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# taz.de -- Ralf Stegner über Krieg in Gaza: „Auf Seiten der Humanität steh…
> SPD-Politiker Ralf Stegner fordert einen Waffenstillstand in Gaza, obwohl
> die Bundesregierung das ablehnt. Auch bei der Ukraine will er mehr
> Diplomatie.
Bild: Israelische Soldaten unterwegs im Gaza Streifen am 21.01.2024
taz: Herr Stegner, Sie haben mit 19 anderen SPD-Abgeordneten in einem
[1][offenen Brief] einen Waffenstillstand [2][in Gaza] gefordert. Welche
Reaktionen haben Sie darauf erhalten?
Ralf Stegner: Eine Menge positive Reaktionen. Viele finden, dass es
überfällig ist. In Gaza herrschen humanitäre Zustände, die man nicht
akzeptieren kann.
Finden Sie bei Grünen und FDP Unterstützung für Ihre Forderung?
Viele äußern sich nicht öffentlich dazu. Aber hinter vorgehaltener Hand
stimmen uns Viele zu.
Laut ZDF-Politbarometer halten über 60 Prozent der Bevölkerung das
israelische Vorgehen in Gaza für nicht gerechtfertigt. Warum überlässt die
SPD es der Linkspartei, als einziger Partei im Bundestag einen
Waffenstillstand zu fordern?
Es gibt dazu keinen Parteitagsbeschluss, das stimmt. Ich würde solche
Umfragen aber auch mit einer gewissen Skepsis betrachten. Nicht alle
stimmen dieser Aussage [3][aus lauteren, humanitären Motiven] zu. Darum
haben wir unsere Haltung ausführlich begründet. Deutschland muss immer auf
der Seite der Humanität stehen. Deswegen brauchen wir ein klares Bekenntnis
gegen Antisemitismus und Terrorismus. Die Sicherheit Israels kann niemals
zur Disposition stehen. Zugleich dürfen wir nicht zulassen, dass die
israelische Regierung permanent gegen humanitäre Grundsätze verstößt, woran
man ja leider keinen Zweifel haben kann.
Ein internationales Bündnis aus 16 Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen
– darunter Amnesty, Oxfam und medico international – fordert jetzt, alle
Waffenlieferungen in die Region zu stoppen. Wird Deutschland seine
Waffenlieferungen an Israel stoppen oder an Bedingungen knüpfen?
Ich bin kategorisch gegen Waffenlieferungen in Diktaturen und
Krisenregionen. Das war schon immer meine Position, auch wenn die nicht
alle in meiner Partei teilen. Eine Ausnahme betrifft die Ukraine, dazu gibt
es einen Beschluss des Bundestags, den ich teile. Eine weitere Ausnahme ist
Israel: Dorthin haben wir bisher Waffen geliefert, damit sich das Land
verteidigen kann. Die Lieferung von Panzern haben wir aber aus gutem Grund
nicht genehmigt.
Und Panzermunition?
Das sehe ich ähnlich.
Im Gazastreifen sind inzwischen über 25 000 Menschen getötet worden. Welche
Chancen gibt es, dass die Bundesregierung ihren Kurs ändert und für einen
Waffenstillstand eintritt?
Die entscheidende Rolle spielen in dieser Frage die USA. Ich finde es
nachvollziehbar, dass Deutschland da nicht vorneweg marschiert. In der
Sache müssen wir aber alles dafür tun, dass es dazu kommt, dass die Waffen
schweigen. Das kann man ja auf unterschiedlichen Wegen tun. Ich bin mir
ziemlich sicher, dass die USA hinter der Kulissen daran arbeiten, dass die
Waffen schweigen, und Deutschland unterstützt das, auch wenn man das nicht
öffentlich sagt. Das spielt auch für die Geiseln eine Rolle. Der Weg zu
ihrer Freilassung führt erkennbar nicht über die Art und Weise, in der
Israel seine militärischen Operationen in Gaza durchführt.
Sie sagen, hinter den Kulissen wird Druck auf Israel ausgeübt. Aber wirkt
dieser Druck?
Niemand hat so viel Einfluss wie die USA. Wie in der Ukraine-Frage,
passiert da hinter den Kulissen eine Menge, das nicht immer öffentlich zum
Ausdruck gebracht wird.
Der Krieg in der Ukraine geht unvermindert weiter. Wie stehen Sie zur
Lieferung von Taurus-Flugkörpern an die Ukraine?
Ich tue mich aus Prinzip mit Waffenlieferungen schwer, schon immer. Ich
finde es richtig, dass wir Flugabwehr liefern, um die ukrainische
Bevölkerung und die zivilen Einrichtungen vor russischen Angriffen zu
schützen. Aber ich habe schon immer bezweifelt, dass sich Putin militärisch
an den Verhandlungstisch zwingen lässt. All die Militärexperten, die das
immer behauptet haben, haben sich getäuscht, wie man sieht.
Bröckelt die Unterstützung für die Ukraine, wenn sich in den USA der Wind
dreht?
Der Krieg wird nicht nur auf dem Schlachtfeld geführt, sondern auch um die
öffentliche Meinung im Westen. Das Problem der Ukraine ist, dass sie diesen
Krieg auf Dauer nicht gewinnen kann. Deshalb sollte man – etwa mit Hilfe
von Staaten wie China, die mehr Einfluß haben als wir – alle diplomatische
Möglichkeiten nutzen, die man hat, und das nicht nur als „Appeasement“
abtun. Am Schlimmsten für die Ukraine wäre es, den Krieg nicht zu gewinnen
und den Krieg um die öffentliche Meinung im Westen zu verlieren. Das kann
sich niemand wünschen. Es ist Konsens, dass man Grenzen nicht mit Gewalt
verändern darf. Daraus folgt aber nicht, dass man der Ukraine immer mehr
Waffen liefert. Damit wird man keinen Erfolg haben, fürchte ich.
25 Jan 2024
## LINKS
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[3] /Antisemitismus-in-Deutschland/!5970285
## AUTOREN
Daniel Bax
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