| # taz.de -- Cannabis-Gesetz eingetütet: Der erste Schritt zur Vernunft | |
| > Natürlich hat das Gesetz jede Menge Schwächen. Doch mit der Legalisierung | |
| > und dem ausbleibenden Weltuntergang wird sich manche Erkenntnis | |
| > durchsetzen. | |
| Bild: Privater Anbau von Cannabispflanzen in einem Aufzuchtszelt | |
| Vielleicht ist es einfach an der Zeit, sich nicht mehr aufzuregen. Das | |
| [1][Cannabisgesetz] der Ampelkoalition hat in dieser Woche auch die letzten | |
| Blockadeversuche im Bundesrat überstanden und kann nunmehr [2][am 1. April | |
| in Kraft treten], und das ist bei allen Schwächen des Gesetzes ein | |
| historischer Fortschritt. | |
| Man kann, was in der letzten Woche von Unionspolitiker*innen und | |
| Länderjustizminister*innen an Argumenten aufgefahren wurde, als | |
| letzte Zuckungen der sterbenden Prohibitionsideologie begreifen, und eine | |
| solche Einstellung hilft, um nicht zu verzweifeln. | |
| Da wird allen Ernstes als Argument angebracht, die Rückabwicklung nach dann | |
| neuer Gesetzeslage zu Unrecht ergangener Urteile im Zusammenhang mit | |
| Cannabisbesitz und -konsum sei zu aufwändig. Deshalb sollte das Gesetz so | |
| nicht kommen oder wenigstens nicht die rückwirkende Amnestie oder | |
| wenigstens nicht gleich. Merken diese Leute eigentlich, was sie da sagen? | |
| Was sie vor allem denjenigen sagen, die von solchen Urteilen betroffen | |
| sind, ja, deren Leben und berufliche Perspektiven die Prohibition zerstört | |
| hat? Es war bislang nicht zu aufwändig, jedes Jahr rund 180.000 vollkommen | |
| unsinnige Anzeigen im Cannabis-Zusammenhang zu bearbeiten und dann entweder | |
| einzustellen oder zu Urteilen zu kommen, aber die rückwirkende Amnestie ist | |
| zu anstrengend? Ernsthaft? | |
| ## Absurde Blüten | |
| Ein sächsischer CDU-Ministerpräsident, der zuvor schon verkündet hatte, er | |
| wolle das Gesetz in den Vermittlungsausschuss bringen und dafür sorgen, | |
| dass es da nie wieder herauskomme, stellt sich mit weinerlicher Stimme in | |
| den Bundesrat und berichtet, was für schlimme Auswirkungen des | |
| Crystal-Meth-Konsums er mit eigenen Augen gesehen habe. Bitte? Und | |
| CSU-Politiker*innen argumentieren, man brauche neben Alkohol und Nikotin | |
| nicht noch eine Droge – ja dann kifft halt nicht. | |
| Natürlich hat das in viel zu vielen Runden mit viel zu vielen | |
| Bedenkenträger*innen windelweich verhandelte Gesetz jede Menge | |
| Schwächen. Mit Eigenanbau und Anbauvereinigungen allein bekommt man den | |
| Schwarzmarkt natürlich nicht signifikant reduziert. Es braucht [3][dringend | |
| lizensierte Unternehmen und kontrollierte Vertriebswege]. Es ist auch | |
| überhaupt nicht einzusehen, dass Cannabis in Deutschland quasi das einzige | |
| Produkt überhaupt sein soll, was legal nur ohne Profitinteresse hergestellt | |
| werden darf. Was soll das? | |
| Die viele Jahrzehnte alte Debatte treibt noch immer absurde Blüten. Aber | |
| immerhin: Der erste Schritt ist getan. Und wenn – wie überall woanders, wo | |
| seit ein paar Jahren legalisiert ist – mal alle gemerkt haben, dass die | |
| Welt nicht davon untergeht, kann man auch wieder vernünftig reden. | |
| 22 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
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