so solle das neue Palästina
werden: offen, liberal und sexpositiv. Einen neuen Namen soll es bei der
Gelegenheit auch erhalten. „Khilafat qaws qazah“, übersetzt: Kalif*inat
des Regenbogens. Traudl (er/he), Theologiestudierender (Bachelor) fügt
hinzu: „Weil, auch in der jüdischen Überlieferung hat der Regenbogen ja
irgendne Bedeutung. Also passt das schon.“
Als Wappentier des neuen Palästinas könnte man dann vielleicht ein
regenbogenfarbenes Einhorn nehmen, träumt Koi: „Als Friedenssymbol der
neuen offenen, trans*freundlichen Kalif*in.“
„Es gilt natürlich Religionsfreiheit!“, schwärmt Traudl, „Jede*r kann
glauben, was they will. Und wenn eine Muslimin in Gaza lieber zum
Fliegenden Spaghettimonster beten will, dann ist das auch okay!“
Die Studierenden geben jedoch zu, das sei noch ein weiter Weg. Aber wenn
Palästina erst einmal befreit sei, werde die Befreiung aus allen anderen
bürgerlichen Zwängen schon auf dem Fuße folgen. „Früher oder später wird
sich auch die Hamas zur multiethnischen sex positivity bekennen!“, hebt
ein männlich gelesener Studierender hervor. „Und wir sehen da positive
Anzeichen. Die Hamas scheint Sexualkontakte zu Andersgläubigen ja nicht per
se abzulehnen wie manche Kämpfer des 7. Okto…“
## Palästina zukünftig
Wir hören lieber schnell weg und einer FLINTA*-Studierenden (sie/she) zu,
die ausführt, dass im Palästina der Zukunft auch weiblich gelesene Personen
Kämpfer*innen werden dürfen und jede Intifada Awareness-Teams erhalte.
Karl berichtet indessen stolz, dass sie gemeinsam mit einer
palästinensischen Jurastudierenden schon an einer Verfassung des freien
queer*feministischen Regenbogen-Kalif*inats arbeiteten. Aber das sei
kompliziert. „Wir struggeln da grad etwas, genau. Wir sind zum Beispiel
noch voll im Diskurs, wie Tierrechte in die palästinensischen Verfassung
implementiert werden sollen, genau. Also, ob neben Schweinen auch noch
weitere Tiere vor der Verfolgung geschützt werden und so.“
Wir nicken verständnisvoll und fragen, wie es mit dem Friedensplan der
Studierenden nun weitergehen soll: „Also, wir haben unseren Plan schon an
Judith Butler und Deborah Feldman gemailt“, sagt Koi, und Karl ergänzt:
„Und an die Botschaften von Ägypten und Katar, die da ja vermitteln, und an
Südafrika und Nicaragua, die unseren Plan bei der UNO irgendwie einbringen
können, genau.“
Und bis dahin? „So lange werden wir weiter die Befreiung Palästinas
fordern!“ Und so sehen wir die Friedensaktivist*innen am Nachmittag
wieder bei einem propalästinensischen Protestcamp, eingekeilt zwischen ein
paar arabisch gelesenen Männern in Türsteheroptik mit fett gedruckten
„KALIFAT“-Schriftzügen auf ihren Shirts, allerdings ganz ohne Genderstern
und regenbogenfarbenes Einhorn. „Free Palestine!“, rufen sie gemeinsam.
13 May 2024
## AUTOREN
Volker Surmann
## TAGS
Palästina
Studierende
Protestcamp
AfD Sachsen
Antisemitismus
Verschwörung
Sprachkritik
Antisemitismus
Palästinenser
Uno
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