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# taz.de -- Genitalverstümmelung in Gambia: Frauenrechte in Gefahr
> Seit 2015 ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien in Gambia verboten.
> Jetzt pushen Abgeordnete die erneute Legalisierung im Namen des Islam.
Bild: Protest gegen die weibliche Genitalverstümmelung vor dem Parlament in Ba…
Cotonou taz | Gambia könnte das erste Land werden, in dem das Verbot der
weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) wieder aufgehoben wird. Seit Anfang
März wird über einen Gesetzentwurf des Abgeordneten Almammeh Gibba
diskutiert, der diese wieder zulässt. Als Gründe nennt er „religiöse
Reinheit“ sowie den Schutz „kultureller Normen und Werte“.
Eine erste Hürde hat der Vorschlag Anfang der Woche genommen. Im Parlament
stimmten 42 von 49 anwesenden Abgeordneten dafür, dass ein Ausschuss die
höchst umstrittene Vorlage weiter prüft. Wann das passiert, ist noch nicht
bekannt.
Der 41-jährige Gibba ist nach Angaben einer nichtstaatlichen Organisation,
die sich für eine höhere Beteiligung junger Menschen in der Politik
einsetzt, Mitglied der gambisch-saudi-arabischen Freundschaftsgruppe und
weiß eine große Lobby von Muslim:innen hinter sich. Dazu gehört Abdoulie
Fatty. [1][Vergangenes Jahr zahlte er, so die Zeitung The Standard,
Geldstrafen für drei Frauen]. Die Justiz sah es als erwiesen an, dass sie
die Genitalien von Mädchen verstümmelt hatten. Nur wenige Wochen später
erließ der Oberste muslimische Rat Gambias (GSIC) eine Fatwa. Darin hieß
es: „Allah hat die Beschneidung von Frauen angeordnet.“
Der GSIC ist auch jetzt der große Befürworter des Gesetzentwurfs.
Vizepräsident Cadi Omar Secka sagte vergangene Woche: „Die Beschneidung von
Frauen ist kein bloß ererbter Brauch, wie fälschlicherweise von denen
behauptet wird, die keine Ahnung vom islamischen Recht haben. Es ist
vielmehr eine der Tugenden des Islam und einer der Sunna-Praktiken.“ Die
„weibliche Beschneidung“, wie er sie bezeichnet, würde auf Überlieferungen
zurückgehen.
## Männer erklären Frauen die Verstümmelung als Tradition
Bestes Gegenbeispiel ist Niger, wo sich von den gut 25 Millionen
Einwohner:innen fast alle zum Islam bekennen. [2][Laut Unicef sind dort
aber nur 2 Prozent der Frauen im Genitalbereich verstümmelt], was bereits
seit 2003 unter schweren Strafen steht. In einer Umfrage sprachen sich 91
Prozent der Jungen und Männer gegen diese Praxis aus sowie 82 Prozent der
Mädchen und Frauen.
Auch in Gambia bekennen sich 95 Prozent der 2,4 Millionen
Einwohner:innen zum Islam. Die Ansichten des mit Männern besetzten GSIC
teilen aber längst nicht alle. Auf X (vormals Twitter) kritisieren
Gambierinnen das Mansplaining: Männer wollten ihnen ihre „islamischen
Rechte“ erklären.
Jaha Marie Dukureh, Gründerin von [3][Safe Hands for Girls] – die
Organisation kämpft gegen FGM und Zwangsverheiratung – betont: „Wir
bekämpfen den Islam nicht und werden den Islam niemals bekämpfen. Wir
schützen nur zukünftige Generationen davor zu erleben, was wir durchgemacht
haben.“
Nach UN-Angaben haben in Gambia drei von vier Frauen im Alter von 15 bis 49
Jahren Genitalverstümmelung am eigenen Körper erlebt. Weltweit sind mehr
als 230 Millionen Mädchen und Frauen in 30 Ländern Afrikas, im Nahen Osten
sowie Asien betroffen.
## So gut wie nie kommt es zu Anzeigen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt FGM in vier Typen ein. Eins
haben alle gemeinsam: Die physischen und psychischen Konsequenzen sind
enorm und halten mitunter ein Leben lang an. Medizinische Vorteile gibt es,
so die WHO, keine.
Deswegen kämpfen UN-Behörden, nichtstaatliche Organisationen wie
Aktivist:innen seit Jahren um Verbote und deren Durchsetzung. [4][2012
verabschiedete die UN-Generalversammlung einstimmig eine Resolution], die
die Praxis verbietet. Doch das wird nur zögerlich in nationale Gesetze
aufgenommen. Umso wichtiger ist Aufklärungsarbeit. Argumentiert wird mit
gesundheitlichen Konsequenzen, die keine Religion gutheißen könne.
Nach Informationen von Amnesty International hat es auch in Gambia erstmals
2023 zwei Verfahren gegen sogenannte „Beschneiderinnen“ gegeben. Damals war
das Gesetz [5][schon acht Jahre lang in Kraft.] Die Genitalverstümmelung
passiert im familiären Umfeld, wird von Frauen durchgeführt und auch
weiterhin akzeptiert. Daher kommt es so gut wie nie zu Anzeigen.
19 Mar 2024
## LINKS
[1] https://standard.gm/imam-fatty-others-pay-fines-for-women-convicted-of-fgm/
[2] https://data.unicef.org/wp-content/uploads/country_profiles/Niger/FGM_NER.p…
[3] https://www.safehandsforgirls.com/
[4] /UN-gegen-Maedchenbeschneidung/!5078520
[5] /Genitalverstuemmelungen-in-Gambia/!5255549
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Gambia
Genitalverstümmelung
Frauenrechte
Islam
Gleichberechtigung
Sudan
Terre des Femmes
Genitalverstümmelung
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