| # taz.de -- Rassistischer Brandanschlag in Saarlouis: Angeklagt wegen Beihilfe … | |
| > 1991 starb Samuel Yeboha beim Anschlag auf ein Asylbewerberheim. Nun | |
| > steht erneut ein Mann deswegen vor Gericht: Er soll das Feuer veranlasst | |
| > haben. | |
| Bild: Blumen für den 1991 bei einem Brandanschlag getöteten ghanaischen Asylb… | |
| Koblenz taz | Ganz in schwarz betritt der Angeklagte Peter St. den großen | |
| Saal 120 des Oberlandesgerichts Koblenz. Der 54-Jährige trägt einen | |
| Kapuzenpulli, seine Haare sind ordentlich zurückgekämmt, der weiße Vollbart | |
| wirkt gepflegt. In Handschellen wird er in den Saal geführt, was sein | |
| Verteidiger Wolfgang Stahl später rügt. Die Anklage wirft Peter St. | |
| Beihilfe zu Mord und mehrfachem Mordversuch vor. | |
| Mehr als dreißig Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag auf das | |
| Asylbewerberheim in Saarlouis Fraulautern verhandelt das Oberlandesgericht | |
| Koblenz erneut über den Mord an Samuel Yeboha. Damals Unbekannte hatten in | |
| der Nacht zum 19. September 1991 im Treppenhaus des Wohnheims mit | |
| Brandbeschleunigern ein Feuer entfacht. Der Flüchtling aus Ghana war in dem | |
| Inferno ums Leben gekommen. | |
| Im Oktober letzten Jahres hatte das OLG Koblenz bereits Peter S., wie Peter | |
| St. ein früheres Mitglied der Neonaziszene von Saarlouis, für den | |
| Brandanschlag verantwortlich gemacht. [1][Wegen Mord und achtfachem | |
| Mordversuch wurde er zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt], | |
| nach Jugendstrafrecht, weil er zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war. | |
| Peter S. hatte sich [2][bei einer Grillparty mit der Tat gebrüstet]. Nur | |
| dadurch wurden die Ermittlungern 2019 wieder aufgenommen und ernsthaft | |
| verfolgt. Denn zunächst hatten Polizei und Justiz die Ermittlungen bereits | |
| nach wenigen Monaten eingestellt. Für Fehler und Versäumnisse bei den | |
| Ermittlungen hat sich die saarländische Polizeiführung inzwischen | |
| entschuldigt. Auch ein Untersuchungsausschuss des saarländischen Landtags | |
| wird sich mit den Vorgängen befassen, die der saarländische Flüchtlingsrat | |
| als „Staatsversagen“ bezeichnet. | |
| ## Indirekte Anstiftunf zum Brandanschlag | |
| Seit Dienstag nun [3][muss Peter St. sich vor dem selben Strafsenat | |
| verantworten, der bereits seinen ehemaligen Kumpel verurteilt hat]. Die | |
| Bundesanwaltschaft wirft ihm als dem damaligen „Anführer“ der rechten Szene | |
| von Saarlouis vor, den Mordanschlag „veranlasst“ zu haben. Auf der Welle | |
| der Anschläge auf Asylbewerberheime in den frühen 1990er Jahren und | |
| motiviert vom Hass auf Ausländer habe er den tödlichen Brandanschlag | |
| initiiert, „um auch in Saarlouis ein Zeichen zu setzen“, so | |
| Oberstaatsanwalt Malte Merz. | |
| So soll der jetzt angeklagte St. wenige Stunden vor dem Anschlag seine | |
| Kumpel in der Kneipe indirekt zur Brandstiftung aufgefordert haben. Er | |
| solle gesagt haben, auch in Saarlouis müsse es brennen, wie in Hoyerswerda | |
| wenige Tage zuvor. | |
| Eine Schlüsselrolle wird in diesem Verfahren dem Zeugen Heiko S. | |
| zugeschrieben, einem Aussteiger aus der Skinhead- und Neonaziszene, in der | |
| Peter St. damals das Sagen gehabt haben soll. Er war bei der Runde im | |
| Wirtshaus dabei, seine Zeugenaussage mit dem entscheidenden wurde aber | |
| damals nicht protokolliert und tauchte erst viele Jahre später auf. | |
| Verteidiger Stahl argumentiert deswegen, der Satz lasse sich nicht belegen. | |
| Wenn er überhaupt gefallen sei, dann bei der Befragung von Tatverdächtigen, | |
| die nicht richtig belehrt worden seien. | |
| ## Kein Jugendstrafrecht | |
| Der Strafverteidiger will in Koblenz einen Freispruch erstreiten. Die | |
| Anklageschrift komme wie der „Scheinriese“ im Märchen daher, so Stahl. Bei | |
| näherer Betrachtung schrumpfe der Vorwurf zusammen, so der Anwalt, [4][der | |
| im NSU-Prozess zeitweilig auch die Hauptangeklagte Beate Zschäpe vertreten | |
| hatte]. Die Bundesanwaltschaft sieht dagegen zahlreiche St. belastende | |
| Indizien. Der Staatsschutzsenat hat die Anklage immerhin zugelassen. | |
| Für St. geht es in diesem Prozess um viel. Anders als für seinen früheren | |
| Kumpel kommt bei ihm das mildere Jugendstrafrecht nicht in Betracht, weil | |
| er zur Tatzeit älter als 21 Jahre war. Beihilfe zu Mord kann mit bis zu | |
| lebenslanger Haft bestraft werden. Bis Juni sind 17 Verhandlungstermine | |
| festgesetzt. Zu erwarten ist in jedem Fall ein zähes Ringen um die | |
| Wahrheit. | |
| 27 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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