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# taz.de -- Nach Soli-Demo für RAF-Gefangene: Wunsch nach Strafe für Solidari…
> Ihr Arbeitgeber will Ariane Müller bestrafen, weil sie eine Soli-Demo für
> Daniela Klette organisiert hat. Dahinter steckt die Angst vor
> Schlagzeilen.
Bild: Ariane Müller (r) spricht auf der Kundgebung „Solidarität mit Daniela…
Vorsichtshalber mal nachfragen: Vielleicht hat die Skandalisierung ja doch
irgendwo Substanz. Sowohl ihr Arbeitgeber als auch der Betriebsrat wollen
Ariane Müller bestrafen, weil sie eine [1][Soli-Demo für Daniela Klette
organisiert hat]. Die mutmaßliche Bankräuberin, die durch DNA-Spuren in
Verbindung mit verjährten Verbrechen der Roten Armee Fraktion (RAF)
gebracht wird, ist derzeit in Vechta inhaftiert. Aber nein, die kommunale
Bremer Klinikholding Gesundheit Nord, kurz Geno, ist weder kirchlich noch
hält sie sich für einen Tendenzbetrieb.
Tendenzbetriebe sind Medienhäuser, die meinungsbildend wirken – und daher
ihren Mitarbeiter*innen einen gewissen politischen Grundkonsens
abverlangen dürfen. Die können erhebliche Verstöße dagegen arbeitsrechtlich
ahnden. Aber, wie gesagt, das gilt nicht für die Geno, die Krankenhäuser
betreibt, also in gesundheitlicher Grundversorgung macht. Und nicht den
politischen Diskurs mitprägen soll. Warum sie trotzdem glaubt,
arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen eine Betriebsrätin überhaupt auch nur
prüfen zu dürfen, die sich privat politisch geäußert hat, ist schleierhaft.
„Ich kann nicht sagen, was das bedeuten kann“, räumt die Holding-Sprecherin
bezüglich dieser Ankündigung ein, die sie gegenüber dem Weser-Kurier
gemacht hatte. „Deswegen prüfen wir es ja.“ Die Frage „ob politische
Aktionen mit den Werten des Unternehmens zu vereinbaren sind“, sei nämlich
„schwierig“.
Ja, mehr als das: Es entbehrt jedes Anknüpfungspunkts. Vor allem, wo die
doch ihre Demo nicht während der Dienstzeit – Müller arbeitet seit mehr als
40 Jahren als Nachtschwester – veranstaltet und auch an keiner Stelle den
Eindruck erweckt hatte, sich im Namen ihrer Arbeitgeberin mit Klette zu
solidarisieren. Im Gegenteil. Für den Aufruf zur Demo hatte eine spontan
gebildete Gruppe „Solidarität mit Daniela“ verantwortlich gezeichnet. Beim
Interview mit dem Sender „Radio Dreyeckland“ war sie nur als „Ariane“ u…
ohne Berufsbezeichnung aufgetreten. Im Gespräch mit der Zeitung Junge Welt
schließlich ließ sie sich mit ihrem vollen, aber eben nicht gerade seltenen
Namen ansprechen und auch ihr Beruf war erwähnt worden, nicht aber ihr
Arbeitgeber oder auch nur ihr Wohnsitz.
## Informelle Repression
Selbst darauf, ihre relative Prominenz zwecks Mobilisierung auszunutzen,
hat Müller verzichtet, die für ihr politisches Engagement 2021 den Titel
„Bremerin des Jahres“ erhielt: Außerhalb des Schuldiensts hätte das noch
nicht einmal in der Zeit der Berufsverbote für spürbare Repressionen
gereicht.
Ach, manchmal wäre es gut, es gäbe sie noch mit ihren klaren und wenigstens
juristisch anfechtbaren Regeln. Denn das ist ein Vorzug von
Rechtsstaatlichkeit. An ihre Stelle tritt jedoch eine [2][seltsame
informelle Repression], angetrieben von einer Angst, die bei manchen
offenbar [3][sofort einsetzt, wenn eine Schlagzeile aufploppt].
Ganz in diesem Sinne – ganz darauf abzielend – hat der
Weser-Kurier-Redakteur Jürgen Theiner versucht, aus Müllers beruflicher
Tätigkeit ein Dilemma zu konstruieren, das „den Vorgang“ so der Journalist
„kompliziert“ gemacht habe: Einerseits nämlich, heißt es [4][in seinem
Beitrag] unter Berufung auf die Grundrechte ganz verwirrt, stehe es
„natürlich jedermann frei, eine Solidaritätskundgebung für wen auch immer
anzumelden und abzuhalten“. Andererseits aber, und jetzt kommt das, was er
für die zweite Ebene hält, „wird es als hochproblematisch empfunden“.
Ja, und das ist halt auch so: Wenn jemand etwas anderes meint und denkt,
ist das immer hochproblematisch, eigentlich schon fast ein Missbrauch der
Meinungsfreiheit. Also weg damit: Hochproblematisches Empfinden ist einfach
stärker als jedes Argument und jede rechtliche Regel, vor allem, wenn es
das ganze Volk teilt, das gesunde. Dessen Puls geht gerade schnell, sehr
schnell, und es ist nicht ganz klar, ob die einfache Todesstrafe noch
ausreicht, ihn zu beruhigen. Oder ob es nicht doch wieder mal der gute alte
Scheiterhaufen sein muss. Vielleicht hat ja einer der Kollegen noch ein
Feuerzeug.
18 Mar 2024
## LINKS
[1] /Demo-fuer-Ex-RAF-Terroristin/!5996147
[2] /Wegen-RAF-Aeusserung/!5994830
[3] /Aktuelle-Obsession-mit-der-RAF/!5994629
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/klinikum-bremen-mitte-betriebsra…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Rote Armee Fraktion / RAF
Demonstration
Linksextremismus
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Kundgebung
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Podcast „Bundestalk“
Schwerpunkt Antifa
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