| # taz.de -- Union Progressiver Juden klagt: Beschwerde für Staatsvertrag | |
| > Liberale Juden pochen auf Gleichbehandlung mit dem Zentralrat der Juden. | |
| > Jetzt haben sie eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. | |
| Bild: Prof. Walter Homolka bei der Eröffnung des Europäischen Zentrums für J… | |
| Freiburg taz | Die Union Progressiver Juden (UPJ) hat an diesem Montag | |
| Verfassungbeschwerde erhoben, weil sie – wie bereits der Zentralrat der | |
| Juden in Deutschland – einen Staatsvertrag und regelmäßige Zuwendungen | |
| haben möchte. | |
| Hauptunterschied zwischen der liberalen und der orthodoxen Strömung im | |
| Judentum ist die Gleichberechtigung der Geschlechter. In liberalen | |
| Gemeinden können Frauen alle Ämter einnehmen und im Gottesdienst sitzen | |
| Männer und Frauen bunt gemischt. | |
| In Deutschland hat das liberale Judentum eigentlich seinen Ursprung, wurde | |
| jedoch im Faschismus ausgelöscht. Die jüdischen Gemeinden wurden nach dem | |
| Krieg überwiegend von „Displaced Persons“ aus Osteuropa wiederaufgebaut, | |
| die der orthodoxen Richtung anhingen und den Zentralrat dominierten und | |
| dominieren. Erst 1997 gründete sich die Union Progressiver Juden (UPJ). | |
| Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat mit der Bundesregierung 2003 | |
| einen Staatsvertrag über garantierte finanzielle Unterstützung | |
| ausgehandelt. So erhält der Zentralrat im Jahr 2024 [1][rund 22 Millionen | |
| Euro aus dem Bundesetat]. Davon sollen aber nur 189.000 Euro als | |
| institutionelle Förderung an die UPJ gehen, „weniger als ein Prozent“, wie | |
| die UPJ in ihrer Verfassungsbeschwerde kritisiert. | |
| Laut der Klageschrift, die der taz vorliegt, vertritt der Zentralrat | |
| derzeit rund 94.000 Gläubige in 104 Gemeinden, während die UPJ rund 4.000 | |
| Gläubige in 19 Gemeinden organisiert. Die UPJ hält es deshalb für | |
| angemessen, wenn sie zwischen vier und fünfzehn Prozent der | |
| Staatszuwendungen erhielte. | |
| ## Klage hat gute Chancen | |
| Die UPJ verlangt mit ihrer Hauptforderung einen eigenen Staatsvertrag, so | |
| dass sie nicht auf die „willkürliche“ Weiterleitung von Gelder durch den | |
| Zentralrat angewiesen ist. Alternativ wäre die UPJ aber auch damit | |
| zufrieden, wenn der Staatsvertrag mit dem Zentralrat um eine inhaltlich | |
| präzise Weiterleitungspflicht von Zuwendungen in angemessener Höhe ergänzt | |
| wird. | |
| Zwar habe eine Religionsgemeinschaft keinen originären | |
| Finanzierungsanspruch gegen den Staat. Wenn der Staat jedoch eine | |
| Religionsgemeinschaft finanziell fördere, ergebe sich aus der staatlichen | |
| Pflicht zur religiösen Neutralität ein Teilhabeanspruch anderer | |
| Religionsgemeinschaften, argumentiert Anwalt Christofer Lenz, der die Klage | |
| geschrieben hat. | |
| Die Klage in Karlsruhe hat gute Chancen, weil sie sich auf eine | |
| [2][Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2009] berufen kann. In | |
| einem ähnlichen Konflikt erklärten die Richter:innen damals, der Staat | |
| dürfe eine Religionsgemeinschaft nicht in ein „Abhängigkeitsverhältnis“ … | |
| einer anderen Religionsgemeinschaft bringen. | |
| Die Lage hat sich 2023 allerdings verkompliziert, weil sich sieben der bis | |
| dahin 26 liberalen jüdischen Gemeinden von der UPJ lossagten und unter dem | |
| Dach des Zentralrats zum „Jüdisch liberal egalitären Verband“ (JLEV) | |
| zusammengeschlossen haben. Die UPJ warnte, der finanzstarke Zentralrat | |
| werbe ihr die Gemeinden ab. | |
| Tatsächlich ist die Abspaltung aber auch eine Folge interner Konflikte, | |
| [3][um den langjährigen UPJ-Vorsitzenden Walter Homolka], dem | |
| Machtmissbrauch vorgeworfen wurde. | |
| 27 Feb 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Staatsleistungen-an-juedische-Gemeinschaft/!5930699 | |
| [2] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2009/0… | |
| [3] /Skandal-in-Juedischer-Gemeinde-zu-Berlin/!5981631 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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