| # taz.de -- Brandanschlag auf Tesla-Fabrik: Schräg und unverantwortlich | |
| > Der Brandanschlag auf einen Hochspannungsmast sorgt für einen Aufschrei. | |
| > Die Kritik ist berechtigt, sollte aber nicht vom Konflikt ablenken. | |
| Bild: Die Tesla-Gigafactory in Grünheide | |
| Bei Tesla in Grünheide stehen die Bänder still. Vermutlich noch eine ganze | |
| Woche lang. Darüber können sich allerdings Gegner:innen des | |
| US-amerikanischen E-Autobauers kaum freuen. Ein Brandanschlag auf einen | |
| Hochspannungsmast, zu dem sich die sogenannte Vulkangruppe bekannte, hat | |
| nämlich nicht nur Tesla lahmgelegt. | |
| Den Anschlag zu verurteilen, ist vernünftig. Der Vulkangruppe, deren | |
| Bekennerschreiben die Polizei inzwischen als echt einstuft, muss klar | |
| gewesen sein, dass sie nicht nur Tesla trifft. Das Feuer ließ den Strom in | |
| sechs Gemeinden ausfallen, zehntausende Menschen sollen betroffen gewesen | |
| sein. Auch Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen, sagt Brandenburgs | |
| Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). | |
| Diese Leute in Gefahr zu bringen, um [1][deutlich zu machen, dass der | |
| Megakonzern Tesla in seinen Fabriken Leute in Gefahr bringt], ist nicht | |
| nur schräg, sondern unverantwortlich. Mehrere Politiker:innen | |
| kritisieren das zu Recht. Ihre Reaktionen gehen jedoch in vielen Fällen | |
| weit darüber hinaus – und damit ebenso in eine schräge Richtung. | |
| Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte am Mittwoch in der | |
| Rheinischen Post vor dem „vom Linksextremismus ausgehenden | |
| Gefährdungspotenzial“. „Der Rechtsstaat wird auf einen solchen Sabotageakt | |
| mit aller Härte reagieren“, kündigte Brandenburgs Innenminister Michael | |
| Stübgen (CDU) schon am Dienstag an, noch bevor sich die Vulkangruppe zur | |
| Tat bekannt hatte. Die Tat als Beweis vermeintlicher linksradikaler | |
| Gewaltbereitschaft zu brandmarken und lautstark Repressionen anzudrohen, | |
| hilft doch auch nicht – und lenkt von den eigentlichen Konflikten rund um | |
| Tesla in Grünheide ab. | |
| ## Landesregierung unterstützt Elon Musk | |
| Denn auch die Landespolitik hat sich bisher nicht gerade vorbildlich im | |
| rechtsstaatlichen Rahmen bewegt. Dank Brandenburgs Regierung konnte Tesla | |
| in Grünheide vor rund vier Jahren ohne Genehmigung mit dem Bau des Werks | |
| beginnen. Naturschutzverbände reichten [2][auf ordentlichem Wege Einwände | |
| ein], um unter anderem vor dem massiven Wasserverbrauch der Fabrik im | |
| extrem wasserarmen Land Brandenburg zu warnen. Die Regierung pfiff drauf | |
| und peitschte den Bau in Rekordzeit durch. Erst im März 2023 hat | |
| Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Tesla-Chef Elon Musk weitere | |
| Unterstützung zugesichert. | |
| Und Tesla selbst gibt sowieso nicht viel auf rechtliche Vorgaben. Seit | |
| Jahren hat der Konzern in Grünheide [3][viel mehr Stickstoff und Phosphor | |
| ins Abwasser geleitet als erlaubt]. Abmahnungen des zuständigen | |
| Wasserverbands Strausberg-Erkner hat der E-Autobauer entweder ignoriert. | |
| Oder er versprach sich zu bessern – was mit jeder neuen Überschreitung der | |
| Abwassergrenzwerte hinfällig wurde. | |
| Überhaupt: Dass sich ein Unternehmen selbst allzu gern als Treiber der | |
| Antriebswende im Verkehr und damit irgendeiner Art grüner Transformation | |
| geriert, dann aber kein Problem mit der Bebauung von | |
| Trinkwasserschutzgebieten hat, spricht Bände. | |
| Vor gut zwei Wochen hat eine [4][stabile Mehrheit der Bürger:innen in | |
| Grünheide dagegen gestimmt], dass Tesla seine Gigafactory ausbaut – und | |
| dafür noch mehr Wald und Wasserschutzgebiet zerstört. Über 70 Prozent der | |
| rund 9.200 Einwohner:innen beteiligten sich an der Abstimmung, 65 | |
| Prozent sprachen sich gegen die Erweiterungspläne aus. Die endgültige | |
| Entscheidung über den Ausbau und den dafür nötigen, aktuellen Bebauungsplan | |
| liegt beim Gemeinderat, der trifft sich am 14. März zu seiner nächsten | |
| Sitzung. | |
| Das Ergebnis der Bürgerbefragung ist für die Ratsmitglieder zwar nicht | |
| rechtlich bindend. Immerhin aber ist der parteilose Bürgermeister von | |
| Grünheide, Arne Christiani, der Ansicht, dass es keine gute Idee ist, den | |
| Willen der 65 Prozent zu ignorieren. Ob er die Erweiterungspläne ganz | |
| kippen wird? Oder den Bebauungsplan neu auflegt? Bisher unklar. | |
| ## Wald aus Protest gegen Tesla besetzt | |
| Kurz nach der Bürgerbefragung haben Aktivist:innen, unterstützt von der | |
| Bürgerinitiative Grünheide, ein Waldstück besetzt, das dem Fabrikausbau zum | |
| Opfer fallen würde. Die Besetzer:innen vor Ort rechnen damit, dass der | |
| jetzige Bebauungsplan überarbeitet wird, aber nicht damit, dass die Politik | |
| Teslas Erweiterungsplänen eine Absage erteilt. Die mehr als 80 | |
| Aktivist:innen stellen sich mit Baumhäusern und „mit ihren Körpern“, | |
| wie sie sagen, gegen den expansiven Autobauer. | |
| Für diese Form des zivilen Ungehorsams bekamen sie bisher [5][Rückendeckung | |
| von den Bewohner:innen der umliegenden Dörfer]. Den Brandanschlag haben | |
| auch sie relativ schnell verurteilt. Das Beste, was sie aus der aktuellen | |
| Aufregung machen können, ist, die Aufmerksamkeit für ihren legitimen | |
| Protest zu nutzen. | |
| 6 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Polizei-prueft-Bekennerschreiben/!5996690 | |
| [2] https://brandenburg.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/28745.html | |
| [3] /Tesla-und-die-Abwasser-Grenzwerte/!5995378 | |
| [4] /Buergerbefragung-zur-Werkserweiterung/!5993733 | |
| [5] /Besetzung-bei-Tesla-Werk/!5993089 | |
| ## AUTOREN | |
| Nanja Boenisch | |
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