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# taz.de -- Stoltenberg-Nachfolge: Karussell um Nato-Chef eröffnet
> Der Niederländer Mark Rutte gilt als Favorit, nun bekommt er Konkurrenz
> aus Rumänien. Die Ostflanke wäre damit deutlich gestärkt. Aber es gibt
> Zweifel.
Bild: Favorit für den Nato-Chefposten: der niederländische Premierminister Ma…
Berlin taz | Rund zehn Jahre war er der Generalsekretär der Nato. Der
russische Angriffskrieg auf die Ukraine bescherte Jens Stoltenberg gar eine
zweimalige Verlängerung. Im Oktober soll nun Schluss sein für den Norweger.
Und es wird fieberhaft nach einer geeigneten Nachfolge gesucht. In Zeiten,
in denen das transatlantische Bündnis sich neu positionieren will und mit
zwei Großkonflikten – Ukraine und Nahost – enorm unter Druck steht, gibt es
hohe Erwartungen an das Amt und zugleich etliche Fallstricke.
Stoltenberg positionierte sich von Anfang an eindeutig zur Ukraine, sorgte
bei den Partnern für starke Verbündete, gilt als maßgeblicher Architekt für
den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands. Zugleich schaffte er es, das
Militärbündnis vom schalen Geschmack der „hirntoten“ Nato, wie der
französische Präsident Macron es nannte, zu befreien. In seine Zeit fielen
der [1][Abbruch strategischer Gespräche mit Russland], und auch eine Ära
mit Donald Trump als US-Präsident überstand Stoltenberg. Für so manchen
galt er gar als „Trump-Flüsterer“, der es mit den wirren Ideen des
Ex-Präsidenten aufnehmen konnte.
Stoltenbergs Rolle zu füllen wird eine Herausforderung. Eine, die [2][der
Niederländer Mark Rutte] annehmen will. Unterstützt wird der noch
amtierende niederländische Ministerpräsident von den USA, von
Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland. Erst vor wenigen Wochen
machte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz klar, wohin die Reise gehen
soll: [3][Eine stärkere Aufrüstung innerhalb der EU-Staaten], eine robuste
Ostflanke und mehr Unabhängigkeit innerhalb des Bündnisses von den USA.
## Gesucht: Frau, aus Osteuropa, mit hohem Verteidigungsetat
Ruttes Lobbyarbeit wurde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
deutlich gelobt – auf ihre Unterstützung kann er ebenso setzen. Dabei galt
kurzzeitig auch sie als ernstzunehmende Kandidatin für den Nato-Chefposten.
Aber von der Leyen hofft nun auf eine weitere Amtszeit als
EU-Kommissionspräsidentin.
Dabei hätte von der Leyen doch wenigstens eines der Kriterien erfüllt, die
sich einige Staatenvertreter:innen des Bündnisses wünschen. Eine Frau
an der Spitze der Nato hat es noch nie gegeben. Von der Leyen hätte die
erste sein können. Noch größer ist der Wunsch nach einer Chef:in aus
Osteuropa – geht es nach den baltischen Ländern, am liebsten aus Estland,
Litauen oder Lettland. Die estnische Premierministerin Kaja Kallas hatte
sich bereits in Stellung gebracht.
Allerdings ist es fraglich, ob in eisigen Zeiten mit Russland ausgerechnet
eine Vertreter:in Osteuropas, dazu noch aus einem Land, das unmittelbar
im Visier Putins ist, für den Chefposten geeignet ist. Aber die Esten
erfüllen ein weiteres wichtiges Kriterium, was den Niederlanden bisher
nicht gelingt. Estland gibt nahezu 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für
Verteidigung aus, die Niederlande werden an den geforderten 2 Prozent
vorbeischreddern.
Bei Letzterem könnte einer punkten, der ab Herbst auf Jobsuche ist: Klaus
Iohannis, rumänischer Präsident, erklärte am Dienstag offen seine
Kampfkandidatur gegen Rutte als Nato-Chef. Aus seiner Sicht wäre es allein
aufgrund der aktuellen Sicherheitslage notwendig, dass die Nato-Spitze aus
Osteuropa kommt. Auch den Verteidigungsetat hat Iohannis seit Kriegsbeginn
im Februar 2022 enorm aufgestockt. Schließlich steht Rumänien allein durch
die geografische Nähe zur Ukraine unter Druck.
Mit den USA abgesprochen ist seine Kandidatur offenbar nicht. Zum
Jubiläumsgipfel in Washington im Juli wollte sich das Bündnis eigentlich in
trauter Einigkeit auf einen neuen Chef einigen, auch um die Geschlossenheit
zu zeigen. Gastgeber US-Präsident Joe Biden hatte sich bereits offen für
Rutte ausgesprochen und wollte damit die Marschrichtung vorgeben.
Der neue Nato-Chef muss einstimmig von allen Mitgliedern des Bündnisses
beschlossen werden. Rutte hat etliche Unterstützer, aber der ungarische
Regierungschef Viktor Orbán hat bereits Widerstand angemeldet. Der Grund:
Zu viel Kritik an der Rechtsauslegung Ungarns. Hinzu kommt wohl auch eine
Spitze gegen die USA. Zeigte sich Orbán doch erst in den vergangenen Tagen
gemeinsam mit Ex-Präsident Trump und plauderte aus, dass dieser die Ukraine
kaum oder gar nicht mehr unterstützen wollen würde.
Und Iohannis? Seine Kandidatur kam überraschend. Bisher gibt es wenig
Unterstützung für ihn. Durchaus möglich, dass das Militärbündnis aus 32
Staaten sich weder auf Rutte noch auf den rumänischen Vertreter einigen
kann. Das Rennen um den Posten des Generalsekretärs ist also alles andere
als ausgemacht. Vielleicht wird es auch ein Altbekannter: Stoltenberg wurde
bereits zweimal verlängert, eine dritte Verlängerung ist wohl auch nicht
ausgeschlossen.
13 Mar 2024
## LINKS
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[3] /Ausbau-der-Ruestungsindustrie/!5993657
## AUTOREN
Tanja Tricarico
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