# taz.de -- Academic Freedom Index 2024: Forschungsfreiheit auf dem Rückzug | |
> Fast die Hälfte aller Forschenden weltweit fühlt sich in Forschung und | |
> Lehre eingeschränkt. Deutschland kommt im Vergleich noch gut weg. | |
Bild: Ein rückgang der Wissenschaftsfreiheit wurde in Ungarn festgestellt, hie… | |
Die Wissenschaftsfreiheit ist weltweit immer schlechter geschützt: 45,5 | |
Prozent der Forschenden gaben gegenüber dem „[1][Academic Freedom Index]“ | |
an, nicht frei forschen und lehren zu können. Der Index wird von der | |
Universität Erlangen-Nürnberg und der Universität Göteborg in Schweden | |
erhoben und bezieht sich auf das Jahr 2023. Die Wissenschaftsfreiheit | |
erreichte ihren Höhepunkt im Jahr 2006. Jetzt ist sie wieder auf dem Niveau | |
von 1973. | |
Für den Index befragten Forschende mehr als 2.300 Experten aus 179 Ländern. | |
Diese gaben unter anderem Auskunft über die Freiheit von Forschung und | |
Lehre, die Freiheit des akademischen Austauschs und der | |
Wissenschaftskommunikation sowie die institutionelle Autonomie. | |
Die Forscher:innen haben in 23 Ländern einen Rückgang der | |
[2][Wissenschaftsfreiheit] festgestellt. El Salvador, Hongkong, Ungarn, | |
Indien, Russland und Venezuela sind darunter. In zehn Ländern fühlten sich | |
die Forschenden jedoch freier als im Vorjahr. Brasilien, Montenegro, | |
Nordmazedonien und Thailand verzeichneten positive Entwicklungen. | |
Tschechien, Estland und Belgien erzielten im Gesamtranking die besten | |
Freiheits-Werte. Deutschland belegt Platz elf. | |
Der Academic Freedom Index untersuchte auch die Tendenzen zur wachsenden | |
[3][Polarisierung der Gesellschaft]. Die Daten zeigen, dass Polarisierung | |
mit Wissenschaftsfeindlichkeit verbunden ist. Außerdem korreliert sie mit | |
dem Rückgang der akademischen Freiheit. Die Verfasser der Studie betonen | |
daher, wie wichtig es ist, die Autonomie der Hochschulen zu schützen. Denn | |
nur so können sie der Polarisierung durch offenen Diskurs, fundierte | |
Wissensproduktion und Bildung entgegenwirken. | |
„Heute lebt nur noch jede dritte Person in einem Land, in dem die | |
Wissenschaftsfreiheit gut bis sehr gut geschützt ist“, fasst | |
Studienleiterin Katrin Kinzelbach das Ergebnis zusammen. Für den Index | |
berücksichtige sie „nicht nur Eingriffe von Regierungen, sondern auch | |
Einschüchterung durch Interessengruppen und andere Akteure“, erläutert die | |
Politikwissenschaftlerin. | |
Die Ergebnisse des Index müssten „Ansporn sein, für Wissenschaftsfreiheit | |
und Menschenrechte einzutreten“, erklärte Kai Gehring. Er ist | |
Grünen-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Forschungsausschusses | |
des Bundestags. „Programme für verfolgte Wissenschaftler*innen und | |
Studierende wollen wir weiter aus- und aufbauen, damit sie Schutz finden | |
und Arbeit oder Studium weiterführen können“, sagte der | |
Forschungspolitiker. | |
15 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://academic-freedom-index.net/ | |
[2] /Debatte-an-der-UdK-Berlin/!5992002 | |
[3] /Polarisierung-der-Gesellschaft/!5990121 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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