# taz.de -- Reform der Champions League: Heidenheim an der Anfield Road | |
> In der kommenden Saison könnten noch mehr deutsche Klubs um die | |
> europäischen Pokale kicken. Muss das wirklich sein? | |
Bild: Europäischer Treffer: der Ball, den Leverkusens Jeremie Frimpong ins Tor… | |
Der Aufstieg des deutschen Fußballs scheint unaufhaltsam. Zwei | |
Bundesligisten stehen im Halbfinale der Champions League, [1][Bayer | |
Leverkusen] ist weiter nicht zu schlagen und darf in der Vorschlussrunde | |
der Europa League gegen AS Rom spielen. Und neulich hat sogar die | |
Nationalmannschaft, die zuvor so etwas wie der Inbegriff einer Gurkentruppe | |
war, zwei Testspiele gewonnen. Bricht jetzt etwa die Zeit an, die der | |
selige Franz Beckenbauer schon 1990 kommen sah, eine Ära, in der der | |
deutsche Fußball auf Jahre hinaus unschlagbar ist? | |
Den Jubelarien zufolge, die nach dem Halbfinaleinzug von [2][Borussia | |
Dortmund] und dem [3][FC Bayern] angestimmt wurden, scheint es tatsächlich | |
Menschen zu geben, die das glauben. Und es könnte noch besser kommen. Im | |
kommenden Jahr könnten fünf deutsche Teams in der Champions League | |
mitspielen. Und wenn sich Borussia Dortmund die europäische Klubkrone | |
aufsetzen würde, könnten es sogar sechs Plätze sein. Selbst wenn dann zwei | |
deutsche Teams nicht über das Viertelfinale hinauskommen, wäre ein rein | |
deutsches Halbfinale in der Champions League möglich. | |
Wäre das nicht wunderbar, wenn derartige Herzensduelle wie das deutsche | |
Emotico zwischen Rasenballsport Leipzig und dem FC Augsburg nicht mehr nur | |
an einem stinknormalen Bundesligasamstag begeistern würden? Träumt | |
Fußballdeutschland nicht schon lange davon, dieses Duell der Herzen auch | |
noch am Dienstag oder Mittwoch nach dem Abspielen der | |
Champions-League-Hymne zu verfolgen? | |
Dass derartige Möglichkeiten ausgelotet werden, liegt an der Reform der | |
Champions League, mit der die Uefa noch mehr Geld erwirtschaften möchte | |
als bisher – 3,5 Milliarden Euro waren das etwa in der vergangenen Saison. | |
Die Gruppenphase, nach der sich bis auf ein paar sehr seltene Ausnahmen | |
eigentlich immer die gleichen Mannschaften fürs Achtelfinale qualifiziert | |
haben, wird es nicht mehr geben. Statt 32 Mannschaften in acht Gruppen | |
spielen ab der kommenden Saison 36 Mannschaften je acht Partien, deren | |
Ergebnisse in eine einzige Tabelle einfließen. Es gibt also mehr Plätze. | |
Zwei dieser Plätze gehen an die Verbände, [4][die in dieser Saison am | |
besten in den europäischen Wettbewerben abgeschnitten haben]. | |
## So wie einst Botew Plowdiw | |
Statt also Ligen, deren Meister es schon lange nicht mehr schaffen, in | |
jenen Wettbewerb zu kommen, der Meisterliga heißt, die Qualifikation zu | |
erleichtern, werden einmal mehr die großen und reichen Ligen bevorzugt. | |
Fußballnostalgiker wissen immer noch, dass Botew Plowdiw mal ein | |
bulgarischer Spitzenverein war, weil er in den 80er Jahren gegen den FC | |
Bayern im Europapokal der Pokalsieger ausscheiden durfte. | |
Heute ist die Frage nach dem Namen des aktuellen rumänischen Meisters bei | |
einem Kneipenquiz selbst für absolute Fußballnerds nicht wirklich einfach | |
zu beantworten. Klubs wie jener FC Farul Constanța schaffen es meist nicht | |
über frühe Runden der Qualifikation hinaus und belästigen die Vereine aus | |
den großen Fußballnationen nicht weiter mit ihrer schäbigen Existenz. | |
Nun könnte es also kommen, dass selbst der neunte Platz in der Bundesliga | |
die Eintrittskarte für einen Europapokalwettbewerb bedeutet. Im Moment | |
steht da die TSG Hoffenheim. Heidenheim als Zehnter hätte das Nachsehen. | |
Ist das nicht ungerecht? Ist es nicht viel schwieriger und teurer, in | |
Deutschland die Klasse zu halten, als rumänischer Meister zu werden? | |
Und wo bleibt eigentlich die europäische Belohnung für die anderen Klubs, | |
die dem Abstieg entgehen? Die Regel wäre ganz einfach: Wer nicht absteigt, | |
darf europäisch spielen. Das gilt natürlich nur in den vier am höchsten | |
gelisteten Verbänden Europas. Wäre ja noch schöner: Am Ende kommt noch so | |
ein hergelaufener Meister aus Rumänien daher und will mitspielen. | |
19 Apr 2024 | |
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[4] https://de.uefa.com/nationalassociations/uefarankings/country/seasons/?year… | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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