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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Im Spiegel, im Rückblick
> Die Dokus beim KODEX-Festival befragen die Rolle der
> Bildberichterstattung. Sie erzählen von Krieg und Flucht. Und davon, wie
> Rettung gelingen kann.
Bild: Szene aus Maciek Hamelas Doku „In the Rearview“ (Poland/France/Ukrain…
Als der Krieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 zu den heutigen
Ausmaßen eskalierte, zögerte der polnische Filmemacher Maciek Hamela nicht
lange: er besorgte sich einen Kleinbus und half, Menschen vor den
russischen Mördern zu retten. In der Ukraine angekommen, stellte Hamela
fest, dass er nicht der einzige Freiwillige war, der bei der Evakuierung
von Millionen Menschen half. Etwas später installierte er eine Kamera in
dem Kleinbus und sprach mit den Flüchtenden. „In the Rearview“ ist Teil der
Auswahl des diesjährigen [1][Kodex Documentary Film Festivals], das schon
seit Sonntag (4. 2.) über vier Kinos stattfindet.
Wer Hamelas Dokumentarfilm „In the Rearview“ sieht, wird schnell bemerken,
dass die Kamera für viele der Passagiere keine Zumutung ist, sondern eine
Gelegenheit, die eigene Geschichte zu erzählen. Im Auto berichten sie von
den Schwierigkeiten, eine Transportgelegenheit zu finden, von alle dem, was
sie zurück gelassen haben und von den Unsicherheiten, die sie erwarten.
Manche von ihnen bringt Hamela bis an die polnische Grenze, andere nur
einige Orte weiter. Einmal wird sein Auto sogar zum improvisierten
Krankenwagen. Die Fahrer halten sich über Messenger auf dem Laufenden,
welche Straßen passierbar sind, welche Brücken zerstört und welche Dörfer
von der ukrainischen Armee gehalten werden. Draußen zieht an den Fenstern
die Landschaft vorbei. Hamelas Film läuft am Samstag (10. 2., 18 Uhr) im
[2][Kino Krokodil].
Am Donnerstag (8. 2., 20.30 Uhr) zeigt das Festival im Neuköllner
[3][Rollberg Kino], den Gewinnerfilm der Goldenen Taube von [4][Dok Leipzig
im letzten Jahr]: Jonathan Schörnigs „Einhundertvier“. Der Film zeigt in
Echtzeit die Rettung von 104 Geflüchteten aus dem Mittelmeer.
Mila Turajlić nimmt Material von Stevan Labudović, Kameramann für die
jugoslawische Wochenschau „filmske novosti“, zum Ausgangspunkt ihres
Dokumentarfilms „Non-aligned“ (9. 2., 20 Uhr, [5][Kino Krokodil]).
Labudović fing 1948 als Kameraassistent bei der Wochenschau an und wurde
über die Jahre zu [6][Titos] Kameramann. In Gesprächen mit Labudović als
letztem überlebenden Kameramann der Wochenschau folgt Turajlić einerseits
dessen Rolle als Bildberichterstatter und zeigt andererseits die
Entwicklung der blockfreien Staaten, die in einem Treffen von deren
Staatschefs im September 1961 in Belgrad mündete.
Turajlićs formal sehr generischer Dokumentarfilm, der jedes Archivbild mit
Musik zukleistert bis jede Sperrigkeit verloren ist, entstand in
Koproduktion mit der Nachfolgefirma der Wochenschauen. Dennoch ist
„Non-aligned“ als Fallstudie für die Rolle von Bildpropaganda bei der
Verfertigung eines medialen Erscheinungsbilds sehr interessant.
Über die Beschäftigung mit den Bildern, die Labudović im Auftrag der
Regierung anfertigte, entwickelt die Regisseurin einen neuen Blick auf die
Rolle der Bildberichterstattung für die mediale Dauerpräsenz von
Dauerregierungschef Tito. Im Gespräch mit einer Archivarin stellen die
beiden Frauen fest, dass sie als Kinder einige Jahre gebraucht haben, um zu
verstehen, dass jener Mann, der in aller Munde ist, längst tot ist.
Auch die diesjährige Ausgabe des Kodex Documentary Film Festivals bietet
wieder die Möglichkeit, international preisgekrönte Dokumentarfilme im Kino
im eigenen Kiez zu sehen.
6 Feb 2024
## LINKS
[1] https://kodex.team/
[2] https://kino-krokodil.de/film/kodex-documentary-film-festival-in-the-rearvi…
[3] https://www.yorck.de/specials/kodex-documentary-film-festival-2024
[4] /Festival-Dok-Leipzig/!5963516
[5] https://kino-krokodil.de/film/kodex-documentary-film-festival-non-aligned-s…
[6] /Buch-ueber-jugoslawischen-Staatsgruender/!5322429
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
taz Plan
Kino Berlin
Dokumentarfilm
Filmfestival
Ukraine
Mittelmeer
Jugoslawien
Tito
Film
Kino
Schwerpunkt Flucht
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