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# taz.de -- Rausschmiss nach Soli-Demo für Klette: Deutscher Herbst in Bremer …
> Weil sie eine Kundgebung fürs mutmaßliche RAF-Mitglied Daniela Klette
> organisierte, beurlaubt der Bremer Klinikträger die Betriebsrätin Ariane
> Müller.
Bild: Spricht am vergangenen Sonntag während der Soli-Kundgebung für Daniela …
Bremen taz | Wegen privater politischer Meinungsäußerungen hat die
kommunale Bremer Klinikholding Gesundheit Nord (Geno) Betriebsrätin Ariane
Müller beurlaubt. Es sei nämlich „bekannt geworden, dass die Mitarbeiterin
aus Solidarität zum mutmaßlichen RAF-Mitglied Daniela Klette [1][eine Demo
vorm Frauengefängnis in Vechta] organisiert haben soll“, begründet die Geno
den Schritt per Pressemitteilung.
Ausdrücklich wird darin auf die [2][vorhergehende Bestrafung durch den
Betriebsrat des Klinikums Mitte hingewiesen]. Dem gehört Müller als
Listenführerin der Gruppe „uns reicht’s“ an. Nachdem Bremer Medien sie
als Demo-Organisatorin geoutet hatten, war kurzfristig eine Sondersitzung
des Personalvertretungs-Gremiums anberaumt worden, um Müller die
Freistellung zu entziehen – also die Erlaubnis, sich während der
Arbeitszeit ganz der Betriebsratsarbeit zu widmen. Grund: Ihre politischen
Äußerungen, wie der Betriebsratsvorsitzende Manfred Kölsch sich zitieren
lässt: „Wir möchten dadurch ein Zeichen setzen, dass wir uns vom Handeln
dieser Person deutlich distanzieren“, begründete der Anästhesist die
Maßregelung der Kollegin.
Damit dürfte bereits der Beschluss des Betriebsrats rechtswidrig sein: Denn
nichts an Müllers Demo-Aufruf war unzulässig. Ausdrücklich benennt er „die
Fehler“ der RAF. [3][Im Junge Welt-Interview] stellt Müller zudem klar,
keine Eskalation anzustreben: „Wir wollen friedlich unsere Botschaft
rüberbringen, dass wir einfach solidarisch sind mit Daniela“. Es ist aber
„verboten, jemanden wegen einer Meinungsäußerung zu benachteiligen“,
erklärt der [4][Jurist Wolfgang Däubler] auf Nachfrage der taz.
## Gemaßregelt wegen einer Meinung
Däubler ist Hauptautor eines der großen Kommentare des
Betriebsverfassungsgesetzes, ein Standardwerk für die aktive betriebliche
Mitbestimmung. Bis zum Ruhestand bekleidete er den Lehrstuhl für
Arbeitsrecht an der Uni Bremen, war aber auch als Gastprofessor in Paris
und Austin/Texas sowie in mehreren Staaten als Regierungsberater tätig.
Eine Koryphäe. Schon grundsätzlich sei die Abberufung einer Person
problematisch, weil dadurch der Listen-Proporz gestört werde, so Däubler.
Müllers „uns reicht’s“-Liste fährt einen eher konfrontativen Kurs. Der
findet nicht die Zustimmung der anderen drei im Gremium kooperierenden
Listen. Muss er ja auch nicht, dafür gibt es ja mehrere. Wenn nun die
Mehrheit einer dieser Gruppen die Freistellung entzieht und eine andere
Person wählt, würde das dem Minderheitenschutz zuwiderlaufen, erläutert
Däubler. Müller hätte also „gute Chancen, dagegen gerichtlich vorzugehen�…
Noch besser werden die Chancen durch die ausdrückliche Begründung des
Beschlusses. Denn „das ist ein unsachlicher Grund“, so Däubler. „Sie soll
wegen ihrer Meinung und wegen eines Verhaltens in der Freizeit gemaßregelt
werden. Das geht natürlich nicht.“
Sachliche Maßstäbe für gelungenes pflegerisches Arbeiten in der Klinik gibt
es. Doch hier werden Müller keine Vorwürfe gemacht, im Gegenteil: Ihr
besonderer Einsatz während Corona und ihre Kampagne für eine bessere
personelle Ausstattung der Kliniken haben ihr 2021 die Auszeichnung als
„Bremerin des Jahres“ eingetragen. Das hat die Klinikleitung schweigend
hingenommen. Umso größer ist der jetzige Maßregelungswunsch.
„Wir distanzieren uns als Unternehmen auf das Schärfste von jeglichen
Aktivitäten, die Solidarität oder Sympathie mit der RAF zum Ausdruck
bringen“, hat die Geno-Geschäftsführerin Dorothea Dreizehnter verlautbart.
Und angekündigt, die Beurlaubung Müllers werde „bis zur Klärung des
Sachverhalts“ andauern. Dazu gehört auch ein Kontaktverbot zu anderen
Mitarbeiter*innen der Klinik während der Beurlaubung. Für diese
Maßnahme sei das Verdikt des Betriebsrats „eine Mitvoraussetzung“ gewesen.
## Rückhalt von Kollegen
Müller wertet das als Hinweis auf ein abgekartetes Spiel: „Die hätten mich
ja nicht von der Arbeit entbinden können, solange ich freigestellte
Betriebsrätin bin.“ Tatsächlich hatten Betriebsratsvorsitzender, Direktion
und Geschäftsführung bereits vor zwei Jahren gegen Müller kooperiert: Der
Versuch, sie mithilfe eines konstruierten Vorwurfs rauszukegeln, scheiterte
kläglich vorm Arbeitsgericht. Dorthin wird sie auch diesmal ziehen. „Ich
werde das anfechten“, sagt sie der taz. „Ich arbeite ja gern.“ Im Mai
feiert sie ihr 50-jähriges Berufsjubiläum.
Die FDP fordert bereits, Müller wegen ihrer Meinungsäußerung auch die
Ehrung von 2021 rückwirkend abzuerkennen. Rückhalt gibt es von Die Linke:
„Ich verstehe auch nicht, warum es diese [5][Demo für Daniela Klette] nun
hat geben müssen“, so Landesvorstandssprecher Christoph Spehr. „Aber das
ändert nichts daran: Was eine Arbeitnehmerin privat tut, geht den
Arbeitgeber einfach nichts an.“
Solidarität bekommt die Krankenschwester auch aus der Klinik, sogar über
die Berufsgruppengrenzen hinweg: „Samstagfrüh hat’s bei mir geklingelt“,
sagt sie. Vor der Tür, in einer der Speckgürtel-Gemeinden, wo sie wohnt,
habe ein Arzt aus dem Klinikum gestanden. „Der war extra rausgekommen, um
mir den Rücken zu stärken“, sagt sie. „Das fand ich gut.“
20 Mar 2024
## LINKS
[1] /Demo-fuer-Ex-RAF-Terroristin/!5996147
[2] /Nach-Soli-Demo-fuer-RAF-Gefangene/!5998701
[3] https://www.jungewelt.de/artikel/471439.politische-gefangene-das-thema-raf-…
[4] https://www.uni-bremen.de/jura/fachbereich-6-rechtswissenschaft/fachbereich…
[5] /RAF-Solidarisierungsdemo/!5997087
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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Podcast „Bundestalk“
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