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# taz.de -- Die Verständnisfrage: Gemeinsam zum stillen Örtchen
> Warum gehen Frauen oft zusammen aufs Klo, fragt ein Leser. Eine angehende
> Kinder- und Jugendpsychotherapeutin antwortet.
Bild: Gemeinsam macht es mehr Spaß
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren
Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine
Person, die antwortet.
Guido Radig, 62, Technischer Fachjournalist aus Weichs, fragt:
Warum gehen Frauen oft zusammen aufs Klo?
Antonia31, Sozialarbeiterin und angehende Kinder- und
Jugendpsychotherapeutin, antwortet:
Als ich noch jünger war, in meiner Jugend und in den Zwanzigern, bin ich
oft gemeinsamen mit Freundinnen aufs Klo gegangen. Dabei ging es mir darum,
einen intimen Raum zu haben.
In der Jugend ist man ja viel in Gruppen unterwegs. Gemeinsam aufs Klo zu
gehen, schafft einen Moment, um sich auszutauschen: Wie ist der Abend? Wie
geht es mir gerade? Da gab es vielleicht ganz persönliche Themen, die ich
nur mit einer Person fernab der Gruppe teilen wollte. Oder es ging um
Körperliches, was vor anderen gerade keinen Raum hatte – zum Beispiel die
Info, ob ich oder eine andere Freundin gerade [1][die Periode hatten].
Hast du Lippenstift dabei oder einen Tampon für mich? Wie sehe ich aus?
Auch das waren Fragen, die auf der Toilette gestellt wurden. Wenn
irgendetwas Unangenehmes passiert war, konnte man das auf der Toilette
zusammen bewältigen. Manchmal musste sich beim Feiern jemand übergeben –
damit war man dann nicht alleine.
Ich erinnere mich auch [2][an WG-Partys], bei denen wir zu zweit aufs Klo
gegangen sind. Man steht dann nicht alleine in der Schlange und wartet
blöd, sondern ist zusammen unterwegs und die Zeit vergeht schneller. Es
ging aber auch darum, nicht als einzige Person von der Gruppe weg zu sein.
Beim Feiern im Club oder wenn man draußen in die Büsche ging, hatte es
einen Sicherheitsaspekt.
Für mich schafft das gemeinsame Aufs-Klo-Gehen etwas Kollektives, einen
Schutzraum für Intimität und Privatsphäre. Man hat sich damit zum Teil
gegen einen männerdominierten Raum geschützt und konnte sich für kurze Zeit
verletzlicher zeigen. Wobei sich das manchmal als Trugschluss
herausstellte. Da kam dann eine andere Frau aus der Kabine und man dachte,
oh, hat die das jetzt gehört? Also vielleicht eher ein gefühlter
Schutzraum.
Ich erinnere mich auch an Übernachtungen bei Freundinnen und wie wir uns zu
zweit im Bad fertig gemacht haben. Das war [3][während der Pubertät], in
der man sich oft fragt: Oh Gott, was passiert eigentlich mit meinem Körper?
Bin ich komisch? Machen das alle so? Da konnte man sich gegenseitig
Sicherheit geben und war sich nah.
Ich finde es schade, wenn der gemeinsame Gang aufs Klo belächelt wird. Aber
ich kann mir vorstellen, dass es irritierend sein kann. Vielleicht macht es
auch ein bisschen Angst. Das ist ja eine Blackbox: Was machen die da
eigentlich, reden die über uns? Ich habe in meinem Umfeld nicht
mitbekommen, dass Männer bewusst mit Freunden auf die Toilette gehen.
Vielleicht wäre es für sie auch gut, wenn sie das in ihrer Jugend mehr
gemacht hätten und darüber gesprochen hätten, wie sie sich gerade fühlen
und was der Abend mit ihnen macht.
Wann habe ich denn damit aufgehört? Die Angst, als Einzige von der Gruppe
weg zu sein oder der Drang, besprechen zu müssen, wie der Abend so ist –
das hat sich aufgelöst, als ich nicht mehr so viel in Gruppen unterwegs
war. Heute merke ich, dass es schön ist, auf der Toilette oder im Bad einen
Moment für mich zu haben.
Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum sind
andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn Sie eine Gruppe Menschen
besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre Frage an
[4][[email protected]].
5 Jan 2024
## LINKS
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[4] /[email protected]
## AUTOREN
Hanna Kopp
## TAGS
wochentaz
Zukunft
Pubertät
Toilette
Männlichkeit
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Stereotype
Abwasser
Familie
Utopie
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