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# taz.de -- Ausladung von Nancy Fraser: Rost an der liberalen Demokratie
> Absagen im Mehrfach-Pack: Die neue Cancel Culture mit Schwerpunkt gegen
> linke Jüdinnen ist selbstbeschädigend.
Bild: Nancy Fraser ist Philosophin und eine der bekanntesten US-amerikanischen …
Die US-Philosophin Nancy Fraser hat im Oktober 2023 den offenen Brief
„Philosophy for Palestine“ unterschrieben. Dieser Text verkleinert den
Terror der Hamas und malt die Schuld Israels umso größer. Er war einseitig.
[1][Die Uni Köln hat nun deshalb eine Gastprofessur von Fraser abgesagt].
Man muss kein Anhänger des „Philosophy for Palestine“-Textes sein, um das
mehr als ungut zu finden. Der offene Diskurs in Kunst und Wissenschaft wird
derzeit in Deutschland administrativ eingeschränkt. Der Fall Fraser ist
nicht der erste und wird wohl nicht der letzte sein.
Der afrikanische Starphilosph Achille Mbembe wurde mit völlig überspitzten
Antisemitismusbeschuldigungen ausgegrenzt. Eine Ausstellung von Candice
Breitz wurde abgesagt, die Künstlerin als antisemitisch verleumdet. Die
US-Musikerin Laurie Anderson verzichtete dankend auf eine Gastprofessur in
Essen, nachdem ein Blogger scheinbar Unbotmäßiges aus dem Netz gekramt
hatte. Bremen zog sich von einer Preisverleihung an Masha Gessen zurück,
weil sie den Gazakrieg mit NS-Verbrechen verglichen hatte. Diese Reihe ist
noch viel länger. Wenn etwas aussieht wie ein Wald und riecht wie ein Wald,
dann ist es wahrscheinlicher einer. In diesem Fall: ein deutscher Wald.
Auffällig ist das strahlend reine Gewissen jener Deutschen, die sich als
heldenmütige Verteidiger der Errungenschaften der bundesdeutschen
Erinnerungspolitik inszenieren. Faktisch trifft diese
Anti-Antisemitismus-Cancel-Culture auffällig oft linke Jüdinnen wie
Breitz, Gessen oder Fraser. Genau jene Medien, die sonst heftig vor
links-woker Cancel-Culture warnen, winken diese hier lässig durch.
[2][Jürgen Kaube stellt in der FAZ treuherzig fest], mit einer
„Einschränkung der Meinungsfreiheit“ habe der Fall Fraser gar nichts zu
tun.
## Verfestigte Verbotspraxis
Auch diese rhetorischen Nebelkerzen können nicht verhüllen, dass sich hier
rasant eine Verbotspraxis verfestigt. Wie viele Ideologien wird diese
irgendwann an eigenen Widersprüchen scheitern. Jede scharfe Kritik an der
teilweise rechtsextremen Regierung in Jerusalem und dem Besatzungsregime zu
sanktionieren beschädigt die Meinungsfreiheit und frisst sich wie Rost in
einen Kern der liberalen Demokratie.
Die New York Times hat den Preis dieser Praxis taxiert und in der Berliner
Kulturszene ein „Klima der Angst und der Schuldzuweisungen“ entdeckt.
Berlin sei als geistig offener Ort ernsthaft gefährdet. Das ist mehr als
Sorge um Standortpolitik. Diese per Staatsräson abgestützte Verbotspraxis
ist auch eine Selbstbeschädigung. Das bundesdeutsche Selbstverständnis,
betont liberal und betont weltoffen zu sein, war auch eine Reaktion auf
Hybris und Abschottung des NS-Regimes. Gilt das nicht mehr?
14 Apr 2024
## LINKS
[1] /Debatte-um-Nancy-Fraser/!6003850
[2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/unberechtigte-kritik-an-der…
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Gaza-Krieg
cancel culture
Schlagloch
Björn Höcke
Israel
Boykott
Meinungsfreiheit
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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