# taz.de -- Änderung der Berliner Verfassung: Kai Wegner hat ein Staatsziel | |
> Der Regierende will den Kampf gegen Antisemitismus in die | |
> Landesverfassung schreiben. Kritiker vermuten ein Ablenkungsmanöver nach | |
> dem Klauseltheater. | |
Bild: Jetzt erst recht, sagt Berlins Regierender Kai Wegner (CDU) | |
BERLIN taz | Nach der Pleite der Kulturverwaltung mit ihrer | |
Antidiskriminierungsklausel sieht sich Senatschef Kai Wegner (CDU) darin | |
bestärkt, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Berliner | |
Landesverfassung zu verankern. „Das Aussetzen der | |
Antidiskriminierungsklausel ist für uns ein Auftrag“, sagt Wegner am | |
Dienstag. Über eine entsprechende Verfassungsänderung werde nun in der | |
schwarz-roten Koalition, im Senat und im Abgeordnetenhaus beraten. | |
Es wirkt wie eine trotzige Flucht nach vorn. Am Montag hatte Kultursenator | |
Joe Chialo (CDU) die erst einen Monat zuvor von ihm bei Bewerbungen um | |
Fördergelder seiner Senatsverwaltung eingeführte | |
[1][Antidiskriminierungsklausel wieder kassiert]. | |
Teile des Kulturbetriebs waren zuvor auf die Barrikaden gegangen, weil die | |
Klausel unter anderem ein Bekenntnis gegen israelbezogenen Antisemitismus | |
enthielt. Chialo berief sich bei seinem Rückzieher freilich auf das | |
gewichtigere Argument: handwerkliche Fehler und juristische Bedenken. Die | |
Klausel soll nun überarbeitet werden. | |
Auch Kai Wegner bekräftigt, dass das mit der Bewilligung von Fördermitteln | |
verknüpfte Bekenntnis keineswegs vom Tisch sei, sondern nun lediglich auf | |
„eine rechtssichere Grundlage“ gestellt werden soll: „Unser Ziel ist klar: | |
kein Geld für politische oder religiöse Extremisten, und deshalb: kein Geld | |
für Antisemiten.“ | |
## Koalitionspartner reagiert verhalten | |
Die Diskussion um die Antidiskriminierungsklausel zeige ihm dabei, so | |
Wegner weiter, „dass es wichtiger denn je ist, eine klare Haltung zu | |
zeigen“. Genau damit verbindet der Regierende Bürgermeister jetzt auch | |
seinen Ruf nach einer Verfassungsänderung. | |
Nun ist die Forderung, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in die | |
Berliner Verfassung zu schreiben, alles andere als neu. Schon im November | |
hatte sich Wegner angesichts der [2][zunehmenden Zahl antisemitischer | |
Übergriffe] in Berlin für eine entsprechende Verfassungsänderung | |
ausgesprochen. Seither hatte man von dem Vorstoß nicht mehr allzu viel | |
gehört. Bis zu Joe Chialos vorläufigem Klausel-Aus. | |
Die SPD reagiert wie so häufig in den vergangenen Wochen auf Ankündigungen | |
des Koalitionspartners: auffallend zurückhaltend. So betont der | |
innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Matz zwar, dass der Kampf | |
gegen Antisemitismus selbstverständlich für die Koalition große Bedeutung | |
habe. | |
Aber sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung schütze bereits | |
die Menschenwürde, die Rechte von Minderheiten und die Religionsfreiheit. | |
„Ich bin daher mit einer grundsätzlichen Skepsis unterwegs, neue | |
Staatsziele in der Verfassung verankern zu wollen“, so Matz zur taz. | |
## Grüne kritisieren Symbolpolitik | |
Aus Sicht der oppositionellen Grünen will Wegner mit seinem Vorschlag vor | |
allem von der gescheiterten Klausel des Kultursenators ablenken. „Das ist | |
ein Placebo und reine Symbolpolitik“, kritisiert etwa Susanna Kahlefeld. | |
Die religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion erinnert daran, wie | |
die CDU im Vorfeld der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus vor einem | |
Jahr das rot-grün-rote [3][Antidiskriminierungsgesetz] „bis aufs Blut | |
bekämpft“ hat. „Dass auch das ein wirksames Instrument gegen Antisemitismus | |
sein könnte, hat die CDU damals nicht im Geringsten interessiert“, sagt | |
Kahlefeld zur taz. | |
23 Jan 2024 | |
## LINKS | |
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[3] /Berliner-Antidiskriminierungsgesetz/!5690956 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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