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# taz.de -- Ich und der Lauf der Welt: Die AfD geht auf meine Kappe
> Der 6. Februar 2013 ist ein denkwürdiger Tag in meinem Leben: Damals war
> ich im Bremer Rathaus und hätte fast die Gründung der AfD verhindert.
Bild: Mit ihm fing der Schlamassel an: AfD-Gründer Bernd Lucke, hier 2022 im B…
Leider muss ich gestehen, dass ich um ein Haar verpasst habe, die Gründung
der AfD zu verhindern. Die AfD geht also auf meine Kappe! Jeder weiß, dass
es nicht die ganz großen Revolutionen sind, die die Weltgeschichte
verändern, sondern dass es die winzigen Sprünge sind, die das Rad nach
vorne treiben. Zum Beispiel: Wenn die Eltern von Adolf im Jahre 1888 einen
Tag früher ihren ehelichen Pflichten nachgekommen wären, dann hätte
womöglich anstatt Adolf eine Adolfine das Licht der Welt erblickt.
Vielleicht wäre sogar gar nichts passiert, weil das mütterliche Ei an dem
Tag keine Lust gehabt hätte zu springen und somit 80 Millionen Menschen das
Leben gerettet hätte.
Oder ein anderes Beispiel: Wenn ich am 6. Februar 2013 im Bremer Rathaus
den Fahrstuhl ein paar Sekunden später genommen hätte, dann gäbe es die
leidige [1][AfD] heute gar nicht. An dem Tag hatte der Bremer Bürgermeister
die türkische Belegschaft von Halle 4 im oberen Rathaussaal zu einem
Empfang eingeladen. Meine Kollegen und ich hatten seit Jahren keinen
einzigen Tag krankgefeiert.
Nach der offiziellen Auszeichnung nahm ich mit meinem Kollegen Ahmet den
Fahrstuhl und wir sind sofort stecken geblieben. „Die werden gleich merken,
dass wir stecken geblieben sind“, tröstete ich meinen Kumpel. „Ich mag am
liebsten Vier-Minuten-Eier“, antwortete Ahmet.
Ich konnte nicht verstehen, wie er vom kaputten Fahrstuhl auf die
Vier-Minuten-Eier kam. Aber ich konterte eisern: „Du magst
Vier-Minuten-Eier? Lächerlich! Ich esse nur Sechs-Minuten-Eier, wie jeder
vernünftige Mensch auch.“
„Osman, wie kann jemand freiwillig steinharte Sechs-Minuten-Eier
runterwürgen, wo er doch halbweiche Vier-Minuten-Eier genießen könnte?“,
tat Ahmet verwundert.
„Ahmet, mit so einem wabbeligen Eidotter hättest du heute deinen besten
Anzug ruinieren können und das gerade vor dem großen Empfang beim
Bürgermeister! Also vor dem wichtigsten Ereignis deines Lebens“, rief ich
und sprach noch lange auf ihn ein.
Am Ende sprang Ahmet mir um den Hals und sagte schluchzend: „Osman, ich
danke dir! Du hast mich aus tiefstem Herzen überzeugt. In Zukunft werde ich
nur noch steinharte Sechs-Minuten-Eier essen. Osman, mein Kumpel, du
hättest in diesem Fahrstuhl jeden Menschen vom Gegenteil seiner falschen
und schändlichen Ideen überzeugen können!“
Genau in dem Moment sprang der Fahrstuhl wieder an. Unten wartete unser
Kollege Hasan auf uns und sagte aufgeregt: „Leute, gerade kam [2][Bernd
Lucke] die Treppe runtergerannt, und der war stinksauer, weil der Fahrstuhl
nicht funktionierte. Er war so wütend, dass er sofort eine Wutbürger-Partei
gründen will, und die soll den komischen Namen AfD tragen. So hat er hier
eben laut rumgebrüllt.“
Wenn also damals auch Bernd Lucke mit uns zusammen stecken geblieben wäre,
dann hätte ich dem AfD-Gründer Dank meiner grandiosen
Fahrstuhl-Überzeugungskraft weisgemacht, dass AfD nichts Alternatives,
sondern [3][was Erbärmliches] ist!
31 Jan 2024
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## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
Kolumne Alles getürkt
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