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# taz.de -- Verteidigungstreffen in Warschau: Deutscher Zwist kommt nicht gut an
> Der Bundesverteidigungsminister und sein polnischer Amtskollege
> bekräftigen weitere Waffenlieferungen für die Ukraine. Den Krieg
> einfrieren will niemand.
Bild: Pistorius und sein polnischer Amtskollege Władysław Kosiniak-Kamysz gem…
Warschau taz | Das Taurus-Debakel wird er nicht los, die Bundeswehr braucht
dringend mehr Personal, eine Rückkehr des Wehrdienstes droht, und
Munitions- und Waffenlieferungen an die Ukraine stocken unter den
Verbündeten. Es sind keine einfachen Zeiten, in denen
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an diesem Montag nach
Polen reist. Hinzu kommen die Aussagen von [1][SPD-Fraktionschef Rolf
Mützenich], Pistorius' Parteifreund immerhin, der in der vergangenen Woche
im Bundestag forderte, den Krieg in der Ukraine „einzufrieren“, um
Verhandlungen und Friedensoptionen möglich zu machen.
Also muss sich der Minister Pistorius erklären. Polen ist einer der engsten
Verbündeten Kyjiws und zentral für Waffenlieferungen an die Ukraine. Die
Ausgaben für Verteidigung hat Polen bis auf rund vier Prozent des
Bruttoinlandsproduktes angehoben. Kaum ein anderes Nato-Mitglied erreicht
diese Quote.
Es ist nicht der erste Besuch des Ministers in Polen. Bereits im Sommer
2023 traf er seinen damals noch amtierenden Kollegen Mariusz Blaszczak und
besuchte mit ihm eine der Patriot-Feuerstellungen des deutschen
Einsatzkontingents. Rund 300 deutsche Soldat:innen sind derzeit in
Zamość stationiert, etwa 240 Kilometer von Warschau entfernt und unweit der
ukrainischen Grenze. Es geht um die Stärkung der Nato-Ostflanke, um im Fall
der Fälle, wenn es zu einem Angriff aus der Luft von russischer Seite
kommt, diesen abzuwehren. Teil der Abschreckung ist auch die Stationierung
von rund [2][4.000 deutschen Soldat:innen in Litauen].
Am Montag traf Pistorius in Warschau zunächst auf den
Holocaust-Überlebenden und Präsidenten des Auschwitz-Komittees, Marian
Turski. Der Gang durch eines der bekanntesten Museen zur Geschichte der
polnischen Juden ist bei weitem nicht nur ein Pflichtbesuch für jeden
deutschen Minister. Der Ritt durch die Jahrhunderte zeigt – wie so häufig
–, wie alles mit allem zusammenhängt: Aufbau und Vertreibung,
Grenzverschiebungen, Krieg, Hoffnung und Leid.
Als der Minister in einem der Räume sich eine nachgebaute Synagoge
anschaut, deren Bauten mit bildreichen Symbolen verziert ist, zeigt
Pistorius’ Guide durchs Museum auf ein Bild mit einem Leoparden. Dies sei
sein Lieblingsbild, es sehe so aus wie ein Kätzchen mit Sommersprossen. Der
Minister muss lachen, der Journalist:innentross ebenso.
In der Debatte um die Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern, die
emotional aufgeheizt zu einer Forderung nach „Befreit die Leos“ wurde,
zögerte die Bundesregierung monatelang, bis es dann schließlich zu einer
Freigabe der Panzer für die Ukraine kam. Erst im Januar 2024 wurden weitere
Panzer dieses Typs über die Niederlande und Dänemark, mit der Zustimmung
Deutschlands, geliefert.
Die Leo-Causa ist vorbei. Die Taurus-Debatte noch nicht. Zwar hat Kanzler
Olaf Scholz mehrfach klargemacht, dass es mit ihm keine Lieferung an die
Ukraine geben werde. Die hohe Reichweite von bis zu 500 Kilometern des
Marschflugkörpers ließe dies nicht zu, zudem müssten deutsche
Soldat:innen bei der Justierung des Systems unterstützen – aus seiner
Sicht. Auch ein Machtwort des Kanzlers konnte die Diskussion um den Taurus
nicht beenden.
## Einigkeit demonstrieren
Pistorius und sein polnischer Amtskollege Władysław Kosiniak-Kamysz
bekräftigten derweil am Montag gemeinsam, dass die Militärhilfen für die
Ukraine nicht nachlassen dürften. Putin versuche jeden Tag, den Westen zu
spalten, so Pistorius. „Man darf sich an den Krieg nicht gewöhnen“, sagt
Kosiniak-Kamysz. Pistorius ist der erste ausländische Staatsgast, den er
mit militärischen Ehren empfangen hat. Für beide ist das die Botschaft, die
an den russischen Aggressor Putin gehen muss: Einigkeit unter den
Bündnispartnern.
Und noch eine Botschaft hat insbesondere Pistorius am Montag: Weder ein
Einfrieren des Konflikts, wie von Mützenich ins Spiel gebracht, noch ein
Waffenstillstand kämen infrage. Dies würde am Ende nur Putin helfen. Der
polnische Amtskollege kommentiert den Vorstoß Mützenichs lediglich als
„ungünstig“: „Wir verteidigen nicht nur unsere Territorien, sondern auch
unsere Werte.“ Mehr Breitseite an den SPD-Fraktionschef geht kaum.
Mehr als zwei Jahre dauert die russische Invasion nun an. Die ukrainische
Armee gerät zunehmend in die Defensive, zumindest sind keine großen
Geländegewinne zu vermelden. Es fehlt vor allem an Munition und weiteren
Waffenlieferungen. Die große Ungewisse sind die USA. Dort werden von
Republikanern weiterhin Militärhilfen in Höhe von rund 60 Milliarden
US-Dollar blockiert.
Der innerdeutsche Zwist beim verteidigungspolitischen Kurs kommt in
Warschau nicht gut an. Auch wenn bei einem Treffen des sogenannten Weimarer
Dreiecks Ende in der vergangenen Woche in Berlin die Staatschefs aus
Frankreich, Polen und Deutschland traute Einigkeit demonstrierten. Für
Zwist hatte zuletzt der Vorstoß des französischen Präsidenten Macron
gesorgt, der einen Bodentruppeneinsatz in der Ukraine wiederholt nicht
ausgeschlossen hat. Ähnliche Töne kommen inzwischen aus Finnland und den
baltischen Staaten.
Aus polnischer Sicht ist aber klar: Polen hat keine Absicht, Truppen in die
Ukraine zu schicken, sagt Kosiniak-Kamysz. Schon im Mai soll auf
Verteidigungsminister-Ebene das nächste Treffen des Weimarer Dreiecks
stattfinden. Dieses Mal in Polen. Vermutlich wird die Truppenfrage dann
erneut auf den Tisch kommen.
18 Mar 2024
## LINKS
[1] /Szenarien-nach-dem-Ukrainekrieg/!5996013
[2] /Besuch-bei-der-Bundeswehr-in-Litauen/!5981334
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Boris Pistorius
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