# taz.de -- Kürzungspläne von Thyssenkrupp: Stahlkocher wollen um Jobs kämpf… | |
> Bei Deutschlands größtem Stahlproduzenten Thyssenkrupp könnten Tausende | |
> Arbeitsplätze verschwinden. Betriebsrat und IG Metall fordern | |
> Jobgarantie. | |
Bild: Künftig soll der Stahl bei Thyssenkrupp klimafreundlich aus der Produkti… | |
BOCHUM taz | Mit harter Kritik haben Betriebsräte und die Gewerkschaft IG | |
Metall auf die Pläne von Deutschlands größtem [1][Stahlhersteller] | |
Thyssenkrupp reagiert, seine Produktionskapazitäten in Nordrhein-Westfalen | |
massiv reduzieren und damit wohl auch Tausende Arbeitsplätze vernichten zu | |
wollen. „Wir fordern Zukunft statt Kündigung“, erklärte der | |
Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Stahltochter Thyssenkrupp Steel (TKS), | |
Tekin Nasikkol. Sofortige Jobstreichungen seien undenkbar, ein bis März | |
2026 geltender Tarifvertrag schließe betriebsbedingte Kündigungen aus. | |
„Daran lassen wir nicht rütteln, da ziehen wir rote Linien“, so der | |
Betriebsratschef. | |
Auch der Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, | |
forderte, Thyssenkrupp müsse sich seiner Verantwortung nicht nur für sein | |
riesiges Stahlwerk in Duisburg, sondern auch für seine übrigen Standorte in | |
Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen, Hagen, im Sieger- und Sauerland bewusst | |
sein. „Wir werden nicht akzeptieren, dass Zigtausende Menschen um ihren Job | |
bangen müssen“, sagte der Gewerkschafter. | |
Der von der IG Metall gestellte stellvertretende Vorsitzende des | |
TKS-Aufsichtsrats, Detlef Wetzel, erklärte, „Voraussetzung für | |
Verhandlungen über eine Neuaufstellung des Unternehmens“ sei deshalb „ein | |
harter Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen über März 2026 hinaus“. | |
TKS hatte [2][am Donnerstagabend verkündet], die Produktionskapazitäten um | |
mehr als 20 Prozent von 11,5 auf 9 bis 9,5 Millionen Tonnen reduzieren zu | |
wollen. Besonders treffen dürfte dies den Standort Duisburg: Von den | |
insgesamt 27.000 TKS-Beschäftigten arbeiten rund 13.000 in den dortigen | |
Stahlwerken, die als größtes zusammenhängendes Industrieareal Westeuropas | |
gelten und fast fünfmal so groß sind wie das Fürstentum Monaco. | |
## Konkurrenz und schwache Nachfrage | |
Aktuell leidet die Stahlsparte des Gesamtkonzerns, der etwa auch im | |
Kriegsschiffbau und im Rohstoffhandel aktiv ist, unter Billigkonkurrenz aus | |
Asien und schwächelnder Nachfrage durch die Automobilindustrie. Für das 4. | |
Quartal 2023 hatte der Gesamtkonzern deshalb einen Verlust von 314 | |
Millionen Euro ausweisen müssen – im Vorjahreszeitraum war noch ein Gewinn | |
von 75 Millionen verbucht worden. | |
In der Gesamtkonzern-Zentrale in Essen wird seit Langem daran gearbeitet, | |
die Verantwortung für das volatile Stahlgeschäft zu reduzieren. Monatelang | |
verhandelte Thyssenkrupps seit Juni 2023 amtierender Gesamtkonzernchef | |
Miguel Lopez mit der EPH-Holding des tschechischen Milliardärs Daniel | |
Kretinsky über die Gründung eines Joint Ventures beim Stahl – bisher ohne | |
Ergebnis. | |
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Stahltochter TKS, der einstige | |
SPD-Vorsitzende und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, hatte schon Ende | |
Februar versucht, die Belegschaft auf Einschnitte vorzubereiten: TKS müsse | |
zu einem Unternehmen werden, das sich „seine Investitionen selbst verdient | |
und nicht immer wieder auf die Hilfe des Konzerns oder eines neuen | |
Anteilseigners angewiesen ist“, erklärte Gabriel im Interview mit der | |
Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). | |
Nordrhein-Westfalens grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur erklärte | |
dagegen, Produktionskürzungen und drohender Arbeitsplatzabbau seien „eine | |
enttäuschende Nachricht“ – schließlich unterstützen Bund und Land | |
Thyssenkrupp bei der Umstellung auf klimaneutrale Produktion mit 2 | |
Milliarden Euro. Allerdings: Die Umstellung eines einzigen Hochofens von | |
Kokskohle auf grünen Wasserstoff kostet 3 Milliarden Euro – und allein im | |
Duisburger Norden stehen davon vier. Dazu kommen zwei weitere Hochöfen im | |
Duisburger Süden bei der Konzernbeteiligung Hüttenwerke Krupp Mannesmann | |
(HKM). | |
## Transformation kostet 18 Milliarden Euro | |
Insgesamt dürfte die Umstellung damit also 18 Milliarden Euro kosten – | |
Geld, das der Stahlkonzern nicht hat. Betriebsräte und [3][Gewerkschaft] | |
bleiben dennoch kämpferisch: Für den 30. April haben sie zu einer | |
Belegschaftsversammlung eingeladen – in der Arena des MSV Duisburg. „Wir | |
erwarten einen Großteil der 27.000 Kolleginnen und Kollegen“, sagt | |
Betriebsratschef Tekin Nasikkol – „und werden unseren Forderungen Nachdruck | |
verleihen“. | |
14 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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