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# taz.de -- Andreas Scheuer verlässt Bundestag: Steiler Aufstieg, steiler Abst…
> Um Andreas Scheuer war es ruhig geworden. Jetzt hat sich der frühere
> Bundesverkehrsminister überraschend aus dem Bundestag verabschiedet.
Bild: Der ehemalige Bundesverkehrsminister Scheuer, hier im Untersuchungsaussch…
München taz | Zwei Zahlen werden in Verbindung mit [1][Andreas Scheuer] in
Erinnerung bleiben. Die eine ist ja noch lustig: 10.000 lautet sie. So
viele Besucher begrüßte Scheuer in seiner Eigenschaft als
CSU-Generalsekretär in der Passauer Dreiländerhalle zum Politischen
Aschermittwoch. Als ihm vorgehalten wurde, dass aus feuerpolizeilichen
Gründen noch nicht einmal 5.000 in die Halle dürften, deklarierte er das
Stammtischpublikum kurzerhand in „gefühlt zehntausend Menschen“ um, eine
Begrifflichkeit, die ins quasi-offizielle Vokabular der CSU einging.
Die andere Zahl – das ist die weniger lustige – fällt in seine Zeit als
Verkehrsminister, der er im letzten Merkel-Kabinett war. Sie beläuft sich
auf nicht weniger als 243 Millionen. Diese Summe in Euro kostete die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler das CSU-Abenteuer mit der PKW-Maut.
Die Maut selbst war zwar eher das Baby von Scheuers Vorgänger Alexander
Dobrindt und dem damaligen CSU-Chef Horst Seehofer, die
Schadenersatzzahlung wurde allerdings fällig, weil Scheuer die
Betreiberverträge abgeschlossen hatte, ohne eine Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs abzuwarten. Dieser kippte das ganze Projekt
schließlich im Jahr 2019. Seither war Scheuers Ruf mehr als lädiert, auch
in der eigenen Partei fand er kaum noch Rückhalt. Sogar beim Politischen
Aschermittwoch erntete er Pfiffe. Für Scheuer dürften sie sich wie
zehntausend angefühlt haben.
## Nächstes Ziel unbekannt
Jetzt hat der Niederbayer, der im Herbst seinen 50. Geburtstag feiert,
endgültig seine politische Karriere beendet. Nachdem er bereits zum
Jahreswechsel angekündigt hatte, nicht mehr zur nächsten Bundestagswahl
anzutreten, gab er am Montag selbst für Parteifreunde überraschend den
sofortigen Verzicht auf sein Mandat bekannt: „Es war mir eine Ehre, für
unser Land und für meine Heimat arbeiten zu dürfen.“ Zu seinen Beweggründen
äußerte sich Scheuer ebenso wenig wie zu der Frage, wo es ihn nun nach 22
Jahren im Bundestag hinzieht.
Dass er politisch in die erste Reihe rücken durfte, hatte Scheuer vor allem
Seehofer zu verdanken, der ihn anfangs noch als Lausbub bezeichnet haben
soll, der erst mal ein Praktikum machen müsse. Dem Lausbuben-Image wurde
Scheuer jedoch auch später immer wieder durch unkontrollierte Äußerungen
und Aktionen gerecht. So geht der Satz „Lampedusa darf kein Vorort von
Kiefersfelden werden.“ auf Scheuer zurück.
Für deutlich mehr Wirbel allerdings sorgte dieses Zitat: „Entschuldigen Sie
die Sprache: Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender
Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst du nie wieder
abschieben.“ In der Formulierung indiskutabel bringt es zugleich den
Grundsatz der christsozialen Migrationspolitik auf den Punkt, wonach die so
oft geforderte Integration zumindest bei nicht anerkannten Flüchtlingen zu
verhindern sei, um kein Abschiebehindernis zu schaffen.
## Rendezvous mit Rechtsaußen
Aufsehen erregte auch der Besuch einer kleinen, von Scheuer angeführten
CSU-Delegation bei Floridas höchst umstrittenem Gouverneur Ron DeSantis vor
knapp einem Jahr. „Die starken strategischen und außenpolitischen
Einschätzungen des Gouverneurs heben die transatlantische Zusammenarbeit
hervor“, schrieb der CSU-Politiker hinterher auf Twitter über den
Republikaner, der in seinem Bundesstaat beispielsweise eine stark homophobe
Politik umsetzt.
Bis Scheuer nun seine weiteren beruflichen Pläne bekannt gibt, lässt sich
natürlich fröhlich spekulieren: Winkt ihm ein lukrativer Posten bei einem
bayerischen Autokonzern? Zieht es den bekennenden Transatlantiker, dessen
Lebensgefährtin als Lobbyistin für Facebook arbeitet, zu einem
amerikanischen Arbeitgeber? Macht der Oldtimer-Liebhaber nun einen
Gebrauchtwagenhandel in Passau auf? Oder geht Scheuer, der vor wenigen
Monaten zum zweiten Mal Vater wurde, erst mal in Elternzeit? Am
Dienstagnachmittag war das Nachrichtenportal „Business Insider“ bereits auf
einer heißen Spur: Ein Blick in Handelsregister-Unterlagen würde
offenlegen, dass Scheuer bereits vor zwei Wochen zwei Firmen gegründet hat,
die auf eine Tätigkeit als Unternehmensberater schließen lassen.
Für die CSU ist sein Abschied aus dem Bundestag zumindest in einer Hinsicht
auf jeden Fall ein Verlust: Da Scheuer trotz starken Stimmenverlustes auch
bei der Bundestagswahl 2021 als Direktkandidat ins Parlament eingezogen
war, gibt es keinen Nachrücker. Die Landesgruppe schrumpft.
2 Apr 2024
## LINKS
[1] /Ex-Verkehrsminister/!6001507
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
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