# taz.de -- Treffen in Brüssel: 75 Jahre Nato, doch niemand feiert | |
> Im Jubiläumsjahr muss sich das Verteidigungsbündnis auf zwei | |
> Horrorszenarien vorbereiten: große Verluste in der Ukraine und Donald | |
> Trump. | |
Bild: Gruppenfoto zum Geburtstag: Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbo… | |
BRÜSSEL taz | Der Champagner war kaltgestellt, die Lobeshymnen lagen | |
bereit. 75 Jahre Nato wollten die Außenminister der 32 Alliierten bei ihrem | |
Frühjahrstreffen in Brüssel feiern. Schließlich sei das Militärbündnis „… | |
mächtigste und erfolgreichste Allianz der Geschichte“, erklärte | |
[1][Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg]. Von einem „Sicherheitsanker“ | |
zwischen Ost und West“ sprach Außenministerin Annalena Baerbock. | |
Doch nach Feiern war Baerbock und Stoltenberg am Mittwoch nicht zumute – im | |
Gegenteil. Was sie zu Beginn ihres zweitägigen Treffens in Brüssel zu sagen | |
hatten, klang eher wie die Einstimmung auf düstere Zeiten. Sogar ein Hauch | |
von Panik lag in der Luft. | |
Denn ausgerechnet im Jubiläumsjahr muss sich die Nato auf zwei lange | |
verdrängte Worst-Case-Szenarien vorbereiten: einen langen und | |
verlustreichen Krieg in der Ukraine und die Wiederwahl von Donald Trump zum | |
US-Präsidenten. | |
Die Nato müsse „Trump-proof“, also Trump-fest werden, hatten Insider schon | |
vor Beginn des Treffens gefordert. Der Republikaner hat seine Rhetorik | |
zuletzt zwar etwas gemäßigt und nicht mehr damit gedroht, „säumigen“ | |
europäischen Alliierten den US-Schutz zu entziehen. | |
## Stoltenberg schlägt 100-Milliarden-Fonds für Ukraine vor | |
Dennoch sorgen sich viele im Nato-Hauptquartier in Brüssel, dass Trump nach | |
seiner Wiederwahl die Ukraine-Hilfe infrage stellen und die militärische | |
Unterstützung blockieren könnte. Deshalb wollen sie Waffenlieferungen an | |
Kyjiw künftig durch die Nato selbst koordinieren lassen. Es gehe um „einen | |
solideren und institutionalisierten Rahmen“ für das langfristige | |
Engagement, erklärte Stoltenberg. Bisher organisieren die USA die | |
Militärhilfe im Rahmen des sogenannten [2][Ramstein-Formats.] | |
Auch beim Geld will Stoltenberg Vorsorge treffen. Nach Angaben von | |
Nato-Diplomaten schlägt er einen Ukraine-Hilfsfonds von bis zu 100 | |
Milliarden Euro für fünf Jahre vor. Es gehe um „frisches Geld“ für „vi… | |
Jahre“, bestätigte Stoltenberg, ohne Trump beim Namen zu nennen. Die | |
alliierte Kriegskasse könnte nötig werden, wenn Trump der Ukraine endgültig | |
den Geldhahn zudreht. | |
Schon jetzt blockieren die Republikaner im US-Kongress die von US-Präsident | |
Joe Biden versprochenen Milliardenhilfen. Ohne die dringend benötigte | |
US-Hilfe müssten sich die ukrainischen Truppen zurückziehen und den | |
russischen Besatzern das Feld überlassen, hat Präsident Wolodymyr Selenskyj | |
in einem Interview mit der Washington Post gewarnt. Für die Nato, die sich | |
in der Ukraine mehr denn je engagiert und Kyjiw sogar den Beitritt | |
versprochen hat, wäre dies ein Debakel. Nach dem Rückzug aus Afghanistan | |
würde die mächtigste Militärallianz der Welt ein weiteres Mal das Gesicht | |
verlieren. | |
## Ungarn warnt vor „weiteren Eskalationen“ | |
Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski erklärte, er stehe hinter | |
Stoltenbergs Plänen. Die kanadische Außenministerin Melanie Joly begrüßte | |
„jede Form der Unterstützung, die die Ukraine erhalten kann“. Scharfe Töne | |
kamen dagegen aus Budapest. „Ungarn wird keine Nato-Vorschläge | |
unterstützen, die die Allianz näher an den Krieg bringen“, [3][schrieb | |
Außenminister Peter Szijjarto bei Facebook]. Er warnte vor „weiterer | |
Eskalation“ mit Russland, wenn diese zu einer „offensiven“ Rolle in dem | |
Krieg wechsele. | |
Baerbock strich die vergleichsweise hohen deutschen Beiträge heraus, hielt | |
sich ansonsten aber bedeckt. Es sei zwar „vollkommen klar, dass wir weitere | |
Zahlungen leisten müssen“, so die Grünen-Politikerin. Sie halte es aber | |
„nicht für sinnvoll“, mit Zahlen in dieser Größenordnung „zu jongliere… | |
Mit Entscheidungen wurde in Brüssel noch nicht gerechnet. Sie sollen – wenn | |
man sich denn einigt – erst beim Nato-Jubiläumsgipfel im Juli in Washington | |
fallen. | |
4 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Stoltenberg-Nachfolge/!5998239 | |
[2] /Ukraine-Treffen-in-Ramstein/!5996346 | |
[3] https://www.facebook.com/photo?fbid=950748296518464&set=a.4136404735625… | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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