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# taz.de -- Die Wahrheit: Sehnsuchtsziel Knochenmühle
> „Lost Places“ überall: Vom Café Gum ist es nicht weit in die
> sagenumwobene Krappeler Au, der Bruchlinie des Verblendungszusammenhangs
> auf der Spur.
Mit jedem Schritt sanken wir tiefer in den matschigen Untergrund, und Theos
Laune wurde immer mieser. „‚Lost Places‘, was ein Quatsch!“, brummte er.
„Wir sind hier doch nicht in London oder New York, wo an jeder Straßenecke
verlassene Fabrikhallen oder halb eingestürzte Wassertürme stehen. Wir sind
noch nicht mal in Dortmund-Bövinghausen!“
Vor einigen Tagen hatte Raimund eine Reportage über „Lost Places“ gesehen,
seitdem war er fasziniert von dem Thema. „In diesen Ruinen verläuft die
Bruchlinie des Verblendungszusammenhangs“, dozierte er an der Theke des
Café Gum, „sie repräsentieren die Welt jenseits des Spektakels, das Bild
der wirklich wahren Realität! Hier gelten die Gesetze des Kapitalismus
nicht mehr, in manchen ‚Lost Places‘ haben sich Kolonien von Anarchos und
Dropouts angesiedelt, und ich garantiere euch, dass es so was auch in
unserem Provinznest gibt, ohne dass wir davon wüssten. Wir wärs, wenn wir
am Samstag losziehen, um nach den Überresten der alten Knochenmühle in der
Krappeler Au zu suchen?“
„Keine Ahnung, warum wir uns von dir immer wieder zu solchen bescheuerten
Expeditionen überreden lassen“, schnaufte Luis und klatschte sich mit der
flachen Hand ins Genick, „aber die einzigen Dropouts, die hier leben, sind
Monstermoskitos, die wahrscheinlich irgendwelche unbekannten Erreger in
sich tragen. Ich seh schon unsere Fotos auf den Titelseiten der
Boulevardgazetten: ‚Neue Pandemie! Diese Idioten haben das Todesvirus aus
der Krappeler Au befreit!‘“
„Da!“, rief Raimund auf einmal. Tatsächlich standen wir plötzlich vor ein…
Karree verschimmelter Mauerreste, die aus dem moorigen Boden ragten. „Ich
hab doch gesagt, dass sich die Überreste der alten Mühle aufspüren lassen
müssen!“
## Aufgelöster Verblendungszusammenhang
„All right“, sagte Theo nüchtern, „so weit, so gut. Aber wo ist das
Begrüßungskomitee der Anarchos?“ – „Immerhin“, grinste Luis und wies …
ein verrostetes Schild, auf dem nur noch die Buchstaben „ühle“ zu lesen
waren, „hat sich der Verblendungszusammenhang hier wirklich aufgelöst.“ –
„Und Spektakel“, grinste Theo, „finden hier auch nicht mehr statt. Sogar
Fuchs und Hase kommen nicht mehr zum Gutenachtsagen her. Ich wette – oha!“
Er erstarrte. Wir waren um die Mauerreste herumgegangen und stießen auf
einen Erdwall mit einer Cannabispflanzung. „Das gibt’s doch nicht“,
stotterte Theo – dann rief er überwältigt: „Du hattest recht, Raimund: Wir
sind im Paradies! Und kein blöder Drop-out weit und breit, der mit der
Mistgabel das Reich der Freiheit absichert.“
Er zog sein Taschenmesser hervor, doch noch bevor er es aufgeklappt hatte,
hörten wir den Befehl „Zugriff!“ aus einem der Büsche ringsum, und Sekund…
später lagen wir mit gefesselten Händen am Boden und fanden es rundum
empörend, dass man uns honorigen älteren Herren nicht glauben wollte, nicht
Eigentümer dieser stattlichen Pflanzung zu sein.
7 Feb 2024
## AUTOREN
Joachim Schulz
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Mystery
Cannabis
Freundschaft
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