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# taz.de -- Teenie-T-Rex oder neue Dino-Art?: Roarrr!
> Über keinen Dinosaurier gibt es so viele Studien wie über den
> Tyrannosaurus Rex. Doch in einigen Punkten sind sich Forscher*innen
> nicht einig.
Bild: Skelett eines Tyrannosaurus rex
Zugegeben, der Tyrannosaurus Rex war schon ein gefährlicher Raubsaurier.
Aber rechtfertigt das wirklich so viel Aufmerksamkeit? Der vermeintliche
König der schrecklichen Echsen lebte nur zwei Millionen Jahre lang, ehe ein
gewaltiger Felsbrocken seine Herrschaft vor 66 Millionen Jahren beendete.
Vor ihm gab es bereits andere große Raubsaurier wie den Allosaurus, der vor
150 Millionen Jahren Jagd auf Stegosaurier und riesige Langhalssaurier
machte. Mit einer Länge bis zu 9 Metern war er kaum kleiner als der
Tyrannosaurus, trotzdem steht er vollends in seinem Schatten. Ähnlich geht
es dem Giganotosaurus, der vor 100 Millionen Jahren in Argentinien
auftauchte und eine Länge von 13 Metern erreichte, sowie dem [1][in der
Sahara entdeckten] Spinosaurus mit seinem beeindruckenden Rückensegel.
Fragt man Kinder allerdings nach ihren Lieblingssauriern, landen diese
Raubsaurier nur selten ganz vorne im Favoriten-Ranking. Auch unter
Paläontolog:innen scheint es besonders viele [2][T-Rex-Fans] zu
geben. „Zu keinem Dinosaurier gibt es mehr Studien und kein Saurier bekommt
mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit“, sagt Martin Sander von der Uni
Bonn. Deshalb komme auch kaum eine paläontologische Pressemeldung ohne
T-Rex-Vergleich aus, egal ob es nun um versteinerte Muscheln oder neu
entdeckte Pflanzenfresser gehe.
## Wie ernährte er sich?
Etwa 40 Skelette des T-Rex wurden gefunden und auf alles Erdenkliche hin
untersucht. So interessieren sich Forschende für seine kurzen Arme. Obwohl
sie kräftig waren, ist man sich uneinig, ob sie beim Fressen oder Kämpfen
eine Rolle spielten. Einige Paläontolog:innen glauben, dass die Arme
im Laufe der Zeit kürzer wurden, um Verletzungen zu vermeiden. Wenn mehrere
Raubsaurier gleichzeitig an einem erlegten Triceratops fraßen, könnten zu
lange Arme schnell zwischen die Zähne der anderen geraten sein.
Auch die Ernährungsweise des Raubsauriers wird immer wieder diskutiert.
Jagte der T-Rex seine Beute oder ernährte er sich hauptsächlich von Aas?
Die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen. Doch damit nicht genug: Sogar die
Lippen des Raubsauriers wurden schon zum Forschungsobjekt. Anders als in
Filmen zeigte der Fleischfresser sein Lächeln mit den bananengroßen Zähnen
vermutlich nicht so offensiv. Stattdessen bedeckten schuppige Lippen sein
scharfes Gebiss, und nur die Zahnspitzen schauten hervor, ähnlich wie beim
heutigen Waran.
All diese Studien sorgen sicher für Schlagzeilen und werden bevorzugt in
den renommierten Forschungsjournalen publiziert. So wurde 2020 eine Studie
veröffentlicht, die alle gefundenen T-Rex-Skelette in drei neue Arten
einteilte: den Tyrannosaurus rex, den größeren Tyrannosaurus imperator und
die kleinere Art Tyrannosaurus regina. Diese Theorie stieß jedoch schnell
auf großen Widerstand in der Fachwelt. Die Kritik: Die Unterschiede in
Größe und Form der T-Rex-Knochen seien zu gering, um daraus neue Arten
abzuleiten. Die Theorie der drei Arten wurde daher schnell verworfen.
Auf wissenschaftlich solideren Füßen steht eine andere Studie aus dem
Januar 2024. Sie untersuchte 1942 gefundene, versteinerte Überreste, die
bisher einem heranwachsenden T-Rex zugeschrieben wurden. Die Forscher
Nicholas Longrich von der University of Bath und Evan Saitta von der
University of Chicago kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei diesen
Knochen um die Überreste eines kleineren, entfernten Verwandten handelt,
des Nanotyrannus lancensis. Dieser war zwar mit fünf Metern deutlich
kleiner als der T-Rex, dafür aber schneller und hatte längere Arme.
Neu ist diese Idee nicht: Der Nanotyrannus wurde bereits 1988 beschrieben.
