# taz.de -- Maduro ernennt neuen Ölminister: Venezuelas Präsident greift durch | |
> Der Chef der staatlichen Ölgesellschaft wird neuer Ölminister. Sein | |
> Vorgänger war nach Korruptionsvorwürfen zurückgetreten. | |
Bild: PDVSA-Zentrale in Caracas, Venezuela | |
BUENOS AIRES taz | Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro hat den Ölminister | |
ausgetauscht. „Ich habe mich mit dem Ingenieur Pedro Tellechea, getroffen | |
und ihn zum neuen Ölminister ernannt“, twitterte Maduro am Dienstagabend. | |
Die Ernennung des 48-jährigen Tellechea sei Teil des | |
„Transformationsprozesses, den die Branche durchläuft“. | |
Erst Anfang Januar wurde Tellechea von Präsident Maduro zum neuen Chef der | |
staatlichen Ölgesellschaft PDVSA (Petróleos de Venezuela) ernannt. Dass die | |
beiden Ämter in einer Person vereint sind, ist kein Novum in Venezuela. | |
PDVSA ist der wichtigste und einzige wirkliche Devisenbringer für den | |
Staat. Die Kontrolle über die Geschäfte des Ölunternehmens ist eine Säule | |
des Regimes. | |
Für die Besetzung des Ministerpostens war Eile geboten, nachdem | |
Amtsvorgänger Tareck El Aissami am Montag überraschend seinen Rücktritt | |
verkündet hatte. El Aissami reagierte damit auf die Verhaftungen von rund | |
20 Mitarbeiter*innen im Ölministerium. Der Verdacht: schwerwiegende | |
Korruption. Offenbar waren rund 3 Milliarden Dollar aus der Ölindustrie | |
„verschwunden“. | |
Gegen Tareck El Aissami wird bisher nicht ermittelt, was jedoch wenig | |
verwundert. Der frühere Innen- und Justizminister sowie Vizepräsident | |
gehört seit der [1][Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez] zum | |
engeren Führungskreis des Regimes. Dass er dennoch seinen Hut nehmen | |
musste, bestärkt die Vermutung, dass es um weit mehr als 3 Milliarden geht. | |
## Milliarden Dollar angehäuft | |
Als Tellechea seine Arbeit als PDVSA-Chef antrat, leierte er eine sofortige | |
Überprüfung des Ölkonzerns an. Diese deckte offensichtlich nicht nur ein | |
riesiges Loch in der Konzernkasse auf, sondern ergab auch, dass ganze | |
Öltankerladungen die Häfen Venezuelas ohne finanzielle Gegenleistung | |
verlassen hatten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat PDVSA in den | |
letzten drei Jahren Forderungen in Höhe von 21,2 Milliarden Dollar aus | |
Ölverkäufen angehäuft. Von den zwischen Januar 2020 und März 2023 in | |
Rechnung gestellten Ölexporten in Höhe von insgesamt 25,3 Milliarden Dollar | |
landeten nur etwas mehr als 4 Milliarden Dollar tatsächlich in den Kassen | |
von PDVSA. | |
Reuters beruft sich auf die Sichtung von Vertrags- und Lieferdokumenten von | |
Zwischenhändlern. Nach dem von der US-Regierung verhängten Embargo gegen | |
den venezolanischen Ölsektor im Januar 2019 musste das Staatsunternehmen | |
verzweifelt nach neuen Abnehmerstaaten, Zwischenhändlern und Reedereien | |
suchen. Nicht nur der wichtige Absatzmarkt von PDVSA in den USA war | |
plötzlich weggebrochen: Allen Unternehmen und Reedereien, die mit Venezuela | |
Geschäfte machen, drohten schwere US-Sanktionen, die erst mit der [2][durch | |
den Ukrainekrieg verursachten Ölknappheit etwas gelockert] wurden. | |
Eine offizielle Bestätigung für die PDVSA-Zahlen gibt es nicht. Allerdings | |
passt ins Bild, dass der neue Chef Tellechea alle Lieferungen und bereits | |
beladene Öltanker stoppen ließ. Außerdem verfügte er, dass Lieferungen von | |
nun an nur noch gegen Vorauszahlung erfolgen dürfen. | |
Wie viele Milliarden Dollar aufgrund der allgemein grassierenden Korruption | |
und Bereicherung tatsächlich versickert sind, bleibt offen. Schon in der | |
Vergangenheit machte der Konzern Schlagzeilen, als im Jahr 2017 zwei | |
ehemalige PDVSA-Chefs und 2018 weitere Beschäftigte verhaftet wurden. | |
## Bevölkerung leidet unter Armut und Gewalt | |
Nach Angaben [3][der Organisation erdölexportierender Länder (Opec)] ist | |
die venezolanische Ölproduktion auf knapp über 600.000 Barrel pro Tag | |
gesunken. Vor einem Jahrzehnt waren es noch mehr als 3 Millionen Barrel pro | |
Tag. | |
Wo auch immer die Milliarden Dollar aus der Ölbranche sind: Sie fehlen in | |
einem Land, in dem 90 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze | |
leben. Vorbei sind immerhin die Versorgungsengpässe, die lange die gesamte | |
Bevölkerung betrafen. Nach UN-Angaben mussten dennoch bereits 7 Millionen | |
Menschen Venezuela verlassen – sie konnten der herrschenden Armut und | |
Gewalt innerhalb ihres Landes nicht entkommen. | |
24 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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