Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neustart für Jugendwiderstandsmuseum: Ohne Plan, aber mit tausend …
> Das im Dezember dicht gemachte Jugendwiderstandsmuseum in der
> Galiläakirche in Friedrichshain hat einen neuen Trägerverein gefunden.
Bild: Marc Weiser in der Galiläakirche
Berlin taz | Überall im bisherigen Jugendwiderstandsmuseum in der
Galiläakirche herrscht am Mittwochabend emsiges Treiben. Studierende der
Bildhauerei an der Kunsthochschule Weißensee bauen noch ihre Installationen
auf. Die Gruppenausstellung „Pigeon in the Organ“ läuft noch bis Sonntag.
Vor allem aber ist sie der Startschuss, um die Kirche an der Rigaer Straße
in Friedrichshain neu zu beleben.
Falls sich tatsächlich noch ein paar Tauben in der Kirchenorgel eingenistet
haben sollten, werden die bald verschwinden müssen. Denn auch die Orgel
soll demnächst wieder bespielbar sein. Aber nicht im Rahmen von
Gottesdiensten, sondern als Instrument, das bei Klangperformances oder
ähnlichem eingesetzt wird.
[1][Marc Weiser ist der Hauptinitiator] der Wiederauferstehung der
Galiläakirche. In groben Zügen erklärt er, was hier nun weiter passieren
soll. Gleichwohl: Einen ganz genauen Plan gebe es noch nicht, sagt er.
Dafür tausend Ideen, die man langsam entwickeln wolle.
Weiser führt in einen Nebenraum, der mit alten Musikboxen und allerlei
Krimskrams voll gestellt ist. Das soll einmal das Office werden, ein
Arbeitsplatz vor Ort. Eine gut funktionierende Heizung wäre auch nicht
schlecht, es ist ganz schön kalt hier.
## Mietvertrag über zunächst zehn Jahre
Seit 15 Jahren gibt es in der unter Denkmalschutz stehenden Galiläakirche,
die von der zuständigen evangelischen Gemeinde Samariter-Auferstehung schon
lange nicht mehr als Gotteshaus genutzt wird, das Jugendwiderstandsmuseum.
Dessen Ausstellung informiert [2][über jugendliche Dissidenz in der DDR der
achtziger Jahre] und wurde von der Hedwig-Wachenheim-Gesellschaft ins Leben
gerufen.
Die Wachenheim-Gesellschaft hat sich inzwischen als Träger aus der
Galiläakirche zurückgezogen. Ende Dezember wurde die Kirche vorerst für den
Publikumsverkehr geschlossen, die Ausstellung abgebaut, es wurde mit
Renovierungsarbeiten begonnen.
Marc Weiser war bis dahin bei der Wachenheim-Gesellschaft angestellt und
organisierte bereits im vergangenen Jahr Konzerte in der Kirche. Nun haben
er und ein paar Mitstreiter einen Verein gegründet, der die Kirche bei der
zuständigen Gemeinde Samariter-Auferstehung mietet. Zehn Jahre lang, mit
Option auf Verlängerung des Mietvertrags.
Das Jugendwiderstandsmuseum soll in den nächsten Monaten auch wieder
eröffnet werden. Aber es soll dann mehr geben als bloß ein paar Schaubilder
wie bisher, sagt Weiser. So gebe es einen Kontakt zu den Machern des Buches
[3][„Magnetizdat DDR“], das 2023 erschienen ist und in dem sich mit Punk
und Undergroundmusik in der DDR der Achtziger beschäftigt wird. Die Idee:
In Kooperation mit den Machern ließen sich auch Filmmaterial und
Hörstationen in die Ausstellung integrieren, um sie so moderner und
spannender zu gestalten.
## Joint Venture mit der evangelischen Kirche
Was hier insgesamt passieren soll, klingt außergewöhnlich. Mitten in der
Rigaer Straße, zwischen ehemals besetzten Häusern und neuen Luxuswohnungen,
wird in einem Joint Venture mit der evangelischen Kirche ein neuer Ort für
Kunst und Kultur hochgezogen.
Die Pfarrerin der Samariterkirche in der Nähe wird wichtige
Ansprechpartnerin sein, so Weiser, und das sei völlig in Ordnung: Sie hatte
kurz vor Weihnachten in der Galiläakirche ein queeres Krippenspiel
inszeniert, bei der Jesus zwei Mütter hatte.
Das sorgte für einige Aufregung, selbst die extrem rechte „Junge Freiheit“
berichtete empört. Weiser ist sich sicher, dass man mit dieser Pfarrerin so
einiges auf die Beine stellen könne. Eine Reihe zum Thema „Spiritualität
und Kunst“ etwa plane man bereits.
Beide Seiten werden längerfristig von der neuen Verbindung profitieren,
glaubt Weiser. Der Kirchengemeinde werde die Kirche aufgehübscht und er und
sein Verein können hier etwas entwickeln. Für die nächsten Monate stehen
auch schon jede Menge Konzerte zwischen Jazz, Elektronik und Experiment an.
Am 20. Februar wird der Elektroniker B. Fleischmann auftreten, im März geht
es weiter mit Musik aus Persien. Sogar für den Oktober gibt es bereits
Konzerttermine.
Dafür, dass Marc Weiser keinen genauen Plan hat, wie er sagt, haben er und
seine Mitstreiter bereits ganz schön viel organisiert.
8 Feb 2024
## LINKS
[1] /Portraet-von-Marc-Weiser/!5900419
[2] /DDR-Jugend/!5172824
[3] https://www.verbrecherverlag.de/shop/magnetizdat-ddr-magnetbanduntergrund-o…
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
DDR
Rigaer Straße
Friedrichshain
Jugendkultur
Rigaer Straße
Musik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rigaer Straße Ecke Liebigstraße: Am Dorfplatz droht die Verdrängung
Im linken Kiez in Friedrichshain droht der Verkauf von drei Häusern. Die
Mieter hoffen auf Hilfe der Politik – und gemeinwohlorientierte Käufer.
Porträt von Marc Weiser: Auch Free Jazz kann geil sein
Schon lange mischt Marc Weiser in der Berliner Subkultur mit. Nun bringt er
mit Konzerten Schwung in das Jugendwiderstandsmuseum in Friedrichshain.
DDR-Jugend: Ein Farbklecks in der grauen Zone
Eine Ausstellung in der Friedrichshainer Galiläakirche beschäftigt sich mit
Jugendopposition in der DDR - und der Frage, was davon vielleicht bloße
Teenagerattitüde war. Der Ausstellung soll ein Museum folgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.