Die Studie liefert allerdings weitere Hinweise. Die Forscher untersuchten
unter anderem die Wachstumsringe in den versteinerten Knochen. Dabei
stellten sie fest, dass es sich um ein ausgewachsenes Tier handeln könnte
und nicht um ein heranwachsendes Jungtier. Außerdem verglichen sie die
Knochen und den Schädel mit denen eines jungen Tyrannosaurus, der noch
[3][unbeschrieben in einer Museumskiste lag]. Dabei zeigten sich laut der
Studienautoren deutliche Unterschiede. Longrich und Saitta sind daher
überzeugt, dass vor 68 Millionen Jahren nicht nur der Tyrannosaurus durch
Nordamerika streifte.
Für Laien mag die Erkenntnis, dass es möglicherweise noch eine andere Art
von Raubsauriern gab, nicht besonders spektakulär klingen. In der
Paläontologie entfacht die Studie jedoch erneut eine alte Debatte. „Eine
andere, gängige Theorie besagt, dass auch die heranwachsenden
Tyrannosaurier eigene ökologische Nischen füllten. Für kleinere und größere
Raubsaurierarten wäre dabei kein Platz mehr. Das ergibt durchaus Sinn, ist
aber ziemlich ungewöhnlich für ein komplexes Ökosystem“, erklärt Sander.
Die neue Studie hält der Paläontologe allerdings für stichhaltig.
Nanotyrannus ist aus seiner Sicht eine eigene Art. Um die Diskussion aber
endgültig zu klären, sind weitere Fossilienfunde sowohl von Nanotyrannus
als auch von jungen Tyrannosauriern erforderlich.
## Schwierige Artdefinition
Leider sind Jungtiere von Dinosauriern äußerst selten zu finden, da ihre
Knochen weicher sind und schneller zerfallen. Die beiden Studienautoren
betonen in ihrem Fazit, dass trotz intensiver Forschung und dem ikonischen
Status des Tyrannosaurus Rex noch viele Fragen offen bleiben und wir nur
sehr wenig über die wahre Artenvielfalt der Dinosaurier wissen.
„Wir müssen uns ständig die Frage stellen, ob versteinerte Knochen wirklich
zu einer neuen Dinosaurierart gehören oder ob sie nur verschiedene
Variationen oder Altersstufen zeigen“, sagt Oliver Rauhut von der
Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie. So gibt es
regelmäßig Diskussionen darüber, ob bestimmte Dinosaurierarten tatsächlich
eigenständige Arten sind.
Im Jahr 2010 wurde zum Beispiel der ebenfalls beliebte Triceratops zu einer
jugendlichen Variante des Torosaurus gemacht. Eine Theorie, die inzwischen
widerlegt wurde. Auch der Pachycephalosaurus, ein zweibeiniger
Pflanzenfresser mit einer dicken Schädelplatte, hatte möglicherweise
weniger Verwandte als bisher angenommen. US-Forscher erklärten 2009 seine
Cousins Stygimoloch und Dracorex zu jungen Varianten des
Pachycephalosaurus. Eine spannende Randnotiz in ihrer Studie: Ein Drittel
aller benannten Dinosaurierarten könnten solche Fehlzuordnungen sein und in
Wirklichkeit verschiedene Entwicklungsstadien bereits bekannter Arten
darstellen.
„Wir stehen vor zwei großen Herausforderungen. Eine Artdefinition, die
schon bei heute lebenden Tieren nicht eindeutig ist, und die Limitierung
auf Knochen. So fällt eine genetische Unterscheidung im Falle von
Dinosauriern genauso weg wie die Frage nach der Fähigkeit zur
Fortpflanzung“, erklärt Rauhut. Unterschiede in Farben oder auffälligen
Hautstrukturen sind nur bei wenigen Fossilien bekannt. Selbst Unterschiede
zwischen weiblichen und männlichen Dinosauriern auszumachen, gelingt den
Forschern äußerst selten. Und so haben die mit viel Ego und Ideologie
geführten Diskussionen um Tyrannosaurus-Arten doch immerhin ein Gutes: Sie
zeigen der Öffentlichkeit, wie limitiert unsere Vorstellung der wahren
Artenvielfalt während der 165 Millionen Jahre währenden Herrschaft der
Saurier wirklich ist.
12 Apr 2024
## LINKS
[1] /Palaeontologie-und-Postkolonialismus/!5912494
[2] /Palaeontologe-ueber-Jurassic-Park/!5929822
[3] /Vergessene-Schaetze-im-Museum/!5992417
## AUTOREN
Birk Grüling
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Dinosaurier
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