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# taz.de -- Zukunft des KaDeWe: Luxus geht immer
> Dass das Berliner Edelkaufhaus Insolvenz angemeldet hat, bedeutet nicht
> gleich Schließung. Die Geschäfte laufen gut – Krise hin oder her.
Bild: KaDeWe in Berlin: Insolvenz – na und?
Berlin taz | „Final Sale“, damit wird vereinzelt in der Kleiderabteilung
des Berliner Edelkaufhauses KaDeWe gelockt. Aber nach dem großen
Rausverkauf sieht es trotzdem nicht aus. Schließlich beherbergt das
Kaufhaus eher Marken aus dem gehobenen Segment, und die halten nicht so
viel davon, ihre Ware auf dem Wühltisch zu verramschen, weil teuer und edel
nach den Regeln des Brandmarketings besser nicht mit billig in Verbindung
gebracht werden sollte.
Und bloß weil das KaDeWe als Teil der KaDeWe Group [1][nun einen
Insolvenzantrag gestellt hat], muss man auch nicht denken, dass die paar
Sale-Verkündungen mit diesem etwas zu tun haben. Sondern einfach nur damit,
dass die Winterjacken rausmüssen, weil bald Frühling ist.
Zumindest gehen davon bislang die ganzen Experten aus, die sich mit dem
komplizierten Fall KaDeWe beschäftigt haben. Das Kaufhaus, der Stolz
Berlins, ganz in der Nähe des einst berühmten Ku’damms gelegen, ist eben
nun Teil einer Zockerei geworden, bei der es um Milliarden geht und bei der
hinter den Kulissen Millionensummen hin und her geschoben werden wie
Spielgeld.
Was da gerade läuft, ist ja absolut filmreif. Der windige Wunderwuzzi René
Benko, einst Liebling der dubiosesten Seilschaften in Österreich, dem man
auch in Berlin um den Hals gefallen ist, hat sich [2][als großer Blender]
erwiesen. Sein Signa-Imperium ist pleite. Wie es mit deren Kaufhäusern
Galeria Karstadt Kaufhof nun weitergeht, weiß gerade kein Mensch. Aber
stinknormale Kaufhäuser wirken ja eh wie aus der Zeit gefallen, weil man
Socken und Schnellkochtöpfe heutzutage eben lieber im Internet bestellt.
Dass diese Kaufhäuser nun ganz verschwinden könnten, ist zumindest nicht
ausgeschlossen.
Doch das KaDeWe tickt eben anders als normale Kaufhäuser, weswegen Benko es
in seinem unübersichtlichen Firmengeflecht lieber mit weiteren
Edelkaufhäusern – dem Oberpollinger in München und dem Alsterhaus in
Hamburg – zu einer eigenständigen Luxuskaufhauskette zusammengeschlossen
hat.
## Umsätze auf Rekordhoch
Und die läuft eigentlich gut. Nach eigenen Angaben würden nach der
Coronapandemie täglich 50.000 Kunden und Kundinnen im KaDeWe shoppen, die
Umsätze, heißt es, seien auf einem Rekordhoch, das in diesem Jahr nach den
Prognosen noch übertroffen werden soll.
Das bestätigt voll und ganz die These, dass selbst in schlechten,
unsicheren Zeiten Luxus immer geht. Weil Krisen ein paar Glücklichen
einfach nichts ausmachen im Kapitalismus, weil die an diesen vielleicht
sogar noch verdienen. Und bei wem es sozial dann doch nach unten geht, der
verirrt sich vielleicht gerade trotzdem ins KaDeWe, weil so ein
Konsumtempel eben auch ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Selbst wenn man
insgeheim weiß, dass man längst nicht mehr in der gehobenen Liga spielt.
Vom Prinzip her ist auch das KaDeWe ein stinknormales Kaufhaus. Nur dass
hier alles etwas schicker ist. Und dass man nicht verzweifelt herumsuchen
muss wie einem normalen Karstadt, bis man jemanden findet, der einen berät.
