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# taz.de -- Angriff auf Pressefreiheit in Thüringen: Polizei ermittelt gegen J…
> Die Polizei in Eisenach ermittelt gegen einen freien Fotografen von
> „Recherche Nord“. Er hatte NS-Symbolik auf Rechtsrock-Konzerten
> dokumentiert.
Bild: Der Fotograf dokumentierte am „Flieder Volkshaus“ in Eisenach Rechtsr…
In Thüringen ermittelt die Polizei gegen einen freien Fotografen des
Medienportals Recherche Nord. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, verbotene
Symbole veröffentlicht zu haben. Er hatte Rechtsrock-Konzerte in Eisenach
dokumentiert – inklusive der NS-Tattoos der Neonazis. Laut dem Fotografen
hatte sich die Polizei an seiner Arbeit gestört und ihm bereits zuvor
gedroht, „Mittel und Wege“ gegen ihn zu finden. Der [1][MDR hatte zuerst
über den Fall berichtet].
Seit Jahren veröffentlicht [2][recherche-nord.com] Fotos und Recherchen von
Neonazi-Treffen. Die Journalisten arbeiten mit großen Medien zusammen,
regelmäßig finden sich Fotos und [3][Informationen auch in der taz].
Auch der freie Fotograf André Aden ist seit Jahren als Fachjournalist
bekannt. Unter anderem im Sommer 2023 war er mehrfach in Eisenach. Am
sogenannten „[4][Flieder Volkshaus“ dokumentierte er von Mai bis Juli 2023
bei insgesamt vier Anlässen Rechtsrock-Konzerte]. Das Haus ist auch die
Thüringer Zentrale der Partei „Die Heimat“, ehemals NPD.
Laut Aden seien jeweils zwischen 60 bis 120 Leute auf den Konzerten
gewesen, darunter Neonazis aus zum Teil verbotenen Organisationen wie
„Combat 18“ oder den sogenannten „[5][Hammerskins]“. In seiner Beobacht…
habe die Polizei erkennbar verfassungsfeindliche Symbolik weder erkannt
noch geahndet.
## Kontextualisierung in Bildunterschriften
Die Bilder habe er verschiedenen Medien angeboten. Sie wurden auf dem
Portal von Recherche Nord veröffentlicht, die Gesichter von Polizisten
wurden verpixelt. Fotos zeigen einen Neonazi mit dem Tattoo einer SS-Rune,
zeigen [6][Odal-Rune] und [7][Wolfsangel] oder eine Hand mit Siegelringen
mit [8][SS-Totenkopf]. Mehrfach klärten die Bildunterschriften über den
Kontext auf und wiesen explizit darauf hin, dass die Symbole strafbar, von
der Polizei vor Ort jedoch nicht beanstandet worden seien.
Der Polizei in Eisenach wird seit Jahren vorgeworfen, gegen die Aktivitäten
im „Flieder Volkshaus“ nicht konsequent vorzugehen. Aden sagt, er habe sich
wegen der unklaren Situation vor Ort jeweils telefonisch bei der
Polizeiinspektion Eisenach angekündigt. Anscheinend störte sich die Polizei
aber dennoch an der Berichterstattung.
Gegenüber der taz erklärte Aden, ihm sei als Journalist von der Polizei
gedroht worden. So habe ihm am 8. Juli 2023 am Rande eines
Rechtsrock-Konzerts ein leitender Polizist aus Eisenach erklärt, die
Berichterstattung „kritisch“ zu sehen. Diese würde die Arbeit der Polizei
„in ein schlechtes Licht“ rücken. Zwar könne man seine Arbeit wegen seines
journalistischen Status nicht verhindern, aber es gebe andere „Mittel und
Wege“.
Ein paar Monate später wurde Aden dann über Ermittlungen informiert, die
die Kriminalpolizei in Eisenach gegen ihn führt. Eine Kopie des Schreibens
der Polizei liegt der taz vor. Demnach wird Aden ein Verstoß gegen das
Kunsturhebergesetz sowie die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen vorgeworfen. Er habe Bilder von Teilnehmern und deren
Tattoos gegen deren Willen gefertigt. Pikant: Anscheinend geht der Vorwurf
nicht auf eine Beschwerde von Neonazis zurück. Denn laut MDR ermittelt die
Polizei in diesem Fall „von Amts wegen“, also unabhängig davon, ob ein
Betroffener Anzeige erstattet hat.
## Das Recht, verbotene Symbole zu fotografieren
Die Pressestelle der Landespolizeidirektion Thüringen antwortete bis
Redaktionsschluss nicht auf Anfrage der taz.
Lotta Kampmann von Recherche Nord nannte das Ermittlungsverfahren gegen den
Fotografen „bizarr“. Sie kritisierte das Rechtsverständnis der Polizei und
sprach von einem schweren Angriff auf das Presserecht. „Die Polizei sollten
den demokratischen Rechtsstaat eigentlich verteidigen, und nicht, wie in
diesem Fall, weiter aushöhlen“, so Kampmann.
Ein Sprecher von Reporter ohne Grenzen (RSF) erklärte, FotojournalistInnen
hätten grundsätzlich das Recht, verbotene Symbole abzufotografieren und die
Berichterstattung über rechtsextreme Zusammenkünfte damit zu illustrieren.
Eine Abbildung solcher Kennzeichen sei dann nicht strafbar, wenn sie
beispielsweise „der staatsbürgerlichen Aufklärung“ oder „der
Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens“ diene. ([9][Paragraf
86a Abs. 3] entspricht den Ausnahmen von [10][Paragraf 86 Abs. 4 und 5]).
Sollte sich bewahrheiten, dass die Behörden strafrechtlich gegen die
Veröffentlichung von Fotostrecken durch „Recherche Nord“ vorgehen, sei das
aus Sicht von RSF „erschreckend“ und „höchst bedenklich“.
8 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/west-thueringen/wartburgkreis/jou…
[2] https://recherche-nord.com/gallery/2023.07.08.html
[3] /AfD-Mitarbeiter-Mario-Mueller/!5983336
[4] https://recherche-nord.com/gallery/2023.06.24.html
[5] https://recherche-nord.com/gallery/2023.07.08.html
[6] https://recherche-nord.com/gallery/img/gallery/2023.07.08/030.jpg
[7] https://recherche-nord.com/gallery/img/gallery/2023.07.08/041.jpg
[8] https://recherche-nord.com/gallery/img/gallery/2023.07.08/040.jpg
[9] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86a.html
[10] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86.html
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Rechtsextremismus
Thüringen
Schwerpunkt Pressefreiheit
Rechtsrock
Rechtsextremismus
Polizei
Pressefreiheit in Europa
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