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# taz.de -- Machtkampf in der EU: Ursula von der Leyen unter Druck
> Eine Mehrheit der EU-Abgeordneten will eine Klage gegen die Kommission
> vorbereiten. Grund ist die Freigabe von EU-Geldern für Ungarn.
Bild: Ursula von der Leyen gerät kurz vor der Europa-Wahl unter Druck
Brüssel taz | Im Streit um die Freigabe von EU-Geldern an Ungarn ist ein
Machtkampf zwischen dem EU-Parlament und der EU-Kommission entbrannt. Wie
angedroht haben die Abgeordneten am Donnerstag mit großer Mehrheit in
Straßburg beschlossen, eine Klage gegen die Kommission vorzubereiten –
[1][eine Reaktion auf die umstrittene Entscheidung der EU-Behörde, 10,2
Milliarden Euro für Ungarn freizugeben].
Behördenchefin Ursula von der Leyen gerät nur fünf Monate vor der
Europawahl unter erheblichen Druck. Auch für Ungarns Premier Viktor Orbán
wird es ungemütlich. In einem weiteren Antrag forderten die Abgeordneten,
Ungarns Regierung das Stimmrecht im Rat der EU zu entziehen. Ungarn will am
1. Juli den Ratsvorsitz übernehmen.
Das sei „die einzige konsequente Antwort“, um Orbáns „ewige
Erpressungsversuche zu unterbinden“, sagte die Parlamentsvizepräsidentin
Katarina Barley (SPD). Ähnlich äußerte sich Monika Hohlmeier von der CSU.
Solange Gerichtsurteile in Ungarn „über Nacht per Dekret abgeändert“ werd…
könnten, gebe es weiter „schwerwiegende“ Bedenken an der
Rechtsstaatlichkeit. Deswegen will das Parlament nun vor dem Europäischen
Gerichtshof klagen.
## Einen Schritt weiter
Die Liberalen gehen noch einen Schritt weiter als die Mehrheit: Sie drohen
mit einem Misstrauensvotum gegen die EU-Kommission. Dies zielt direkt auf
von der Leyen. Einige liberale Abgeordnete wollen ihr sogar eine zweite
Amtszeit in Brüssel streitig machen.
Die konservative EVP hingegen will von der Leyen schonen – sie soll im März
zur Spitzenkandidatin gekürt werden. Die größte Parlamentsfraktion, zu der
auch CDU/CSU gehören, will vor allem Druck auf Deutschland und Frankreich
machen, um Ungarn das Stimmrecht zu entziehen.
Grünen, Linken und Sozialdemokraten wiederum geht es in erster Linie um den
Rechtsstaat. Allerdings verwickeln sie sich in Widersprüche. Gegen die
Auszahlung von EU-Geldern an Polen haben sie keine Bedenken – obwohl der
Rechtsstaat nach acht Jahren autoritärer PiS-Herrschaft längst nicht
wiederhergestellt ist.
Von Nationalisten und Rechtspopulisten kommt daher der Vorwurf, in Wahrheit
gehe es gar nicht um den Rechtsstaat. Die proeuropäische Mehrheit im
Parlament wolle Orbán vielmehr für seine Politik abstrafen.
## Kein Geld mehr aus Brüssel
Wie geht es jetzt weiter? Zunächst muss sich der Rechtsausschuss des
Parlaments mit dem Fall befassen und den Europäischen Gerichtshof
einschalten. Ob es zu einer Klage kommt oder nur zu einer rechtlichen
Prüfung, ist offen. Eine Prüfung könnte schnell erfolgen, eine Klage könnte
sogar Jahre in Anspruch nehmen.
Sollte die Sache negativ für die EU-Kommission ausgehen, wäre die Freigabe
von „eingefrorenen“ EU-Mitteln erheblich erschwert. Aber auch so dürfte die
Initiative dazu führen, dass Ungarn so schnell kein Geld aus Brüssel mehr
erhält. Das ist das Hauptziel. Von der Leyen soll gehindert werden, sich
erneut „erpressen“ zu lassen, wie es der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund
formuliert.
Die Kommissionschefin nimmt es gelassen. Von Erpressung könne keine Rede
sein, erwidert sie auf die Vorwürfe. Budapest habe ein Gesetz für die
Unabhängigkeit der Justiz verabschiedet, sagte sie in Straßburg. „Das ist,
was wir gefordert haben, und das ist, was Ungarn geliefert hat.“
Außerdem lägen 20 Milliarden Euro weiter auf Eis – wegen Bedenken
hinsichtlich der Rechte sexueller Minderheiten, akademischer Freiheiten und
der Rechte von Asylbewerbern. Das werde auch so bleiben, „bis Ungarn die
notwendigen Bedingungen erfüllt“.
18 Jan 2024
## LINKS
[1] /EU-Parlament-droht-EU-Kommission/!5986214
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Europäische Union
Ungarn
Ursula von der Leyen
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Ursula von der Leyen
Charles Michel
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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