| # taz.de -- Die Wahrheit: Teerarbeiter vorm Herrn | |
| > Zum arg nahenden Fest lesen Sie hier und heute eine recht notwendige | |
| > Eloge auf einen sehr nützlichen Beruf. | |
| Bild: Stets im Einsatz für den fließenden Verkehr: Straßenbauer | |
| Nein, im Folgenden wird es nicht gehen um: Mitarbeiter in | |
| Kfz-Zulassungsstellen, Betreiberinnen von Haarentfernungsstudios, | |
| Milchaufschäumervertreter und Krippenbetreuerinnen, obwohl das alles | |
| selbstverständlich ehrenwerte und wichtige Professionen sind. Um | |
| [1][Probenentnehmer] ging es hier bereits. | |
| Nein, in diesem kleinen Traktat so kurz vor dem Ereignis, das in unseren | |
| einst christlichen Breiten weite Teile der Bevölkerung ganz wuschig macht, | |
| weil so viel gekauft, gegessen, gestritten, gehasst und geliebt werden | |
| muss, wie sonst im ganzen verflossenen Jahr nicht, also in diesem winzigen | |
| Feuilleton hier soll es um einen Beruf gehen, ohne dessen Ausübung wir alle | |
| buchstäblich auf der straßenlosen Straße sitzen würden. | |
| Es handelt sich um das Metier des Straßenbauers, in dessen | |
| Ausbildungsregularien es irgendwo im Netz unter der Frage „Kann ich als | |
| Frau Straßenbauerin werden?“ heißt: „Natürlich! Jeder und jede, der | |
| beziehungsweise die fit ist und Interesse an dem Beruf hat, kann | |
| Straßenbauer – oder Straßenbauerin – werden.“ So weit, so gut, auch wen… | |
| uns als schreibende Dame, bis jetzt nicht in den Sinn gekommen ist, ins | |
| Geschäft mit Teer und Co zu wechseln, aber das kann ja noch kommen, | |
| Wechseljahre sind Wechseljahre. | |
| ## Noch heute davon zehren | |
| Was wir just dieser Tage an einer Straßenbaustelle gleich vor unserem, noch | |
| immer recht nigelnagelneuen Berliner taz-Gebäude aus Stahl, Beton, Rosen | |
| und mehr oder weniger lustigen Mitarbeitenden zwischenmenschlich und | |
| technisch erleben durften, davon – also, wie sollen wir das beschreiben? – | |
| zehren wir noch heute. | |
| Stichwort: Thermomulde. Sie können sich nichts darunter vorstellen? | |
| Imaginieren Sie folgende Situation: Eine eigentlich prima geteerte Straße | |
| muss aus unerfindlichen behördentechnischen Gründen wieder neu geteert | |
| werden. Dann stehen über Nacht diffizile Vorrichtungen, schwere Maschinen | |
| und klobige Lastkraftfahrzeuge (siehe Thermomulde) vor der Tür auf der | |
| Straße. Geräte, die bis dato so unbekannt waren, dass sie nachts nicht | |
| einmal in Träumen vorkamen. | |
| Rund um die Gewerke und Apparaturen befinden sich frühmorgens und | |
| spätabends beim Projekt „Straßenteeren“ viele Herren in orangefarbener | |
| Warnwestenarbeitskleidung. Einige von ihnen müssen reihum körperlich so | |
| schwer malochen, dass wir mit schlechtem Gewissen unsere schreibenden | |
| Fingerchen betrachten, jetzt, wo wir just diese Zeilen verfassen. | |
| ## Zwischenmenschlich knorke drauf | |
| Zwischenmenschlich sind die Teerarbeiter vorm Herrn, Straßenbauerinnen sind | |
| uns nicht untergekommen, meist knorke drauf. Sie winken sogar, so sie einen | |
| wiedererkennen als Leichtbauangstellte, die man ist, und wenn sie es | |
| richtig gut mit einem meinen, dann wünschen Sie sogar ein frohes Fest. | |
| Vorher bekommt man allerdings noch das Prinzip der Thermomulde erklärt. | |
| Also: „Asphalt-Thermomulden sind zum Transport von Heißasphalt von der | |
| Asphaltmischanlage zur Baustelle.“ So einfach ist das. | |
| Schöne Weihnachten! | |
| 22 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Harriet Wolff | |
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