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# taz.de -- EU zum Gazakrieg: Brüssels lautes Schweigen
> Teile der belgischen Regierung liebäugeln damit, sich Südafrikas Klage
> gegen Israel anzuschließen. Das offenbart den tiefen Graben innerhalb der
> EU.
Bild: Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verfolgen, am 11.1.2024, …
Brüssel taz | Offiziell will die EU mit dem Völkermord-Prozess gegen Israel
nichts zu tun haben. „Wir kommentieren keine laufenden Verfahren“, sagte
der Sprecher von EU-Chefdiplomat Josep Borrell in Brüssel. Doch hinter den
Kulissen sorgt das Verfahren für erheblichen Wirbel. Denn die 27 EU-Staaten
sind sich wieder einmal nicht einig – dabei wollen sie doch eigentlich das
Völkerrecht hochhalten.
In der Ukraine ist dies gelungen: Die EU unterstützt das Land bei seiner
Klage gegen Russland vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag.
Die EU-Justizbehörde Eurojust sammelt sogar Beweise zur Verfolgung der
russischer Aggression. Völlig anders ist die Lage im [1][Streit zwischen
Südafrika und Israel]: Die EU ist tief gespalten und vermeidet es, sich auf
eine Seite zu schlagen.
Besonders deutlich ist der Kontrast zwischen Belgien und Deutschland. Das
kleine Königreich, das seit Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft
innehat, und das größte EU-Land liegen bei der Beurteilung des Krieges in
Gaza komplett über Kreuz. Israel habe das Recht zur Selbstverteidigung; von
einer Vernichtungsabsicht könne keine Rede sein, heißt es in Berlin. Doch
aus Brüssel kommen ganz andere Töne.
„Es ist Zeit für Sanktionen gegen Israel, die Bombardierung von Gaza ist
unmenschlich“, erklärte Vizepremierministerin Petra De Sutter schon im
November. Kurz vor dem Prozess in Den Haag äußerte sich die
Grünen-Politikerin noch deutlicher. „Wir müssen gegen die Drohung eines
Völkermords vorgehen“, erklärte sie auf der Plattform X. Belgien solle sich
Südafrikas Klage vor dem IGH anschließen.
## Auf der falschen Seite der Geschichte?
Mit dieser Forderung steht De Sutter in der belgischen Regierung zwar
ziemlich allein, wie sie selbst einräumt. Doch ihre Kritik an der
israelischen Kriegsführung wird sogar von Premierminister Alexander De Croo
geteilt. Bei einem Besuch in Israel, den er im Dezember gemeinsam mit dem
damaligen EU-Ratsvorsitzenden, dem Spanier Pedro Sánchez, absolvierte,
forderte De Croo mehr Zurückhaltung.
„Keine Tötung von Zivilisten mehr“, mahnte der liberale belgische Politiker
bei einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog. Israel
müsse das humanitäre Völkerrecht achten und zivile Opfer vermeiden. Das
israelische Außenministerium bestellte daraufhin den belgischen Botschafter
ein. Dennoch gingen die Proteste gegen Israel in Belgien weiter – sogar auf
Regierungsebene.
Neuerdings teilen belgische Politiker sogar gegen Deutschland aus. „Es ist
schwer zu begreifen, dass sich Deutschland von dieser israelischen
Regierung, die eine schamlose Kolonisierungspolitik betreibt, so vor den
Karren spannen lässt“, sagte Entwicklungsministerin Caroline Gennez, die
der sozialdemokratischen Partei Vooruit angehört.
Es stelle sich die Frage, ob Deutschland wirklich zwei Mal auf der falschen
Seite der Geschichte stehen werde – und [2][ob man in Berlin weiter
zusehe], ob es zu einer ethnischen Säuberung komme, so Gennez weiter.
Daraufhin sah sich auch der deutsche Botschafter in Belgien genötigt, zu
reagieren: „Vergleiche mit der Shoah und dem, was gerade geschieht, passen
nicht.“
Damit ist der Streit allerdings nicht beendet. Er dürfte sich sogar noch
ausweiten. Denn Deutschland erwägt, sich im Hauptverfahren vor dem IGH
einzuschalten – und für Israel Partei zu ergreifen. Damit dürfte der Graben
zu Belgien noch größer werden – und das Schweigen des belgischen
EU-Vorsitzes noch lauter.
12 Jan 2024
## LINKS
[1] /Anklage-wegen-Voelkermord/!5981347
[2] /Israels-Krieg-in-Gaza/!5981361
## AUTOREN
Eric Bonse
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