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# taz.de -- Die Wahrheit: Blütenweiße Bullen
> Irische Polizisten halten sich ungern an starre Regeln. Besonders im
> Straßenverkehr und bei der Verwendung von EU-Mitteln werden sie kreativ.
Ich hielt mit meinem Kleinwagen an einer roten Ampel in Dublin, wie es die
irische Straßenverkehrsordnung vorschreibt. Plötzlich fuhr ein weißes Auto
auf den Bürgersteig neben mir. Die Insassen, drei Polizisten, beschimpften
mich, weil sie sich nun an der Fußgängerampel vorbeizwängen mussten. Später
fand ich heraus, warum es die Streifenhörnchen so eilig hatten.
Polizisten nehmen es nicht so genau mit Vorschriften. Auf Irisch heißen sie
Garda Síochána – Wächter des Friedens. Ein Beamter ist seit drei Jahren vom
Dienst suspendiert, weil er ein Fahrrad entwendet hatte. Und das kam so:
Anfang 2020 wollte ein älterer Bauer auf Anraten seines Arztes ein Fahrrad
kaufen, weil er unter Durchblutungsstörungen litt. Dann brach jedoch die
Pandemie aus, und der örtliche Fahrradladen schloss. So bat er den
Polizisten um Hilfe.
Der holte ein Fahrrad aus dem Depot des Polizeireviers und lieferte es dem
Bauern mit seinem Dienstwagen. Am Ende der Pandemie sollte er es
zurückbekommen. Ein Kollege bemerkte aber, dass das Rad weg war, und machte
Meldung. Daraufhin schaltete sich das National Bureau of Criminal
Investigation ein, das für schwere Straftaten der Polizei zuständig ist.
Die Spezialeinheit durchsuchte die Wohnung des Polizisten, fand dort aber
kein Fahrrad und beschlagnahmte stattdessen sein Handy. Darauf fanden sich
Spuren, die zum durchblutungsgestörten Landwirt führten. Dem nahmen die
Kojaks das Fahrrad wieder weg und schickten die Akte an die
Staatsanwaltschaft. Die stufte die Sache als minder schweren Fall ein und
verzichtete auf eine Anklage, doch der Polizist blieb suspendiert, denn nun
wurde ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Die Polizisten lernen es von klein auf: Im Garda College für polizeiliche
Ausbildung in der Grafschaft Tipperary wird der uniformierte Nachwuchs
offenbar zu Kriminellen ausgebildet. Eine Untersuchung, die sechs Jahre
dauerte, hat neulich ergeben, dass fünf Prozent der von der EU für
Schulungskurse zur Verfügung gestellten Gelder auf ein Konto in Dublin
umgeleitet wurden. Man entdeckte 50 weitere Bankkonten, die offenbar der
Geldwäsche dienten. Darüber hinaus hatte der Nachwuchs Grundstücke
verpachtet, die gar nicht der Polizei gehörten.
Entgegen den Gerüchten wurde kein Geld für bessere Warteschleifenmusik
ausgegeben – für den Fall, dass kein Polizist Zeit zum Telefonieren hätte.
Laut einer internen Überprüfung wurden nämlich von 23.000 Notrufen rund
2.700 nicht angenommen. Vermutlich waren die Polizisten auf
Unterhaltungsevents oder in Freizeiteinrichtungen, denn dafür wurden die
EU-Mittel für die Kurse auf der Polizeischule in Wirklichkeit verwendet.
Ich habe das weiße Auto, das es so eilig hatte, kurze Zeit später vor einer
Bowlingbahn entdeckt. Die drei Beamten hätten das EU-Geld lieber für ihre
Fahrausbildung ausgeben sollen.
25 Mar 2024
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Polizisten
Straßenverkehr
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Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma
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