# taz.de -- Krisengipfel wegen Territorialkonflikt: Dialog nach dem Säbelrasse… | |
> Venezuela und Guyana verkünden im Streit um die ölreiche Region Essequibo | |
> einen Gewaltverzicht. Das ändert aber nichts am Problem. | |
Bild: Guyanas Präsident Irfaan Ali präsentiert bei dem Dialog mit Venezualas … | |
Bogota taz | Sie haben sich ganz zivilisiert mit Handschlag begrüßt. Doch | |
in der Sache blieben die Präsidenten beider Länder hart: Venezuelas Nicolás | |
Maduro will weiter die Essequibo-Region seinem Land zuschlagen und „die | |
Rechte unseres Volks verteidigen“. Irfaan Ali, Präsident des kleineren | |
Nachbarn Guyana, sagte klar vorab: „Guyana ist nicht der Aggressor, Guayana | |
will keinen Krieg. Aber Guayana behält sich das Recht vor, mit sich all | |
seinen Verbündeten zu verteidigen.“ | |
Bei Krisengesprächen im Karibik-Inselstaat St. Vincent und die Grenadinen | |
am Donnerstag haben beide Seiten dann nach Wochen der verbalen Eskalation | |
doch noch das schlimmste Szenario ausgeschlossen: Unter keinen Umständen | |
werde man einander mit Gewalt drohen oder diese anwenden. So steht es in | |
der gemeinsamen Abschlusserklärung, die elf Punkte umfasst. | |
Bei der Beilegung des Konflikts werde man sich an internationales Recht | |
halten, versprachen beide Präsidenten. Das aber in Grenzen: Während Guyana | |
festhält, dass es das Verfahren des Internationalen Gerichtshofs in Den | |
Haag im Grenzstreit für verbindlich hält, lehnt Venezuela das weiterhin ab. | |
Mit am Tisch auf dem Gelände des internationalen Flughafens Argyle saßen | |
ein Gesandter der brasilianischen Regierung, mehrere Premierminister von | |
Karibikstaaten, der kolumbianische Außenminister sowie ein Vertreter der | |
Vereinten Nationen. | |
## Verhandlungen ohne Vertreter der USA und Großbritanniens | |
St. Vincent und die Grenadinen haben derzeit den Vorsitz der Gemeinschaft | |
der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten ([1][Celac]) inne. | |
Präsident Ralph Gonsalves wird die Vermittlerrolle auch nach Ablauf seines | |
Celac-Mandats weiter ausüben. Wer nicht dabei war: Großbritannien und die | |
USA – beide neben Brasilien Unterstützer von Guyana. | |
Das englischsprachige Guyana war zuletzt britische Kolonie. Seine | |
derzeitigen Grenzen wurden 1899 auf Betreiben der USA und Großbritanniens | |
von einem Schiedsgericht festgelegt. | |
Venezuela beruft sich hingegen auf ein Abkommen mit dem Vereinigten | |
Königreich von 1966. Das entstand wenige Monate, bevor die damalige Kolonie | |
Britisch-Guayana unabhängig wurde. | |
Alle Anwesenden betonten in der Erklärung ihren Willen, dass Lateinamerika | |
und die Karibik eine „Friedenszone“ bleiben solle. | |
Das alles passt wenig zum bisherigen Gebaren von Caracas. Auslöser der | |
Krisengespräche ist das offiziell nicht bindende [2][Referendum], das | |
Präsident Maduro angestrebt hatte. Vor knapp zwei Wochen hatten angeblich | |
mindestens 95 Prozent der venezolanischen Wählerïnnen für die Annexion der | |
Essequibo-Region gestimmt. | |
## Maduro nutzt Konflikt für Vorgehen gegen Opposition | |
Die Region macht aktuell zwei Drittel des Staatsgebiets Guyanas aus. | |
Venezuela erhebt seit gut hundert Jahren Anspruch darauf. Besonders | |
attraktiv ist das Gebiet allerdings seit 2015. Da wurden in Essequibo | |
riesige Ölvorkommen entdeckt. Der US-Konzern Exxon hat dafür eine | |
Konzession bekommen, die er gerne ausbauen würde. | |
Auch wenn das venezolanische Referendum als nicht bindend galt, hatte es | |
unmittelbare Folgen. Maduro stellte danach neue Karten für den | |
Schulunterricht vor, auf dem der neue Bundesstaat namens „Guayana Esequiba“ | |
verzeichnet ist. Der wäre doppelt so groß wie Portugal. Am Donnerstag zog | |
Ali ostentativ ein Lederarmband mit der Karte Guyanas aus der Jacke – | |
inklusive Essequibo. | |
Außerdem nutzte Maduros Regierung wie befürchtet das Referendum, um | |
anschließend [3][Oppositionelle festzunehmen] – wohl als Vorgeschmack aufs | |
Wahljahr 2024. Die Vorwürfe: eine Verschwörung gegen Venezuela. Der | |
US-Konzern Exxon Mobile habe diese finanziert, wegen seiner Interessen in | |
Guyana. Der prominenteste Fall: Juan Guaidó, der einstige | |
Interimspräsident, von dem sich mittlerweile selbst die [4][Opposition | |
abgewandt] hat. | |
## Maduro gibt schon Konzessionsvergabe in Auftrag | |
Zudem beauftragte Maduro den staatlichen Energiekonzern, „unverzüglich“ | |
[5][Konzessionen für den Abbau von Öl, Gas und Bergbau in der | |
Essequibo-Region zu vergeben]. | |
Auch wenn viele Expertïnnen vermuten, dass es Maduro bei Essequibo vor | |
allem um Innenpolitik geht: Die USA führten nach dem Referendum | |
[6][Luftwaffenmanöver über Guyana] durch, um ihre Verbundenheit mit dem | |
Land zu demonstrieren. Die Nachbarländer in der Region sind alarmiert und | |
warnten vor „einseitigen Aktionen“, ja sogar Krieg. | |
Man werde weiter im Gespräch bleiben, hieß es am Donnerstag. Das nächste | |
Treffen soll in drei Monaten in Brasilien stattfinden. | |
15 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Celac-EU-Gipfel/!5948558 | |
[2] /Gebietsstreit-Venezuela-und-Guyana/!5978183 | |
[3] https://www.bbc.com/mundo/articles/cn0pw0pz8xno | |
[4] /Regierung-und-Opposition-in-Venezuela/!5898740 | |
[5] https://www.bbc.com/mundo/articles/c99e4jg8258o | |
[6] https://gy.usembassy.gov/southcom-to-conduct-flight-over-guyana/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Wojczenko | |
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