# taz.de -- Arbeitskampf am Jüdischen Krankenhaus: Entlastung ohne Alternative | |
> Die Beschäftigten eines weiteren Berliner Krankenhauses kämpfen für einen | |
> Entlastungs-Tarifvertrag. Dafür wollen sie solange streiken wie nötig. | |
Bild: Die Beschäftigten wollen am Jüdischen Krankenhaus wieder gut arbeiten k… | |
Berlin taz | Nach den ersten vier Streiktagen geben sich die | |
[1][Beschäftigten des Jüdischen Krankenhauses Berlin] (JKB) kampfbereit: | |
„Wir streiken, bis wir eine Lösung bekommen“, kündigte | |
Verdi-Gewerkschaftssekretärin und Verhandlungsführerin Gisela Neunhöffer am | |
Donnerstagmorgen während einer Pressekonferenz an. Mit der am Montag | |
begonnenen unbefristeten Arbeitsniederlegung wollen die Beschäftigten einen | |
Entlastungstarifvertrag erkämpfen, wie er in Berlin schon bei Vivantes und | |
an der Charité gilt. | |
Die Gewerkschaft machte ihre Drohung eines unbefristeten Streiks am Montag | |
wahr, nachdem die letzte Verhandlungsrunde am 28. Dezember keine Ergebnisse | |
gebracht hatte. „Die Geschäftsführung hat bislang nur die Themen | |
mitgeteilt, über die sie verhandeln will“, sagt Neunhöffer. Konkrete | |
Gegenangebote hätte es auch nach vier Monaten Tarifkonflikt nicht gegeben. | |
Auch sei die Geschäftsführung bislang nur bereit, Entlastungen für das | |
medizinische Personal zu verhandeln – Therapeut:innen und | |
Servicebeschäftigte, die ebenfalls unter den schlechten Arbeitsbedingungen | |
leiden, wären demnach ausgeschlossen. | |
Derweil zeigt der Streik Wirkung. Insgesamt seien 4 von 12 Stationen | |
geschlossen, die anderen seien nur zur Hälfte belegt, berichtet Neunhöffer. | |
## Entlastungssystem gefordert | |
Konkret fordert die Gewerkschaft mit dem Entlastungstarifvertrag [2][ein | |
System, mit dem Überbelastungen durch Freischichten ausgeglichen werden]. | |
Der Kern sind feste Personalschlüssel für alle Bereiche. „Wir fordern, dass | |
zwei Belastungsschichten eine Freischicht bedeuten“, erklärt die | |
medizinische Fachangestellte Alexandra Schüler auf der Pressekonferenz. | |
Derzeit sei es eher die Regel, dass selbst die gesetzlich vorgegebenen | |
Untergrenzen unterschritten werden. So berichtet die Pflegerin Zübeyde | |
Kalkan, dass auf ihrer Station derzeit acht statt wie vorgesehen fünf | |
Patient:innen von einer Pflegerin betreut werden. Um eine angemessene | |
Betreuung zu gewährleisten, sei aber ein Schlüssel von 1:2,5 nötig. Das | |
Gefühl, die Patient:innen nicht mehr ausreichend versorgen zu können, | |
sei für die Pflegenden enorm belastend: „Manchmal gehe ich heulend aus dem | |
Dienst, obwohl ich Überstunden und keine Pause gemacht habe“, berichtet | |
Kalklan. | |
„Arbeitsbedingungen, die krank machen, darf es nicht weiter geben“, fordert | |
auch die Kollegin Schüler. Das sich seit Jahren verschärfende Problem des | |
Personalmangels am JKB hat mittlerweile Ausmaße erreicht, die die | |
Gesundheit von Patient:innen und Angestellten gleichermaßen gefährdeten, | |
berichtet sie. „Der Krankenstand ist enorm hoch und immer mehr | |
Kolleg:innen verlassen das JKB.“ | |
Ein Sprecher des JKB kritisiert auf taz-Anfrage die Forderungen als | |
unrealistisch: „Der Umfang geht weit über das Machbare hinaus und ist | |
existenzbedrohend.“ Anders als die landeseigene Charité oder Vivantes ist | |
der Senat derzeit noch nicht bereit, die Mehrbelastung eines | |
Entlastungstarifvertrags für das JKB zu finanzieren. Beim Jüdischen | |
Krankenhaus handelt es um eine Stiftung bürgerlichen Rechts, an der auch | |
das Land Berlin beteiligt ist. | |
Neunhöffer fordert daher, dass der Senat [3][durch entsprechende | |
Finanzierungszusagen] die Umsetzung des Entlastungstarifvertrags zu | |
ermöglichen. „Es ist an der Zeit, dass sich das Land Berlin zu diesem | |
Krankenhaus bekennt“. | |
11 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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