| # taz.de -- Bekennerschreiben der Vulkangruppe: Mehr als Revolutionspoesie? | |
| > Vieles, was die „Vulkangruppe“ Elon Musk und Tesla vorwirft, könnte man | |
| > als starken Tobak abstempeln. Doch ist auch faktenbasierte Kritik dabei? | |
| Bild: Brandenburg, Grünheide, 6.3.2024: Strommast mit Brandspuren nahe der Tes… | |
| Berlin taz | „Jeder Tesla, der brennt, sabotiert die imperiale Lebensweise | |
| und zerstört faktisch das immer enger werdende Netz einer lückenlosen | |
| smarten Überwachung jeder menschlichen Lebensäußerung.“ Dieser Satz aus dem | |
| am Dienstag verbreiteten und inzwischen als echt beurteilten | |
| Bekennerschreiben der „Vulkangruppe Tesla abschalten“ klingt nach | |
| Revolutionspoesie, ist möglicherweise justiziabel – und außerdem ziemlich | |
| starker Tobak. Andererseits – und auch wenn man den Anschlag auf einen | |
| Strommast, der die Tesla-Fabrik im Osten Berlins noch Tage lahmlegen wird, | |
| nicht gutheißt: Was ist eigentlich dran an den deftigen Vorwürfen der | |
| mutmaßlich linksextremen Vereinigung? | |
| Einiges. Ob Tesla-Chef Elon Musk ein „Technofaschist“, die „komplette | |
| Zerstörung der Gigafactory“ ein „Schritt auf dem Weg der Befreiung vom | |
| Patriarchat“ ist und die in Brandenburg produzierten Teslas „Kriegsgerät“ | |
| sind, wie die Autor*innen schreiben, ist natürlich Ansichtssache. | |
| Allerdings: Es stimmt, dass die Tesla-Fabrik „Erde, Ressourcen, Menschen, | |
| Arbeitskraft frisst“, um „dafür 6.000 SUVs, Killermaschinen und | |
| Monstertrucks pro Woche“ auszuspucken. Wobei man hier einschränkend sagen | |
| muss: Das Werk in Grünheide produziert seit Sommer 2021 allein das | |
| vollelektrische Mittelklasse-Coupé Model Y – kein klassisches SUV, also ein | |
| familientauglicher Geländewagen. Und auch keine Lkws. | |
| Ist Tesla nur „ein Symbol für grünen Kapitalismus“, wie die Autor*innen | |
| schreiben? Schwierig. Einerseits ist der „grüne“ höchstwahrscheinlich | |
| nachhaltiger als der aktuelle „fossile Kapitalismus“. Andererseits: Wie | |
| nachhaltig E-Autos sind, hängt stark vom Strommix und ihrer Lebensdauer ab. | |
| Laut Studien benötigen sie bei der Produktion [1][bis zu 130 Prozent mehr | |
| Energie als Benziner oder Diesel]. Die notwendigen Batteriezellen kommen | |
| zudem oft aus China, Japan oder Südkorea, wo viel mit fossiler Energie | |
| produziert wird. Der CO2-Fußabdruck der E-Autos ist also bei der Produktion | |
| höher als der von Verbrennern. Im Fahrbetrieb können die Stromer das jedoch | |
| relativ schnell wieder ausgleichen. Fakt ist: Auch E-Autos produzieren | |
| klimaschädliches CO2. Ob sie, wie die Autor*innen schreiben, nur einen | |
| „Ausweg aus der Klimakatastrophe suggerieren“, ist also zumindest | |
| umstritten. | |
| Dass die Autoproduktion das „Grundwasser verseucht“, ist so auch nicht | |
| verifiziert. Allerdings: Tesla hatte dem brandenburgischen Landesamt für | |
| Umwelt im vergangenen September [2][bereits 26 Öko-Unfälle gemeldet], | |
| darunter acht Brände sowie ausgelaufene Chemikalien wie Epoxidharz, | |
| Hydrauliköl, Farben, Lacke oder Dieselkraftstoff. Zudem entdeckten Prüfer | |
| auf dem riesigen Werksgelände angeblich eine illegale Tankstelle für | |
| Diesel, die unter einem weißen Partyzelt versteckt war. Gefährlich, denn | |
| die Fabrik steht größtenteils auf Trinkwasserschutzgebiet. Allerdings | |
| schließen die Behörden eine Gefährdung des Trinkwassers dadurch aus. | |
| Bislang. | |
| ## Tesla und das Trinkwasserproblem | |
| Korrekt ist auch die Behauptung, dass Tesla „riesige Mengen der ohnehin | |
| knappen Trinkwasserressource“ verbraucht. Brandenburg ist eine der dürrsten | |
| Regionen Deutschlands – und es hat ein Trinkwasserproblem. Der Fabrik steht | |
| jährlich ein Kontingent von 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser zu, etwa ein | |
| Fünftel der aktuellen Trinkwasserförderung in der Gegend. Neue Schulen, | |
| Kitas oder Industriebauten können deshalb schon nicht mehr mit Wasser | |
| versorgt werden – die Entwicklung des Gebiets ist eingeschränkt. | |
| Außerdem überschreitet das Sanitärabwasser der Fabrik mit ihren 12.500 | |
| Mitarbeitenden die Grenzwerte bei Phosphor und Stickstoff seit zwei Jahren | |
| um das nahezu Sechsfache. Der zuständige Wasserverband drohte Tesla | |
| deshalb bereits damit, die Abwasserleitung zuzudrehen. | |
| Es stimmt auch, dass „ein großer Teil der Bevölkerung rund um Grünheide die | |
| Gigafactory wegen Wasserraub und Gentrifizierung“ ablehnt. [3][Bei einer | |
| Bürgerbefragung in Grünheide] stimmte vor zwei Wochen eine Mehrheit gegen | |
| die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes, für die Wald gerodet werden | |
| müsste. | |
| 7 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
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