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# taz.de -- Widerstand gegen Putschregime in Myanmar: Generäle verlieren die K…
> Die Militärjunta erleidet mit dem militärischen Verlust der wichtigen
> Grenzstadt Myawaddy eine weitere Niederlage. Die Kampfmoral der Truppen
> sinkt.
Bild: Ein thailändischer Soldat bewacht im Grenzort Mae Sot die Brücke ins my…
Berlin taz | Die seit Tagen auf die Stadt Myawaddy im Südosten Myanmars
vorrückenden Rebellen haben die wichtige Grenzstadt am Donnerstag offenbar
eingenommen. Kämpfer der Karen National Liberation Army (KNLA) im Bündnis
mit Milizen der nach dem Putsch entstandenen Volksverteidigungskräfte (PDF)
haben nach eigenen Angaben in der Nacht den Widerstand des letzten dort
verbliebenen Bataillons 275 gebrochen.
Augenzeugen bestätigten dies gegenüber Agenturen. 200 Soldaten zogen sich
nach Rebellenangaben an eine Brücke zurück, die über den Grenzfluss Moie
zur benachbarten thailändischen [1][Stadt Mae Sot] führt. Offenbar wollen
sie fliehen.
Thailand hat sein Militär dort bereits verstärkt. Schon am Wochenende hatte
Myanmar mit Erlaubnis der Regierung in Bangkok ein Flugzeug nach Mae Sot
geschickt, um geflohene Juntakräfte nach Myanmar zurückzubringen. Doch flog
der Jet thailändischen Medien zufolge wieder ohne Passagiere zurück.
Dienstagabend hatten die Rebellen ihren finalen Angriff auf die Stadt
gestartet, nachdem Gespräche über eine Kapitulation des Bataillons
ergebnislos waren. Der Angriff löste eine Flucht von Zivilisten über die
Grenzbrücke aus. Nach thailändischen Angaben verdoppelte sich dort die Zahl
der Einreisenden ins Königreich.
## Rebellen kontrollieren auch die Straße nach Myawaddy
Erst am letzten Wochenende hatten die Rebellen den Stützpunkt eines
Bataillons in Thin Gan Nyi Naung einige Dutzend Kilometer westlich von
Myawaddy eingenommen. Dabei kapitulierten die 400 Verteidiger, die bisher
den Zugang zur Grenzstadt kontrollierten, mit 200 Familienangehörigen. Die
Rebellen erbeuteten so zahlreiche Waffen und Munition.
Myawaddy hat etwa 60.000 Einwohner und ist vom Handelsvolumen her der
wichtigste Grenzort zu Thailand. In den letzten Jahren waren [2][in der
Umgebung der Stadt dort zahlreiche Kasinos und Cyberbetrugsfabriken]
entstanden, an denen das Militär mutmaßlich mitverdiente.
Vom Hinterland ist die Stadt nur über eine einzige große Straße erreichbar.
Da diese jetzt Rebellen kontrollieren, konnte das Militär, das wegen seines
Mehrfrontenkrieges landesweit unter Druck steht, seine Truppen nicht
verstärken und nur noch einige Luftangriffe fliegen.
Auf Thailands Seite der Grenze leben zum Teil seit Jahrzehnten 90.000
Flüchtlinge aus Myanmar, dem einstigen Birma. Viele gehören zur Minderheit
der Karen, von denen viele Christen sind. Die Karen National Union (KNU)
und ihr militärischer Arm KNLA kämpfen seit der Unabhängigkeit des Landes
1948 gegen die Zentralregierung und sind die am längsten Widerstand
leistenden ethnischen Rebellen im Land.
## Alte Rebellen, junge Aktivisten: ein erfolgreiches Bündnis
KNU und KNLA haben seit dem Putsch 2021 viele untergetauchte Aktivisten aus
den Städten militärisch trainiert. Umgekehrt haben die zum Teil gut
gebildeten Städter ethnischen Rebellen geholfen, nicht nur ihre eigene
Waffenproduktion etwa mittels 3D-Drucker zu verstärken, sondern auch
schlagkräftige Drohnen zu bauen.
Vor einer Woche wurde erstmals die vom Militär strategisch im Landesinneren
platzierte neue Hauptstadt Naypyitaw mit einem Dutzend Drohnen von Rebellen
angegriffen. Ziele waren der Flughafen und der Sitz des Putschführers Min
Aung Hlaing.
Zwar schoss das Militär nach eigenen Angaben alle Drohnen ab. Dennoch war
der beispiellose Angriff ein psychologischer Schlag gegen die Junta. Denn
er zeigt ihren Kontrollverlust. Sie gerät immer stärker in die Defensive,
nicht zuletzt, weil auch die Kampfmoral der Soldaten sinkt, nicht zuletzt,
weil sich auch die Armut der Bevölkerung angesichts der vom Putsch
ausgelösten Wirtschaftkrise vergrößert hat.
Umgekehrt konnten die hoch motivierten Rebellen, die keinerlei
Unterstützung ausländischer Mächte erhalten, seitdem viele Waffen erobern.
Die Junta versucht ihre Truppen jetzt mit einer [3][Wehrpflicht] zu
verstärken. Doch treibt diese manche Wehrpflichtige auch in die Arme der
Rebellen.
Am Donnerstag haben auch in Myanmars Norden mit der Kachin Independent Army
(KIA) verbündete Rebellen [4][eigenen Angaben zufolge] eine wichtigen
Militärstützpunkt erobert. Von dort hatte das Militär den Zugang zur Stadt
Hpakant kontrolliert, dem wichtigstem Ort zum Abbau wertvoller Jade. Die
erfolgreiche Offensive der anti-diktatorischen Rebellen hatte Ende Oktober
im Shan-Staat begonnen.
## Thailand rechnet mit vielen weiteren Flüchtlingen
Laut der renommierten myanmarischen Menschenrechtsorganisation [5][AAPPB]
sind seit dem Putsch am 1. Februar 2021 insgesamt 4.882 Zivilisten vom
Militär getötet und 26.510 festgenommen worden, 20.337 sind noch in Haft.
164 Personen wurden seitdem zum Tode verurteilt. Angaben über die
militärischen Verluste beider Seiten gibt es nicht, sie dürften aber in die
Zehntausende gehen. Es gibt laut [6][UN-Nothilfeageuntur Ocha] inwischen
mehr als 2,8 Millionen Binnenflüchtlinge.
Thailands Außenminister [7][Parnpree Bahiddha-Nukara erklärte diese Woche,
sein Land sei zur Aufnahme von (weiteren) 100.000 Flüchtlingen aus Myanmar
bereit]. Die Flüchtlinge dürfen aber meist die Grenzregion nicht verlassen
und haben kaum legale Arbeitsmöglichkeiten. Das macht sie leicht
ausbeutbar.
Laut thailändischen Medienberichten ist die Grenzstadt Mae Sot, wo sehr
viele Flüchtlinge aus Myanmar leben, der beliebteste Stationierungsort für
thailändische Polizisten. Denn hier lässt sich von Flüchtlingen aus Myanmar
leicht Geld erpressen.
11 Apr 2024
## LINKS
[1] /Flucht-aus-Myanmar/!5881711
[2] /Grenzregion-als-Paradies-fuer-Kriminelle/!5874979
[3] /Myanmar-unter-dem-Militaerregime/!6001448
[4] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/kia-seizes-myanmar-jun…
[5] https://aappb.org/?p=27929
[6] https://reliefweb.int/report/myanmar/myanmar-humanitarian-update-no-37-5-ap…
[7] https://www.bangkokpost.com/learning/advanced/2774153/thailand-prepares-for…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
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