Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kuratorin über tanzenden Autor Grass: „Ein Lebensgefühl des Los…
> Günter Grass liebte den Tanz und bewunderte ihn als Kunstform. Daran
> erinnert eine Ausstellung im Lübecker Grass-Haus.
Bild: Hommage an einen großen Schriftsteller: Ausstellungsraum im Lübecker Gr…
taz: Frau Wittmer, lernen wir Günter Grass in Ihrer Ausstellung neu kennen?
Dass er getanzt hat, entspricht so gar nicht dem grimmigen Bild, das man
von ihm hat.
Julia Wittmer: Oh, definitiv. Das ist eine Seite von ihm, die kaum
beleuchtet ist. Dabei war Grass ist ein sehr leidenschaftlicher,
dynamischer Tänzer. Es gibt ein Video, wie er auf der Frankfurter Buchmesse
mit einer Sängerin tanzt, die seine Lesung begleitet hat. Und 1999 druckten
alle schwedischen Zeitungen auf den Titelseiten kein langweiliges Foto von
der Verleihung, sondern ein Bild von ihm und seiner Frau Ute, wie sie nach
der Preisverleihung tanzen.
Wie verändert der Tanz Grass als Figur?
Für mich war er schon immer sehr facettenreich. Aber viele andere Künstler
hat das schon beeindruckt. [1][Salman Rushdie] beschreibt zum Beispiel,
Grass an seinem eigenen 75. Geburtstag tanzen zu sehen sei sehr
eindrücklich für ihn gewesen.Was tanzte Grass gern?
Alle möglichen Paartänze, von Foxtrott, Schieber, Walzer bis Tango.
Und was bedeutete er ihm?
In seinem autobiografischen Werk „Beim Häuten der Zwiebel“ beschreibt er,
wie er als 13-Jähriger von den Frauen das Paartanzen gelernt hat, als alle
Männer als Soldaten im Krieg waren. Die frühe [2][Nachkriegszeit] hat Grass
dann als tanzwütige Zeit beschrieben. Man habe die Befreiung und das
Überleben gefeiert. Tanz ist für ihn dort ein Lebensgefühl des Loslassens.
Durch die Kunstform Tanz entwickelte er im Verlauf seines Lebens auch so
eine Art Kunstverständnis. Einer seiner ersten Essays hieß „Die Ballerina�…
Darin beschreibt er das klassische Ballett als eine der perfektesten und
damit formvollendetsten aller Künste. Er vergleicht die Ballerina mit einer
Art Tanzmaschine.
In einem Interview von 2003 erzählt Grass, um Mitternacht mit seiner Frau
Ute in der Küche zu tanzen sei „augenblickliches Glück“. War Ute, seine
letzte Ehefrau, Grass' liebste Tanzpartnerin?
Ich denke, dass er besonders gerne mit ihr getanzt hat. Allerdings ist auch
seine erste Ehefrau Anna eine wichtige Figur. Sie war Balletttänzerin, und
er ging gemeinsam mit ihr nach Paris, weil sie sich dort ausbilden ließ.
Grass hat in Paris wiederum „Die Blechtrommel“ geschrieben. Auch darin
spielt der Tanz eine wichtige Rolle. In der Ausstellung machen wir auf die
berühmte Tribünenszene aus dem Werk aufmerksam. In dieser versteckt sich
Oskar unter dem Rednerpult während einer Versammlung der
Nationalsozialisten. Von dort aus bringt er die Musiker mit seiner Trommel
aus dem Takt und damit die versammelte Menge zum Tanzen. Ein Thema, das
nach wie vor aktuell ist, denn auch wir möchten die Nazis natürlich weiter
aus dem Takt bringen.
Zur Eröffnung am heutigen Mittwoch legt der 63-jährige Loveparade-Gründer
und DJ Dr. Motte auf. Wie passt seine [3][Technomusik] zu einem
leidenschaftlichen Paartänzer wie Grass?
In „Mein Jahrhundert“ schreibt Grass 1999 über die Loveparade, so ist die
Idee entstanden. Wir haben das in der Ausstellung auch thematisiert,
deshalb [4][passt Dr. Motte dazu gut]. Der Gestalter unserer Ausstellung
ist mit ihm bekannt, und es stellte sich heraus, dass auch er großer
Günter-Grass-Fan ist. Die beiden haben einander aber nie getroffen, und
Grass war selbst auch nie auf einer Loveparade.
31 Mar 2024
## LINKS
[1] /Friedenspreis-fuer-Salman-Rushdie/!5965166
[2] /Kinotipp-der-Woche/!5992077
[3] https://open.spotify.com/playlist/0DnW5AJWBGpgCkD8AdsoEN
[4] /Berlin-Techno-in-Unesco-Liste/!5996034
## AUTOREN
Theresa Moosmann
## TAGS
Günter Grass
Lübeck
Ausstellung
Tanz
Tanzen
Literatur
Schwerpunkt Leipziger Buchmesse 2024
Thomas Mann
Kino
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vergessene Autorinnen der Gruppe 47: Schöne Mädchen für das Fest
Dass bei der Gruppe 47 auch Autorinnen vorlasen, ist fast vergessen. Nicole
Seifert erzählt von ihnen und analysiert den damaligen Literaturmachismus.
Zukunft des Lübecker Buddenbrookhauses: Wer bestimmt, was Identität bildet?
Der Streit über den Ausbau des Buddenbrookhauses scheint beigelegt. Offen
aber ist weiter die Frage, wofür das neue Museum stehen wird.
Katharina Thalbach über die „Blechtrommel“: „Hä? Intimitätskoordinator…
Zum 40. Oscar-Jubiläum kommt die Verfilmung der „Blechtrommel“ restauriert
in die Kinos. Katharina Thalbach erinnert sich an die Dreharbeiten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.