# taz.de -- Nach Aus für Nationalpark Ostsee: Ein Kompromiss, den niemand mag | |
> Mit Einzelmaßnahmen will Schleswig-Holstein auf den schlechten | |
> Umweltzustand der Ostsee reagieren. Kritik daran kommt nun von fast allen | |
> Seiten. | |
Bild: Musste sich am Dienstag Kritik von Umweltschützern anhören: Ministerpr�… | |
RENDSBURG taz | Größere Schutzzonen, weniger Düngemittel und teilweise | |
Fischereiverbote sieht [1][das Konzept zum Schutz der Ostsee] vor, das die | |
schwarz-grüne Landesregierung in Kiel Anfang der Woche vorstellte. Einen | |
Nationalpark, wie die Grünen wollten, soll es zurzeit nicht geben. | |
Die Regierungsparteien loben ihren Kompromiss, aber der Streit geht weiter: | |
Umweltverbände halten das Paket aus 16 Maßnahmen für zu wenig, um dem Meer | |
wirksam zu helfen. Landwirtschaft und Fischereiverbände sehen dagegen | |
Probleme auf ihre Mitglieder zukommen. Größter Streitpunkt ist die Frage, | |
wie die Überdüngung des Meeres verringert werden kann. | |
Bis zum Jahr 2035 soll die Menge an Stickstoff und Phosphat, die aus | |
Düngemitteln von den Feldern in die Ostsee fließen, um 20 Prozent sinken. | |
„Das sind sehr kurze Zeiträume in der Landwirtschaft“, sagte Klaus Peter | |
Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, dem NDR. Es sei | |
„der größte Wurf, den wir jemals erreicht haben“. Lob für „dieses klare | |
Bekenntnis und die klare Bereitschaft der Landwirtschaft“ kam bei der | |
Parlamentsdebatte am Donnerstag von Cornelia Schmachtenberg (CDU). | |
Doch aus Sicht der Kritiker:innen ist das scheinbare Versprechen | |
keines: „Die Nährstoffeinträge in die Küstengewässer müssen im Zuge der | |
Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 ohnehin drastisch reduziert werden, das ist | |
geltendes EU-Recht“, sagt [2][der Nabu-Landesvorsitzende Alexander | |
Schwarzlose.] Die Regierung wolle „diese alte Pflicht als neue | |
Errungenschaft verkaufen“. | |
## „Der Schweinswal wird profitieren“ | |
Spott gab es im Landtag auch von Sandra Redmann, der umweltpolitischen | |
Sprecherin der SPD: „Eine ganz wunderbare Einigung, bei der die ersten | |
Regeln erst 2026 greifen und ab 2030 Erfolge erzielt werden.“ Sie | |
kritisierte, dass es keine verpflichtenden Maßnahmen geben werde, sondern | |
eine „Zielvereinbarung“, die das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium | |
mit dem Bauernverband schließen soll. | |
Auf die Anfrage, ob die Kritik der Umweltverbände berechtigt ist, anwortete | |
das Umweltministerium: „Schleswig-Holstein ist leider bisher nicht auf | |
gutem Weg bei der Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Mit dem | |
Aktionsplan ergreifen wir klar vereinbarte Maßnahmen, damit sich das | |
ändert.“ | |
Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) stellte bei seiner Rede im | |
Landtag die positiven Seiten des Kompromisses in den Vordergrund: „Die | |
Ostsee wird profitieren, der Schweinswal wird profitieren“, sagte er am | |
Donnerstag. Durch die Ausweitung der Schutzzonen „geben wir den Tieren auf | |
einem Achtel der Ostsee Rückzugs- und Ruheräume“. Doch das sei zu wenig, | |
beklagen Umweltverbände. Sie hatten gefordert, die Stellnetze, in denen | |
sich Wale und Enten verheddern und qualvoll ertrinken, auf der ganzen | |
Ostsee zu verbieten. | |
Aus der Sicht des Landesfischereiverbandes Schleswig-Holstein sind aber | |
bereits diese Einschränkungen zu groß. Der stellvertretende Vorsitzende | |
Benjamin Schmöde fürchtet durch die neuen Schutzgebiete um die | |
wirtschaftliche Existenz der rund 60 hauptberuflichen Fischer an der | |
Ostseeküste. „Allein in dem Gebiet westlich von Fehmarn holen die Kollegen | |
bis zu 80 Prozent ihres Umsatzes raus“, sagte er dem NDR. Wenn dieses | |
Gebiet nun unter Schutz gestellt werde, „ist das natürlich ein massiver | |
Einschnitt“. | |
## Immerhin: Hobby-Angler sind zufrieden | |
Zufrieden sind dagegen die Hobby-Angler:innen. Sie dürfen weiter auch in | |
den Schutzgebieten vom Strand aus auf Jagd nach Fischen gehen. „Dies war | |
eine unserer zentralen Forderungen in den Verhandlungen mit der Politik, | |
wir sind dankbar, dass dies berücksichtigt wurde“, heißt es in einer | |
Stellungnahme. | |
Redmann erinnerte im Landtag noch einmal [3][an den mühevollen Weg zum | |
Kompromiss:] „Ein Jahr hat Minister Goldschmidt auf zahlreichen | |
Veranstaltungen versucht, seinen Traum von einem Nationalpark Ostsee | |
umzusetzen. Aber im Grunde war beim Auftaktabend schon klar: Das wird so | |
nix.“ Der Versuch, alle Beteiligten früh einzubinden, sei von Hindernissen | |
und Widerständen geprägt gewesen, urteilte Redmann. Am Ende stehe ein Plan | |
„mit viel Prosa, mit vielen offenen Fragen“. | |
21 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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