Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Indonesien: Verlierer wollen Ergebnis anfe…
> Die beiden unterlegenen Präsidentschaftskandidaten sammeln Beweise, um
> gegen Wahlbetrug vor Gericht klagen zu können. Ein warnender Film kam zu
> spät.
Bild: Protest gegen den angeblichen Wahlbetrug vor dem Büro der General Electi…
Berlin taz | Noch liegen die offiziellen Ergebnisse der Wahl vom 14.
Februar in Indonesien nicht vor. Doch schon jetzt werden Zweifel
angemeldet. Die Wahlkommission wird erst am 20. März das Ergebnis bekannt
geben. Das Zählen braucht so lange, weil 205 Millionen Wahlberechtigte über
den künftigen Präsidenten samt Vize und Abgeordnete dreier verschiedener
Parlamente abstimmten. Bei so einem komplexen Votum in gut 822.000
Wahllokalen lassen sich manche Unregelmäßigkeiten kaum vermeiden. Rund
10.000 Fälle räumte die Wahlaufsichtsbehörde Bawaslu denn auch bereits ein.
Doch die als recht akkurat geltenden [1][Schnellauszählungen privater
Institute] haben bereits wenige Stunden nach der Wahl [2][den Ex-General
Prabowo Subianto] mit 58 Prozent der Stimmen als Sieger ausgemacht. Der
trat mit seinem Vize Gibran Rakabuming Raka an, [3][dem unter umstrittenen
Umständen nominierten Sohn des scheidenden Präsidenten]. Wegen des großen
Vorsprungs von Prabowo-Gibran entfällt die Stichwahl.
Von Prabowo, dem Menschenrechtsverbrechen in der Suharto-Diktatur
(1966–1998) vorgeworfen werden, wird befürchtet, dass er die Demokratie
wieder einschränken könnte. Er und Gibran feierten schon am Wahlabend
ihren Sieg. Der im Oktober aus dem Amt scheidende Präsident Joko „Jokowi“
Widodo, der großes Eigeninteresse an ihrem Sieg hat und trotz präsidialem
Neutralitätsgebot stark dazu beitrug, gratulierte ihnen auch schon.
Doch die Verlierer erkennen ihre Niederlage bisher nicht an. Es gibt viele
Berichte über wahltaktisch missbrauchte Subventionen und
Sozialhilfeauszahlungen, gefälschte Ergebnisse, Druck auf Beamte und
Wähler, Stimmenkauf und gezielte Manipulationen – fast alles zugunsten
Prabowos. Das Nachrichtenmagazin Tempo nennt [4][in seiner jüngsten
Ausgabe] viele Beispiele. Doch Verantwortliche weisen Vorwürfe stets
zurück.
## Bisheriger Präsident intrigiert gegen Kandidat seiner Partei
Die Wahlbehörden sammeln Beschwerden, gegen das Ergebnis kann aber erst
nach seiner offiziellen Bekanntgabe ab 20. März vor dem Verfassungsgericht
geklagt werden. Dies kündigten beide unterlegenen Kandidaten, die
Ex-Gouverneure Anies Baswedan und Ganjar Pranowo, bereits an.
Insbesondere gegen Ganjar, der in seiner Hochburg Zentraljava vorab als
sicherer Sieger gehandelt wurde, hatte Präsident Jokowi regelrecht
intrigiert. Dabei gehören Jokowi und Ganjar der gleichen Partei an, doch
unterstützte Jokowi deren Kandidaten Ganjar nicht.
Der Präsident mobilisierte persönlich für Prabowo und setzte dafür nach
Ansicht seiner Kritiker auch massiv staatliche Mittel ein. Von Prabowo und
Gibran verspricht er sich mehr Einfluss auf die künftige Regierung. Laut
Tempo ermöglichte vor allem Ganjars schlechtes Ergebnis Prabowos Sieg
gleich im ersten Wahlgang.
Nur drei Tage davor hatte der investigative Filmemacher Dandhy Dwy Laksono
auf viele neue Manipulationsmöglichkeiten aufmerksam gemacht. Sein
zweistündiger Youtube-Film [5][„Dirty Vote“] zeigt vor allem Vorträge
dreier Rechtsexperten vor einem Bildschirm voll Grafiken und Tabellen.
