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# taz.de -- Haftbedingungen in Berlin: Hungerstreik in der JVA
> In Berlin wird einem Gefangenen der Zugang zu linken Publikationen
> verweigert. Diese könnten seine Wiedereingliederung gefährden, heißt es.
Bild: in der JVA Tegel wird auch die Gesinnung der Insassen überwacht – zumi…
Berlin taz | Auf dem Bild, das der Langzeitgefangene Andreas Krebs mit
erhobener Faust posierend aus seiner Zelle in der JVA Tegel an seine
Unterstützer*innen schickt, ist im Hintergrund noch ein Bücherregal zu
erkennen. Doch neue Literatur und Post erhält Krebs immer weniger. Um
dagegen zu protestieren, befindet sich Krebs seit dem 29. Januar im
Hungerstreik.
Das bestätigt auch der Sprecher des Senatsverwaltung für Justiz auf
taz-Anfrage. Im Rahmen einer Haftraumrevision seien mehrere Zeitungen und
Druckschriften aus dem Haftraum von Krebs entnommen worden. „Dabei handelte
es sich unter anderem um Infoblätter, die Bezüge zur linksextremistischen
Szene aufweisen.“ Zurzeit werde überprüft, ob die Schriften der
Wiedereingliederung des Gefangenen widersprechen, so der Sprecher weiter.
„Andreas wird seit seiner Ankunft in der JVA Tegel schikaniert. Post wird
nicht ausgehändigt, ebenso Zeitungen und Bücher“, heißt es in einer
Mitteilung von Anarchist Black Cross Dresden, einer Organisation, die
weltweit Solidaritätsaktionen für Gefangene organisiert. Dazu zählt auch
Andreas Krebs, der demnach fast 20 Jahre seines Lebens in Gefängnissen in
verschiedenen Ländern, vor allem wegen Eigentumsdelikten verbrachte.
## Autobiografie verweigert
„Er hat sich auch im Gefängnis nicht am System ‚Nach unten treten und nach
oben buckeln‘ beteiligt“, sagt eine Unterstützerin, die namentlich nicht
genannt werden möchte, der taz. Vor zwei Jahren erschien Krebs’
Autobiografie „Der Taifun – Erinnerungen eines Rebellen“. Auch dieses Buch
darf er aktuell nicht in seiner Zelle haben.
„Wenn einem Gefangenen seine eigene Biografie verweigert wird und er
Zeitungen seiner Wahl nicht bekommen darf, geht es an das Existenzielle“,
begründet Wolfgang Lettow das drastische Mittel des Hungerstreiks. Lettow
ist Redakteur beim linken Magazin Gefangeneninfo. Das Magazin wird Krebs
ebenso verweigert wie die Zeitung der Roten Hilfe.
Krebs selbst kündigt in einem Brief an, die Verweigerung der Essensaufnahme
so lange fortzusetzen, bis ihm alle einbehaltenen Publikationen wieder
ausgehändigt werden und er Zeitungen und Bücher seiner Wahl beziehen kann.
„Einen Verhandlungsspielraum wird es diesbezüglich nicht geben“, so Krebs.
Unterstützer*innen verweisen auf seine durch eine schwere
Nierenerkrankung angeschlagene gesundheitliche Situation und rufen dazu
auf, sich mit Mails an die Senatsjustizverwaltung für eine rasche Umsetzung
seiner Forderungen einzusetzen. Am Montag beraten ab 17 Uhr im Neuköllner
Stadtteilladen Lunte in der Weisestraße 53 Unterstützer*innen über
weitere Solidaritätsaktionen.
11 Feb 2024
## AUTOREN
Peter Nowak
## TAGS
JVA
Gefängnis
Haftbedingungen
Hungerstreik
Justiz
Justiz
Hungerstreik
Aktivismus
Lesestück Recherche und Reportage
Suizidversuch
Gefängnis
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