Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sauberkeit in der Berliner U-Bahn: Schleim und Streifen
> Die BVG schickt „Reinigungsstreifen“ los, um die U8 sauberer und sicherer
> zu machen. Gut, schlecht oder einfach unbezahlbar?
Bild: An dieses Bild können Fahrgäste auf der südlichen U8 sich jetzt gewöh…
Berlin taz | Mittwochmorgen, auf dem Weg zum Pressetermin im U-Bahnhof
Hermannstraße. Am Kotti steht der Autor auf der Rolltreppe zur U8 und
betrachtet versonnen verkrustete Flüssigkeitsspuren auf der Mittelkonsole –
wenn man denn den Bereich so nennt, der mit Zacken bewehrt ist, damit
keiner ihn als Rutschbahn nutzt.
Auf dieser Treppe stand er im ersten Pandemiejahr mal hinter jemandem, der
aufs Maskentragen verzichtete, um sein Morgenbier ungestört verzehren zu
können. Plötzlich gurgelte der Mann genüsslich einen dicken Schleimbrocken
hoch und spuckte ihn neben den Handlauf. Wie’s aussieht, kleben die Reste
noch heute dort.
Angesteckt hat er sich damals nicht, denkt der Autor, aber solche Momente
haben seine Perspektive auf das Thema Sauberkeit dann doch geprägt. Das
Auto galt damals ohnehin wieder als das Verkehrsmittel der Wahl – und wie
soll man dagegenhalten, wenn Respekt im ÖPNV keine Grundkonstante ist?
Die Pandemie ist vorbei, heute sind die Probleme auf manchen U-Bahn-Linien
mehr ästhetischer Natur – und die Unsicherheit ist eher eine gefühlte. Sagt
auch Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), die mit dem Regierenden
Bürgermeister auf Einladung der BVG zur Hermannstraße gekommen ist: „Unser
ÖPNV ist statistisch gesehen ein sicherer Raum, aber er wird von vielen
anders wahrgenommen.“
Und noch mal hat sie recht: „Wenn wir wollen, dass immer mehr Menschen auf
Busse und Bahnen umsteigen, müssen sie sich dort auch wohlfühlen.“
Schreiner sagt das auf dem Bahnsteig, wo sich BVGlerInnen in
Sonntagsuniform, Sicherheits- und Reinigungskräfte um die Politikprominenz
und den BVG-Vorstand drängeln.
## Kotti nass gereinigt
Dessen [1][neuer Chef Henrik Falk] präsentiert seine neue Geheimwaffe gegen
Schmuddel: die „Reinigungsstreife“. Drei Monate lang sollen Putz- und
Security-Teams praktisch nonstop zwischen Hermannstraße und Jannowitzbrücke
unterwegs und für maximal drei Bahnhöfe zuständig sein. Unter anderem am
Kotti werden die Bahnsteige täglich „nass gereinigt“.
Prekarisierte Menschen wolle man dabei „nicht einfach verdrängen“, betont
Falks Kollege Rolf Erfurt: „Es ist ja nichts gewonnen, wenn Probleme auf
die Straße verlagert werden.“ Man sei schon mit vielen sozialen Trägern im
Gespräch, so Erfurt, „und da müssen wir noch eine Schippe drauflegen“.
700.000 Euro kostet das Pilotprojekt, dann wird evaluiert. Ob sich die BVG
einen radikalen Mentalitätswandel erhofft? Eine Art umgekehrte
Broken-Windows-Theorie? Dass sich das Unternehmen die
Super-Sauberkeitsbestreifung netzweit und dauerhaft leisten kann, ist kaum
vorstellbar.
Zumal es [2][noch ganz andere Probleme gibt], etwa den Mangel an
Pünktlichkeit und FahrerInnen. Wie die [3][Protestierenden von Verdi und
Fridays for Future] sagen, die am Ende des Bahnsteigs ein Transparent
hochhalten: „So eine Sauberkeitskampagne ist viel zu wenig – der Bus muss
fahren!“
14 Feb 2024
## LINKS
[1] /Neuer-BVG-Chef/!5986666
[2] /Bilanz-der-Berliner-Verkehrsbetriebe/!5988924
[3] /Streiks-der-Verkehrsbetriebe/!5989815
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
BVG
Manja Schreiner
Sicherheitsgefühl
BVG
BVG
ÖPNV
BVG
Verdi
BVG
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sicherheit in der Berliner U-Bahn: Bitte vorsichtig wischen
Falsch ist das BVG-Projekt „Reinigungsstreife“ im Prinzip nicht – aber es
birgt Gefahren. Und ob es bezahlbar ist, weiß niemand genau.
Sicherheit in der U-Bahnlinie 8: Reinigungstipps von ganz oben
Das Projekt „Reinigungsstreife“ auf der U-Bahnlinie 8 soll ausgeweitet und
bis Ende des Jahres verlängert werden. Aber es gibt auch Kritik daran.
Berliner Nahverkehrslobbyist: „Ich bin kein Fahrradhasser“
Fahrgastvertreter Jens Wieseke im Interview über Fehler der Grünen in der
Verkehrspolitik, Streiks im ÖPNV und das Pünktlichkeitselend der Tram.
Bilanz der Berliner Verkehrsbetriebe: Wer zu spät kommt, fährt BVG
Busse und Bahnen fahren immer öfter unpünktlich oder auch gar nicht. Das
zentrale Problem ist der Mangel an Personal.
Streiks der Verkehrsbetriebe: ÖPNV lahmgelegt
In mehr als 80 Städten werden die Verkehrsbetriebe bestreikt. Unterstützt
werden die Warnstreiks von der Klimabewegung Fridays for Future.
Neuer BVG-Chef: Dienstantritt in der Chaos-Bude
Henrik Falk ist der neue Chef der BVG. Er sieht nicht nur bei den Themen
Sicherheit und Sauberkeit in Bus, Tram und U-Bahn ordentlich Nachholbedarf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.