## Film zeigt „Potenzial für Wahlbetrug“
Der Film „enthüllt das Muster einer unfairen Wahl in Indonesien“, so Dandhy
zur taz, und zeige das „Potenzial für Wahlbetrug“. Der Film wurde in nur
zehn Tagen fast ohne Bezahlung produziert – an einem geheimgehaltenen Ort,
um laut Dandhy konzentiert und sicher arbeiten zu können.
Der Film war noch nicht voll zugänglich, da sprach Prabowos Team schon von
„Verleumdung“. Weil es zum Veröffentlichungstermin technische Probleme gab,
denunzierte das Wahlkampfteam vor geladener Presse den Film, ohne mehr als
die ersten 20 Minuten gesehen zu haben, berichtet Dandhy. „Sie machten
eindeutig Werbung für den Film.“
Doch bald sei das Video über Google und Youtube nicht mehr auffindbar
gewesen. „Privatpersonen luden es dann auf ihren Kanälen hoch und machten
es wieder auffindbar“, sagt Dandhy.
Es folgten zwei Anzeigen gegen das Filmteam von Jokowi-Unterstützern bei
der Polizei. Der Vorwurf: „Wahlmanipulation“. Bis zur Wahl bekam der Film
13 Millionen Klicks, inzwischen sind es mehr als 20 Millionen. Doch am
Ausgang der Wahl änderte der Film offenbar nichts.
Der Film habe sogar nur 25 Prozent des Betrugs aufgedeckt, da er ja schon
vor der Wahl produziert worden sei, sagte der Politiker Jusuf Kalla bei
[6][Kompas TV]. Von 2014 bis 2019 war er Jokowis Vizepräsident, jetzt hatte
er Anies unterstützt.
## Zahnlose Wahlaufsicht
„Ich glaube nicht, dass die Wahlaufsichtsbehörde Bawaslu oder das
Verfassungsgericht die Wahl kippen“, sagt Wahyu Dhyatmika, Digitalchef des
Tempo-Magazins, zur taz. Bawaslu habe sich schon bisher als zahnlos
erwiesen und das Verfassungsgericht habe ja überhaupt erst Gibrans
Kandidatur durchgewunken, obwohl es diese eigene Entscheidung später als
unethisch bezeichnete, aber dennoch beibehielt.
„Der Film kam zu spät, um Wähler auf dem Land zu erreichen. Aber er ist
immerhin ein deutliches Zeichen der Zivilgesellschaft, dass sie nicht
schweigt“, sagt Wahyu.
Mitarbeit: Yvonne Kunz, Michael Schnitzius
20 Feb 2024
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Indonesien/!5992440
[2] /Indonesiens-kuenftiger-Praesident-Prabowo/!5992455
[3] /Indonesien-vor-der-Wahl/!5978775
[4] https://magz.tempo.co/read/cover-story/41592/prabowo-gibrans-one-round-vict…
[5] https://www.youtube.com/watch?v=yHX7N-gcvhQ
[6] https://www.youtube.com/watch?v=37cjBm0X2MA
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Indonesien
Prabowo Subianto
Joko Widodo
Wahlbetrug
Wahlmanipulation
Präsidentenwahl
Schwerpunkt Klimawandel
Indonesien
Indonesien
Indonesien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Jakarta versinkt im Meer: Eine Stadt geht unter
In Indonesiens Hauptstadt versucht man mit Beton den steigenden
Meeresspiegel zurückzuhalten – und beschleunigt damit den eigenen Untergang
noch.
Wahlen in Indonesien: Die Lektion nicht gelernt
Indonesien stehen düstere Zeiten bevor. Der Wahlsieg von Suhartos
Schwiegersohn Prabowo Subianto bedeutet das Aus für „Reformasi“.
Indonesien vor der Wahl: Euphorie und Manipulation
Über 200 Millionen Menschen sind in Indonesien am Mittwoch zur Wahl
aufgerufen. Doch mit dem Ex-General Prabowo Subianto könnte bald ein
Autokrat die Geschicke des Inselstaats lenken.
Vor Indonesiens Präsidentschaftswahl: Ein Denkmal für Jokowi
Neue Hauptstadt, neuer Palast, Indonesiens Präsident Joko Widodo plant gern
groß. Bei der anstehenden Wahl darf er nicht noch mal antreten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.