Wenn man hier zwischen Marken von Chanel bis Louis Vuitton umherschleicht,
denkt man auch nicht unbedingt an die fast 120-jährige Geschichte des
Hauses. An die Enteignung seiner jüdischen Besitzer in der Nazizeit und die
„Arisierung“ des Kaufhauses. Zumindest dann nicht, wenn man nicht gerade
Fan der in den zwanziger Jahren spielenden und vor zwei Jahren in der ARD
ausgestrahlten Fernsehserie [3][„Eldorado KaDeWe – Jetzt ist unsere Zeit“]
ist und nun Originalschauplätze bestaunen möchte. Auch die Ära, in der das
KaDeWe symbolisch für den Kampf der Systeme stand, dafür, dass man hier im
Westen eben alles bekommen konnte und die im Osten nicht einmal Bananen,
ist längst vorbei.
## David Bowie in der Feinkostabteilung
Ein wenig aktueller ist da schon der popkulturelle Glamour, der vor zehn
Jahren von unerwarteter Seite dem Kaufhaus kredenzt wurde. Niemand
Geringeres als David Bowie erinnerte sich in seinem Song „Where are we
now?“ nostalgiebeseelt [4][an seine Jahre in Berlin] und erwähnte in diesem
sogar explizit das KaDeWe. Dort, so geht die Legende, soll der britische
Popmusiker sich immer mit Feinkost versorgt haben, die ihm sein
zeitweiliger Mitbewohner Iggy Pop dann regelmäßig weggefuttert habe.
Das Besondere an dem Haus bleibt tatsächlich die angeblich bereits von
David Bowie so gerne besuchte Feinkost- und Fressabteilung im obersten
Stock, die größte ihrer Art in ganz Europa. Hier machen sich die Besucher
und Besucherinnen auch an einem normalen Wochentag über die Hummer und
Austern her und schlürfen hinterher noch einen Champagner.
Dass man sich als Reicher so etwas leisten kann, lässt sich wohl nirgendwo
besser demonstrieren als in einem Kaufhaus. Und darum muss es ja gehen,
denn an der tollen Atmosphäre hier oben kann es ja nicht liegen, dass so
viel los ist. Man muss hier eher an eine Markthalle als an einen
Gourmettempel denken.
Eine düstere Insolvenzstimmung ist auch nirgendwo zu finden. Der
Mitarbeiter eines Standes, der sich im obersten Stockwerk einquartiert hat
und Teemaschinen verkauft, gibt an, sich keine Sorgen zu machen. „Das
KaDeWe hat einen Ruf in der ganzen Welt und ist bei Touristen sehr beliebt,
das wird ganz sicher gerettet“, sagt er. Irgendjemand zocke nun eben und
werde sehr viel Geld verdienen und dann wird alles so weitergehen wie
bisher.
Ein Gast, der sich gerade etwas an einer der feinen Fressbuden gegönnt hat
und sich als Stammkunde zu erkennen gibt, will sogar ganz genau wissen, was
passieren wird mit dem KaDeWe. Er nennt alle möglichen Zahlen, scheint
sich bestens auszukennen und sicher zu sein, in seiner Glaskugel die
Zukunft erkannt zu haben.
Das Kaufhaus, so führt er aus, werde in die Insolvenz gehen, um die
beklagten überteuerten Mieten und Benko endgültig los zu sein. Die
thailändische Central Group, die etwas mehr als die Hälfte der Anteile an
dem Kaufhaus hält, werde vorerst nicht einspringen, auch wenn sich das
gerade so viele erhoffen. Die Bürgschaft von 90 Millionen Euro, die der
Bund und die Stadt Berlin im Jahr 2020 bereitgestellt haben, werde damit
allerdings futsch sein. Dann werde der Wert des Hauses sinken und
schließlich werden die Thailänder oder vielleicht auch jemand anderes
Benkos Anteile doch noch übernehmen. Und ordentlich dabei verdient haben.
Möglicherweise ist das kein ganz unrealistisches Szenario, das hier
skizziert wird.
4 Feb 2024
## LINKS
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[4] /75-Geburtstag-von-David-Bowie/!5826649
## AUTOREN
Andreas Hartmann
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