# taz.de -- Zwangsräumungen nach Mietverzug: Adressat ruft Polizei | |
> Die Übergabe eines Protestbriefs an das Jobcenter in Friedrichshain führt | |
> zu einem Polizeieinsatz. Es geht um Mieten, die das Amt zu spät | |
> überweist. | |
Bild: Nicht die beliebteste Adresse: das Jobcenter (Archivbild) | |
Berlin taz | Ganze zehn Polizeifahrzeuge mit Blaulicht sorgten am | |
Donnerstagabend vor dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg in der | |
Landsberger Allee für Aufsehen. „Es wird doch keine Geiselnahme sein?“, | |
fragte eine erschrockene Passantin. | |
Die Frau konnte beruhigt werden: „Wir waren eine Gruppe von rund zehn | |
Personen, die einen Brief im Jobcenter abgeben wollten. Als wir das Gebäude | |
nicht verlassen haben, hat der Sicherheitsdienst die Polizei gerufen“, | |
erklärte Sabine vom [1][Bündnis Zwangsräumung Verhindern]. | |
Die Initiative hatte gegenüber dem Jobcenter nahe des Krankenhauses | |
Friedrichshain eine Kundgebung angemeldet. Ungefähr 20 Personen riefen | |
Parolen wie „Keine Schikane gegen Arme“ oder „Jobcenter und Ausbeutung – | |
[2][Zutaten für Zwangsräumung]“. Einige der Teilnehmer*innen machten | |
lautstark auf sich aufmerksam, in dem sie auf Töpfe trommelten. | |
Unter den Versammelten war auch Jens, der seit 17 Jahren in Friedrichshain | |
lebt. Nun könnte er seine Wohnung verlieren, weil das Jobcenter mehrmals | |
mit der Zahlung seiner Miete im Verzug war. „Ich habe mich sofort beim Amt | |
gemeldet, aber das hatte keinen Erfolg“, erklärte er gegenüber der taz. | |
## Beim nächsten Mal Rausschmiss | |
Die unmittelbare Kündigung blieb Jens erspart: Er muss die Mietschulden nun | |
bis Mai begleichen. Sollte er allerdings noch einmal in Verzug geraten, | |
kann er sofort ohne weitere Abmahnung aus seiner Wohnung fliegen. „Jetzt | |
muss ich darauf vertrauen, dass das Jobcenter nicht wieder vergisst, die | |
Miete zu überweisen. Dann verliere ich meine Wohnung, ohne dass ich etwas | |
falsch gemacht habe“, klagte er. | |
Das Bündnis Zwangsräumung Verhindern spricht von „Wohnen auf Bewährung“. | |
„Sie haben Ihren Job nicht gemacht, deswegen muss Jens Angst um seine | |
Wohnung haben“, richtete sich ein Mitglied des Bündnisses direkt an die | |
Jobcenter-Mitarbeiter*innen. „Es handelt sich nicht um einen Einzelfall“, | |
erklärte zudem Gitta von der Erwerbsloseninitiative Basta auf der | |
Kundgebung. Auch sie unterstützt Erwerbslose in der Auseinandersetzung mit | |
den Ämtern. | |
In den Jobcentern Mitte, Lichtenberg, Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg | |
habe es in der letzten Zeit Probleme bei der Übernahme von Wohnkosten bei | |
neuen Mietverträgen gegeben, so Gitta. Sie kritisierte auch, die | |
Mitarbeiter*innen der Jobcenter würden sich abschotten und die | |
Betroffenen nur einlassen, wenn diese einen Termin haben. | |
Diese Abschottungstaktik wurde auch am Donnerstag bei der Übergabe des | |
Briefes deutlich. „Wir werden Jens weiter unterstützen und können demnächst | |
auch mit noch mehr Menschen kommen“, kündigte Sabine von Zwangsräumung | |
Verhindern an. | |
19 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://zwangsraeumungverhindern.nostate.net/ | |
[2] /Buendnis-Zwangsraeumung-verhindern/!5886955 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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