# taz.de -- Angriff auf ZDF-Mitarbeiter in Berlin: Presse und Nazis verwechselt | |
> Nach dem brutalen Überfall auf ein ZDF-Team 2020 in Berlin erhalten vier | |
> Angeklagte Bewährungsstrafen. Sie hatten überraschend gestanden. | |
Bild: Die Angeklagten und ihre Anwält:innen im Gerichtssaal des Kriminalgerich… | |
BERLIN TAZ Die Besucherbänke im großen Saal des Berliner Amtsgerichts sind | |
voll. Knapp 20 Journalist*innen und rund 30 Unterstützer*innen der | |
Angeklagten sind am Montag gekommen, um einem Prozess zu folgen, der lange | |
erwartet wurde. Verhandelt wird an diesem Montag einer der brutalsten | |
Angriffe auf Medienvertreter in den vergangenen Jahren. | |
Am 1. Mai 2020 attackierte [1][eine Gruppe Vermummter ein Team der | |
ZDF-Satiresendung „heute Show]“. Mit Schlag- und Eisenstöcken sollen die | |
Angreifer*innen auf die Journalisten und deren Security-Team | |
eingeschlagen haben. Das Fernsehteam hatte auf einer Querdenken-Demo in | |
Berlin gedreht. | |
Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, nicht nur wegen seiner Brutalität, | |
sondern auch, weil am Rande von Corona-Demos immer wieder | |
Journalist*innen angegriffen werden. Nur anders als bei den meisten | |
dieser Vorfälle ging die Attacke auf das ZDF-Team nicht von | |
verschwörungsgläubigen oder rechten Demo-Teilnehmer*innen aus, sondern | |
[2][von einer linksradikalen Gruppe]. | |
Auf der Anklagebank sitzen drei Männer und eine Frau zwischen Ende 20 und | |
Anfang 30. Vorgeworfen wurde ihnen gefährliche Körperverletzung und in | |
einem Fall Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Acht Verhandlungstage | |
waren angesetzt, bis Mitte März sollte verhandelt werden. Doch zum Auftakt | |
verkündet die Richterin eine Überraschung: Das Gericht und die Angeklagten | |
hätten sich vorab verständigt. Sollten die Angeklagten gestehen, würde | |
ihnen maximal zwei Jahre Haft auf Bewährung drohen, dazu ein Bußgeld. | |
## Die Angeklagten entschuldigen sich | |
Und so startet der Prozess mit vier kurzen, fast wortgleichen | |
Geständnissen. Die Verteidiger*innen tragen sie nacheinander vor: Ihre | |
Mandant*innen räumen den Angriff ein, allerdings habe es sich um eine | |
Verwechslung gehandelt. Die Angreifer*innen hätten Personen aus dem | |
rechten Spektrum treffen wollen, keinesfalls Pressevertreter. Sie | |
entschuldigen sich. | |
Zwei der Opfer schildern vor Gericht den Überfall aus ihrer Sicht. Vier | |
weitere Aussagen werden verlesen. Daraus ergibt sich ein relativ stimmiges | |
Bild der Tat: Das ZDF-Team hatte zwischen zwei Drehs abseits der Demo Pause | |
gemacht. Plötzlich rannte eine Gruppe von 10 bis 20 Leuten auf sie zu, | |
schwarz gekleidet. Drei oder vier Angreifer*innen seien auf die Männer | |
vom ZDF losgegangen, hätten sie mit Schlägen und Tritten malträtiert, zum | |
Teil mit Metallstangen oder Schlagstöcken. Sie hätten auch dann noch auf | |
die Köpfe ihrer Opfer eingetreten, als diese bereits am Boden lagen. | |
Fünf Personen aus dem siebenköpfigen ZDF-Team wurden verletzt, es gab | |
Knochenbrüche, Prellungen, Bewusstlosigkeit. Einer trug einen Tinnitus | |
davon. Der Kameramann schildert, wie ihm bis heute die Nase schmerzt. Der | |
Regisseur erzählt, dass sein Team anschließend entschieden habe, nicht mehr | |
auf solchen Demos zu drehen. | |
## Richterin spricht von „konzertierter Aktion“ | |
Das zitiert auch der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Das sei eindeutig ein | |
Angriff auf die Presse gewesen, das Team des ZDF sei mit seiner Kamera | |
erkennbar gewesen. Der Staatsanwalt fordert zwei Jahre Haft auf Bewährung. | |
Die Richterin folgt der Argumentation des Staatsanwalts und verurteilt die | |
vier Angeklagten zu jeweils zwei Jahren auf Bewährung, dazu zu einer | |
Geldstrafe von je 5.000 Euro. Zwar erkennt die Richterin das Geständnis der | |
Angeklagten an, deren Begründung, es habe sich bei dem Angriff um eine | |
Verwechselung gehandelt, will sie allerdings nicht glauben. „Das war 'ne | |
konzertierte Aktion“, sagt sie. So etwas kenne sie sonst nur von den | |
politischen Gegner*innen der Angeklagten: den Rechten. | |
9 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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